Thema: Farbfehldrucke
Heinz 7 Am: 05.03.2021 16:49:10 Gelesen: 16375# 10@  
Die teuerste Briefmarke von Spanien ist ein Farbfehldruck. Die zweitteuerste Briefmarke von Österreich ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Briefmarke von Baden (bzw. von allen Altdeutschen Staaten zusammen) ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Marke von Kap der Guten Hoffnung (bzw. von Südafrika) ist ein Farbfehldruck. Die teuerste Marke von Schweden ist ein Farbfehldruck.

Diese Auflistung liesse sich ohne Probleme noch verlängern.

Wir sehen deutlich: die Farbfehldrucke spielen im „Konzert der teuersten Briefmarken“ der Welt eine sehr wichtige Rolle (wir könnten vielleicht sogar sagen: „die erste Geige“?). Ihre Betrachtung und ihre Würdigungen in den Katalogen der Welt ist aber gelegentlich etwas „schwierig“ und uneinheitlich und über kaum eine Fragestellung dürften die philatelistischen Experten soviel Tinte (und Herzblut?) vergossen haben wie über die Echtheit/das Wesen und den Wert solcher Abarten.

Wie ist denn das eigentlich für die Schweiz? Gibt es hier auch Farbfehldrucke?

Gute Frage.

Lange Pause.

Sehen wir einmal in die Briefmarkenkataloge hinein. Das finden wir:
- Schweizer Briefmarken Katalog (des Schweizer Briefmarken-Händler-Verbandes) 2018: kein Farbfehldruck ist katalogisiert
- Zumstein Katalog, Normalkatalog (2013): kein Farbfehldruck ist katalogisiert.

Jedoch hielten die Philatelisten der Schweiz den Atem an, als am 9. Juni 2011 in Basel ein aussergewöhnliches Schweiz-Angebot zur Auktion gelangte. Ohne auf das übrige aufsehenerregende Material nun vertieft einzugehen, greife ich gleich das Top-Stück heraus, das auch die Titelseite des Kataloges zierte.



Beim ersten Blick denkt man, einen Brief von St. Imier (Schweiz, Kanton Bern) nach Mulhouse (Frankreich, Region Alsace) zu sehen, korrekt freigemacht mit zwei Strubel Marken (=Sitzende Helvetia, ungezähnt, ab 1854), 25 Rappen, zwei Marken blau zu 10 Rappen (Michel Nr. 14) und einer Marke braun zu 5 Rappen (Michel Nr. 13). Nichts Aussergewöhnliches, scheinbar, also warum kommt dieser Brief auf die Titelseite?

Sehen wir uns aber den Brief genau an! Die zwei blauen Marken zeigen nicht, wie erwartet, einen Wert von je 10 Rappen an, sondern es sind zwei 5 Rappen Marken blau. Normalerweise sind die 5 Rappen-Marken dieser Ausgabe immer braun! – Haben wir also einen Farbfehldruck?

Nun wurde (meines Wissens) dieser Brief 2011, der erstmals 1901 die Schweizer Philatelie-Szene in Aufregung versetzt hatte, zum ersten Mal öffentlich angeboten. Er gelangte früh im 20. Jahrhundert in den Besitz von Théodor Champion, einem grossen Sammler/Händler, und verblieb m.W. jahrzehntelang in seinem Besitz. Keine der grossen Schweiz-Sammlungen hatte einen vergleichbaren Brief vorzuweisen, und in den Katalogen wurde er auch unterschiedlich beurteilt, selbst im Zumstein-Katalog änderte sich über die Jahrzehnte die Beurteilung. Minutiös wurde dies aufgelistet im grossen Handbuch der Strubel Marke von Urs Hermann.

Heinz
 
Quelle: www.philaseiten.de
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