Thema: Recht: Gesetz für Virtuelle Hauptversammlung wird wohl zur Dauerregelung
Jürgen Häsler Am: 17.02.2021 23:49:20 Gelesen: 8477# 6@  
Es ist Zeit für ein kurzes Update zu den Themen "Virtuelle Hauptversammlung" und "Verschiebung von Hauptversammlungen".
Zunächst gilt festzuhalten, dass die Geltungsdauer des COVID19-Gesetzes am 20. Oktober 2020 durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz bis zum 31.12.2021 verlängert wurde. [1]

Der Bundestag hat Mitte Dezember 2020 jedoch noch weitere wichtige Änderungen für Vereine beschlossen, die Zustimmung des Bundesrates ist am 18. Dezember 2020 erfolgt.
Die Änderungen finden sich im Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht.

Zunächst wird die virtuelle Hauptversammlung rechtlich abgesichert. In einem früheren Beitrag hatte ich bei ehrenamtlich geführten Vereinen von der Durchführung einer rein virtuellen Hauptversammlung (VHV) ohne schriftliche Stimmabgabe abgeraten.

Das eigentliche Problem an der bisherigen Fassung des COVID19-Gesetzes bezüglich VHVs war die Möglichkeit, Beschlüsse anzufechten, wenn einem Mitglied die Teilnahme an der Mitgliederversammlung "unangemessen" erschwert wird.

Wenn ein Mitglied nicht über die erforderliche technische Ausstattung (Computer, Notebook oder Tablet mit Mikrofon, Lautsprecher und Webcam) sowie einen ausreichend schnellen Internetzugang verfügt, kann man das als "unangemessenes Erschwernis" betrachten. Und nach der allgemein geltenden Rechtsauffassung ("Relevanztheorie" genannt) genügt bereits EIN einziges Mitglied, das eine solche "Erschwernis" nachweisen kann, um ALLE bei einer VHV gefassten Beschlüsse durch Anfechtung für unwirksam zu erklären.

Eine Horrorvorstellung für jeden Vereinsvorstand.

Der durch Bundesgesetz neu gefasste § 5 Abs. 2 Nr. 1 GesRuaCOVBekG beseitigt dieses Problem. Es heißt dort nun:

(2) Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigungen in der Satzung vorsehen, dass Vereinsmitglieder
1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilnehmen, und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können oder müssen, ...

Das bedeutet, der Vorstand kann in Zukunft einfach anordnen, dass die Hauptversammlung als virtuelle Hauptversammlung stattfindet, ohne auf die Befindlichkeiten einzelner Mitglieder Rücksicht nehmen zu müssen, die Schwierigkeiten haben, an einer VHV teilzunehmen.

Auch die Unsicherheit von Vereinsvorständen, die pandemiebedingt gezwungen waren, die Hauptversammlung zu verschieben, hat der Gesetzgeber durch Einfügung eines neuen Absatzes (2a) in das COVID19-Gesetz beseitigt. Dort heißt es in Zukunft:

(2a) Abweichend von § 36 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist der Vorstand nicht verpflichtet, die in der Satzung vorgesehene ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, solange die Mitglieder sich nicht an einem Ort versammeln dürfen und die Durchführung der Mitgliedersammlung im Wege der elektronischen Kommunikation für den Verein oder die Vereinsmitglieder nicht zumutbar ist.

Eine Verschiebung der Hauptversammlung ist also rechtlich zulässig und löst auch keine unerwünschten Haftungsfolgen für den Vorstand aus.

Alle neuen Regelungen treten am 28.02.2021 in Kraft und gelten bis zum 31.12.2021.

Es sei noch darauf hingewiesen, dass das Gesetz nur die (pandemiebedingte) Verschiebung der ordentlichen Hauptversammlung erlaubt. Das Minderheitenbegehren auf Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung gemäß § 37 BGB bleibt weiterhin bestehen.

Jürgen Häsler

[1] http://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzeiger_BGBl&jumpTo=bgbl120s2258.pdf
[2] https://www.bundesrat.de/drs.html?id=761-20
 
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