Thema: Österreich: Reguläre Ballonpost der Pro Juventute Kinderdorfvereinigung
Cantus Am: 26.03.2021 16:44:29 Gelesen: 5584# 1@  
Pro Juventute ist eine österreichische Kinder- und Jugendhilfsorganisation. Der Verwaltungssitz der privaten und unabhängigen Organisation befindet sich in Salzburg. Sie finanziert sich über Spenden und öffentliche Gelder und trägt seit 2002 das Österreichische Spendengütesiegel. Das Kontrollorgan des Vereins Pro Juventute ist das Kuratorium. Es übt eine aufsichtsratsähnliche Funktion aus. Seit der Gründung 1947 konnte bereits über 6000 Kindern geholfen werden.

Aus Anlass der großen Not der Kriegswaisen am Ende des Zweiten Weltkrieges erfolgte 1947 die Gründung des Vereins in Salzburg als Erste Österreichische Kinderdorfvereinigung durch die Ehepaare Schubert, Maislinger und Walla. Zweck sollte die Errichtung eines Kinderdorfes nach Vorbild des Pestalozzidorfes sein, in dem es den Kindern ermöglicht wird, bis zum Erreichen der Selbständigkeit in einer familienähnlichen Gruppe aufzuwachsen. Ab etwa 1950 kam die Organisation Pro Juventute (lat. „Für die Jugend“) hinzu, wobei dies schnell zum Hauptnamen des Vereins wurde.

Von 1948 bis Juni 2005 wurden Karten für Ballon- und Luftschiffpost aufgelegt. Mit dem Kauf der Belege unter dem Motto „Sammler helfen Kindern“ konnten in- und ausländische Philatelisten die Organisation unterstützen [1].

Neben den regulären Ballonpostbelegen gab es ab Juli 1950 auch Sonder-Ballonpostflüge, seit 1961 Weihnachtsballonpost und später noch eine ganze Reihe anderer Ballonpost- und auch andere Flugpostbelege wie z.B. Zeppelinpostbelege, denn man hatte bemerkt, dass sich auf dem Weg über solche Belege und die damit verbundenen Veranstaltungen reichlich Spendenmittel einsammeln ließen. Seit 1975 sind auch noch andere Veranstalter in das Ballonpostgeschäft eingestiegen, indem auch sie Ballonfahrten organisierten und dabei Ballonpostbelege verkauften; der Spendenerlös für diese Karten floss stets caritativen Zwecken zu.

Während es sich bei den ersten Ballonpostbelegen ausschließlich um Privatganzsachen handelt, die vielfach mit reizvollen Wertstempelkombinationen ausgestattet wurden, folgten nach einigen Jahren auch Umschläge oder Postkarten mit Briefmarkenfrankaturen, ab Ende der 1970er Jahre wurden dann zusätzlich Belege mit UNO-Frankatur aufgelegt und verkauft, aber nur von dem Teil der UNO, der in Wien seinen Dienstsitz innehat.

Alle diese Karten und Briefumschläge sind im österreichischen „Austria Netto Katlog“, kurz ANK, unter der Überschrift „ÖSTERREICH - Kinderdorf - Ballonpost“ nach der Abfolge ihrer Herausgsbe und den Verwendungsdaten aufgeführt. Soweit bekannt, sind dort auch Auflagezahlen genannt.

Neben der regulären österreichischen Ballonpost gibt es auch sogenannte Zuleitungspost, also Belege, die z.B. in den Niederlanden mit dortiger Frankatur aufgegeben worden waren, adressiert an die österreichische Pro-Juventute-Vereinigung, und die dann beim nächsten Ballonflug mit an Bord genommen wurden und den erhofften Ballonpost-Stempel erhielten. Es gibt Sammler, die besonders auf der Suche nach solchen Zuleitungbelegen sind, es muss aber stark bezweifelt werden, dass dabei der Gedanke der Kinderdorf-Förderung im Vordergrund steht. Es dürfte doch vielmehr so sein, dass relativ seltenes Sammelgut gesucht wird, um damit die eigene Sammlung über die anderer Sammler zu erhöhen, ich halte davon aber nichts, denn mit dem ursprünglichen Gedanken der Kinderdorf-Förderung in Österreich hat das überhaupt nichts mehr zu tun.

Die meisten der Ballonpostbelege sind niemals regulär so befördert worden, wie man das von Postbelegen allgemein erwartet. Es war vielmehr so, dass die eingelieferten Belege nach der Stempelung sorgfältig in Säcken verpackt wurden, die dann beim nächsten Ballonaufstieg im Korb mitgeführt wurden. Die überwiegende Zahl dieser Belege wurde dann nach der Landung des Ballons mit der staatlichen Post an die Absender retournieert, dabei besonders oft an die Organisatoren der Veranstaltung, also die österreichische Pro Juventute Vereinigung oder an den Philatelisten und Verleger Adolf Kosel (der tausende solcher und anderer Flugpostbelege erzeugt hat). [3] Das trifft vor allem auf die späteren Ballonpostausgaben zu, während in den ersten Jahren die Ballonpost ganz überwiegend noch an irgendwelche Sammler im In- und Ausland adressiert war. Verträge mit den jeweiligen ausländischen Postanstalten stellten dann sicher, dass die zunächst im Ballon transportierten Belege im jeweiligen Land des Landeortes von der dortigen staatlichen Post übernommen und ohne erforderliche neue Zusatzfrankatur an den eingetragenen Empfänger weitergeleitet wurden.

Im Laufe der Zeit verwässerte aber immer stärker der Grundgedanke der Förderung der österreichischen Pro-Juventute-Kinderdörfer und eine Vielzahl anderer Anbieter von Ballonpost-Veranstaltungen drängte auf den Markt, so dass im Jahr 2005 das Programm der regulären Ballonpost der österreicischen Pro-Juventute-Kinderdorfvereinigung eingestellt wurde.

Wer sich mit derartigen Belegen beschäftigt, trifft auf eine Vielzah reizvoller Belege, ganz überwiegend „Massenware“, aber dennoch hübsch anzuschauen und für Freunde von Ballonfahrten ein durchaus interessantes Motivthema, das sich zu sammeln lohnt. Hohe Werte sind dabei nicht zu erwarten, aber der Wertgedanke sollte schließlich beim Sammeln auch nicht die vordergründige Motivation darstellen.

Der erste reguläre Ballonpostflug fand am 25.10.1948 in Vöcklabruck statt, einer Stadtgemeinde im Hausruckviertel in Oberösterreich. Zu diesem Anlass wurden drei verschiedene Belege verausgabt, ein Umschlag und zwei Postkarten, zusätzlich findet sich iim ANK noch eine vierte Bewertung für „Post mit Verspätungsstempel“.

Ich kann dazu die Variante ANK 1c zeigen. Darunter verbirgt sich die Ballonpostkarte, die im linken roten Textaufdruck die zusätzliche Zeile „und Jänner bis Juni 1949“ in schwarzer Farbe aufweist. Im Wertstempel ist das Portrait von Friedrich von Amerling zu sehen. Friedrich Ritter von Amerling (* 14. April 1803 in Spittelberg; † 14. Januar 1887 in Wien) war einer der angesehensten österreichischen Porträtmaler des 19. Jahrhunderts [2].





Viele Grüße
Ingo

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Pro_Juventute_(Österreich)
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_von_Amerling
[3] https://silo.tips/download/privatganzsachen-1945-bis-1951
 
Quelle: www.philaseiten.de
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