Thema: Handrollstempel, ungewöhnliche und seltene Beispiele
filunski Am: 02.03.2021 00:12:46 Gelesen: 334853# 1342@  
Hallo zusammen,

mal wieder ein kurzer Blick über den Zaun! Nach Italien, hier ein Beleg (Großbrief):



Stempel POSTE ROMA FERROVIA / * vom 9.5.1968.

Maschinenstempel oder Handrollstempel? Die Lage könnte ja einen Handroller vermuten lassen, aber andererseits, bei geschickter zweimaliger Einführung...? Zweifel sind durchaus angebracht.

Wäre da nicht noch dieser Beleg:



POSTE ROMA FERROVIA / *
vom 26.4.1968.

Jetzt scheint es aber eindeutig. Welche Maschine bringt das zustande, man beachte die gleiche Lage der Stempelköpfe bei beiden Abschlägen! Für mich war das ein Handrollstempel.

So, eigentlich wäre die Geschichte jetzt hier zu Ende (noch anzumerken wäre, dass beim zweiten Beleg der Datumseinsatz kopfstehend eingebaut war-kommt in Italien gar nicht mal so selten vor. ;-))

Eigentlich - bis gestern Abend. Da gab ich diesen Stempel als Handrollstempel (mit nur ganz geringen hintergründigen Zweifeln) in die Stempeldatenbank ein.

Heute Morgen eine Nachricht des bearbeitenden Redakteurs (Olaf), der meinte, es könnte sich um einen Handrollstempel des französischen Herstellers SECAP handeln (die Wellen und der Stempelkopf sind typisch für SECAP, aber von der Firma kennen wir sonst nur Halbstempelmaschinen). Aber wer möchte hier schon den "Handrollstempel-Papst" ;-) anzweifeln.

Sofort waren meine Zweifel wieder da und jetzt begann ich "tiefer zu tauchen" und siehe da, ich wurde fündig.

Hier nochmals ein Abschlag im Detail:



POSTE ROMA FERROVIA / * vom 9.5.1968

Es ist unzweifelhaft ein Maschinenstempel, Maschinentyp SECAP GL. GL steht für "Grandes Lettres" (französisch, der Hersteller sitzt in Frankreich, für Großbriefe). Ca. ab 1963 schaffte die Italienische Post 15 dieser Maschinen für die größeren Bahnpostämter (Ferrovia), u.a. Bologna, Florenz, Mailand, Rom, Turin, an. Es handelt sich um eine Bandstempelmaschine mit zwei Stempelköpfen, speziell für Großbriefe bis zu 3 cm Dicke. Die Poststücke/Briefe wurden dabei einzeln, manuell eingeführt, wenn es sein musste auch mehrmals. Wichtig war nicht eine schnelle Postabfertigung wofür Stempelmaschinen eigentlich vorgesehen sind, sondern eine gezielte Entwertung der Poststücke/Frankatur und so konnte der Beleg manuell entsprechend positioniert werden. Dies erklärt jetzt auch die Lage der Stempel auf den Belegen. Einige der Maschinen (Bologna, Florenz, Rom, Turin) kamen später noch in die CMP (= Centro di Meccanizzazione Postale = Zentrum für automatisierte Postverarbeitung - Briefzentrum) wo sie noch bis ins Jahr 2000 im Einsatz blieben.

Danke hier an Olaf (DERMZ) für sein Anmelden von Zweifeln. ;-)

Viele Grüße,
Peter
 
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