Thema: Altdeutschland Bayern - Kanada in der Kreuzerzeit
bayern klassisch Am: 25.03.2010 18:38:23 Gelesen: 12896# 1@  
Liebe Sammlerfreunde,

meine beiden Beispiele zielen auf zwar auf Bayern ab, aber jeder, der einen alten Brief nach Kanada zeigen kann, ist aufgerufen, sein Schätzchen hier zu präsentieren, damit wir alle etwas davon haben.

Seit dem Januar 1847 konnte man von Bayern aus seine Briefe nach Kanada, oder wie es damals hieß "Britisch Nordamerkia", versenden. Weil das Zielland so groß war, wurde es in zwei Regionen aufgeteilt.

Die Leitung über England war die einzig mögliche.

Kurze Zeit später, am 1.7.1847, trat der neue PV Bayerns mit Frankreich in Kraft und auch die Franzosen ermöglichten ab sofort die Leitung der Briefe nach Kanada, zumal dies wesentlich günstiger war.

Im Laufe der Zeit kamen noch die Transitdienstleister Preußen (ab 1.1.1854) und Bremen (1.3.1854) bzw. später Bremen und Hamburg (7.11.1866) hinzu, so dass die Korrespondenten die Qual der Wahl hätten haben können.

Leider entspricht das Angebot an Material nicht auch nur annähernd den zahlreichen Versendungsmöglichkeiten der Primärliteratur, ja aus Bayern gibt es, von einer Handvoll Briefe abgsehen, nur die Göring - Korrespondenz.

Der 1. Brief aus Ludwigshafen in der Pfalz datiert vom 15.8.1868 und ließ folgende, vertragskonforme Leitungen zu:

1) Ab 31.3.1864 über England via USA,

2) ab 03.12.1866 über Bremen oder Hamburg, wobei beide Leitungen für die unterschiedlichen Destinationen in Kanada zwei Gebühren vorsahen.



Der Absender des 1. Briefes, die Firma Clemens Grohe, Niederlassung der niederländischen Dampf - Schiff - Reederei, gab den Brief unfrankiert mit dem Vermerk "by Steamer via England", also mit Dampfschiff über England, auf.

Dergleichen Briefe waren bei der Aufgabe mit 1 Sgr. für die Aufgabepost je Loth zu taxieren, welche hier unter "England" schwarz notiert wurden. Diese 3 Kr. standen Bayern zu.

Die Leitung erfolgte über das Gebiet des Norddeutschen Bunden (Aachen) und Belgien (Ostende) nach London. Dort wurde er mit 8 Pence taxiert, die sich auch 6 Pence als Porto und 2 Pence als Zuschlag für spätere Transitkosten durch die USA zusammensetzten. Aus diesen 8 Pence heraus, die ca. 24 Kreuzern entsprachen, wurde die Portoforderung Bayerns befriedigt.

Von London aus lief er mit der Bahn nach Liverpool, wo er mit einem Schiff der Inman oder Cunad - Line nach New York gebracht wurde. Für diesen Transport wurden 4 Pence See- und 1 Penny Inlandsporto fällig, die nicht angeschrieben wurden. Von dort lief er nach Kanada, wobei die britischen 8 Pence gestrichen und mit den 5 Pence Transitkosten in 27 kanadische Cents (= 1 Shilling 1 Penny) reduziert wurden, die der Empfänger zahlen durfte.



Der 2. Brief vom 6.5.1870 lief den gleichen Weg. Maßgeblich für ihn war der Postvertrag des Norddeutschen Bundes mit GB und Kanada vom 11.9.1868. Bei der Aufgabe machte man in Ludwigshafen einen folgenschweren Fehler, denn man erkannte den Brief nur als einfach (bis 1 Loth) und taxierte daher folgerichtig mit 1 Sgr., die mittig blau notiert wurden.

Der Norddeutsche Bund erkannte ihn als zweite Gewichtsstufe (oben links "2"), beließ jedoch die für Bayern zu niedrige Taxe.

Die britische Post rechnete nun 6 + 6 Pence für den Transit bis GB plus 2 + 2 Pence Strafgebühr weil unfrankiert = 16 Pence = 1 Shillling 4 Pence.

Bei der Seetaxe beließ man ihn im einfachen Gewicht, so dass nun 4 Pence hierfür den Endbetrag für GB von 1 Shilling 8 Pence ergaben, die über "Hamilton", den Zielort, geschrieben wurden.

Da 1 Penny britisch etwa 2 kanadischen Pence entsprach, galten die 1 Sh. 8 Pence gleich 40 kanadischen Pence. Mit der Inlandstaxe von 2 Pence für das einfache Gewicht (!) ergab sich die Gesamtforderung von 42 Pence.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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