Thema: Altdeutschland Bayern: Briefe erklären
Erdinger Am: 11.03.2021 19:26:49 Gelesen: 186314# 673@  
@ siegfried spiegel [#665]

Hallo Siegfried,

sehe den Beleg erst jetzt. Die Zeile auf der Vorderseite ist tatsächlich ein Insinuationsvermerk, Kaufmann We[c]kert hat innen sogar den Empfang bescheinigt. Er fungierte als sogenannter Insinuationsmandatar vor Ort für den Advokaten von Hornthal. Aus dieser Korrespondenz gibt es einige Briefe, die so gelaufen sind, ich habe auch welche in meiner Sammlung.



Am Dienstag, dem 2.11.1841, erließ das Landgericht Markt Bibart ein Schreiben an den Advokaten von Hornthal in Bamberg. Dieser hatte, entsprechend den Vorgaben der bayerischen Gerichtsordnung, einen Mandatar am Gerichtsort aufgestellt: den "Handelsmann Wekert dahier", dem ein Gerichtsdiener das Dekret überbrachte und insinuierte (siehe den Vermerk unten links). Weckert gab am folgenden Montag, dem 8.11., den Brief im nahen Langenfeld auf die Post, unfrei (der Expeditor notierte 4 Kreuzer für die erste Gewichts- und die zweite Entfernungsstufe), aber unter Chargé, wofür weitere 4 Kreuzer fällig wurden, die der Mandatar auslegte und seinem Auftraggeber sicher zusammen mit seinem üblichen Honorar (mindestens 12 Kreuzer pro Insinuation) auf die Rechnung setzte. Nach dem Präsentationsvermerk im Inhalt kam der Brief am Mittwoch, dem 10.11., in Bamberg an. Man sieht also, dass dieser Weg weder kostengünstig noch sehr schnell war (Letzteres war wichtig, weil Verfahrensfristen liefen).



Dieser Brief wurde am 8. Mai 1842 vom Gerichtsboten des Landgerichts Markt Bibart dem Kaufmann Wekert insinuiert. Dieser fungierte als Insinuationsmandatar für die freiherrlich Seckendorfsche Gutsherrschaft zu Obernzenn. Der Unterschied zwischen dem vorigen Brief vom November 1841 und diesem vom Mai 1842 besteht im zusätzlich vorderseitig angebrachten Insinuationsvermerk mit ausgeschriebenem Datum.

Diese Praxis geht auf eine Vorschrift des Staatsministeriums der Justiz vom 24. Dezember 1841 zurück.[1] Sehr wahrscheinlich müssten die frühesten Nachweise aus dem Januar 1842 stammen, es lohnt sich also, die Augen offen zu halten.

Viele Grüße aus Erding!

[1] https://books.google.de/books?id=PRFBAAAAcAAJ&pg=PA263
 
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