Thema: Ebay: Nachrichten und Informationen
Richard Am: 30.03.2010 20:44:13 Gelesen: 67712# 58@  
Hoher Preis für Bequemlichkeit - Über Kundenärger mit dem Online-Zahldienst Paypal

Innerhalb von Sekundenbruchteilen Geld transferieren - weltweit: Online-Zahldienste bieten unbestrittene Vorteile. Aber Vorsicht! Beim Ebay-Unternehmen Paypal hat diese Bequemlichkeit ihren Preis. Vollmundige Werbeversprechen entpuppen sich als reine "Gefälligkeiten" und: Paypal kann Ihr Geld bis zu einem halben Jahr auf dem Konto einfrieren - zinslos! So steht es in den AGB des Unternehmens. Experten bezweifeln nun deren Rechtmäßigkeit.

Das Prinzip Paypal: Der Käufer bezahlt, das Geld wird dem Verkäufer augenblicklich auf seinem Paypal-Konto gutgeschrieben. Später kann es der Paypal-Kunde auf ein Bankkonto überweisen. Dafür verlangt Paypal bis zu 3,9 Prozent des Preises.

Der Elektrohändler Martin Mijalkovic ist seit längerem Paypal-Kunde und bietet das elektronische Zahlungsmittel in seinen Internet-Shops an. Das Weihnachtsgeschäft lief im vergangenen Jahr gut: Mijalkovic konnte mit Paypal rund 41.000 Euro erwirtschaften. Zum Jahresanfang wollte er das Geld auf sein Konto transferieren, auch um damit die Umsatzsteuer zu bezahlen.

Geschäftsrisiko: Paypal-Konto

Doch daraus wurde nichts. Denn Paypal kündigt plötzlich die Geschäftsbeziehung und "friert" das Guthaben von rund 41.000 Euro ein - für sechs Monate und unverzinst! Für Mijalkovic eine Katastrophe: "Dass Paypal mein Geld eingefroren hat, ist für mich existenzbedrohend. Ich kann von Glück reden, dass ich im Januar die Gehälter meiner Angestellten bezahlen konnte und mir das Finanzamt eine Fristverlängerung gewährte."

Kein Wunder, wenn einem kleinen Unternehmen plötzlich 41.000 Euro fehlen! Der Sperrung vorausgegangen war eine "Sicherheitsüberprüfung" - wegen angeblich "verdächtiger Vorgänge" bei der Konto-Nutzung. Was damit gemeint ist, sagt Paypal nicht. Stattdessen werden von dem Händler, der sich keiner Schuld bewusst ist, zahlreiche Unterlagen verlangt: Stromrechnungen, Handelsregistereinträge und sogar detaillierte Lieferantenrechnungen soll Mijalkovic an das Unternehmen schicken. Als aber Paypal auch noch die Kontoauszüge der letzten 90 Tage sehen will, weigert sich Mijalkovic! Die Folge: Das Einfrieren der 41.000 Euro! Für seinen Anwalt ein Unding.

Zitat: „Was Paypal macht, wäre in Deutschland Ermittlungsbehörden vorbehalten, nicht aber einer Bank selbst.“
Christoph Sommermeyer, Rechtsanwalt

Die Bank als Ermittler

Christoph Sommermeyer, Rechtsanwalt: "Theoretisch ist es für Paypal möglich, jedwede Zahlung als "verdächtigen Vorgang" zu bezeichnen. Aber was genau diese verdächtigen Zahlungen sind, das konkretisiert Paypal nicht, auch nicht in den allgemeinen Geschäftsbedingungen. Was Paypal macht, wäre in Deutschland Ermittlungsbehörden vorbehalten, nicht aber einer Bank selbst."

So könnte zum Beispiel die Staatsanwaltschaft beim Verdacht auf Straftaten Ermittlungen einleiten und Konten sperren bzw. Gelder beschlagnahmen. Aber davon ist gegenüber Martin Mijalkovic keine Rede. Der fühlt sich hingehalten, hat ständig andere Mitarbeiter am Telefon, erfährt aber nie den Grund für das Einfrieren seines Geldes. Solche Vorgänge sind bei Paypal längst kein Einzelfall, wie der Unternehmensberater und Paypal-Experte Axel Gronen weiß: "Paypal behält oft aus angeblichen Sicherheitsgründen Geld ein und gibt das nicht frei für die Verkäufer, kann dann in der Zeit mit dem Geld arbeiten und Zinsen erwirtschaften. Es handelt sich also um Millionen-Summen, die bei Paypal auf diesen Konten festliegen."

Beim Online-Auktionshaus eBay wird häufig Paypal verwendet

Bis zu 180 Tage kann Paypal Gelder einfrieren - während die Kunden in die Röhre schauen. Auch dem privaten Verkäufer Helmuth Christen wird plötzlich das Konto gesperrt, das Guthaben von 154 Euro einbehalten. Er hatte über Ebay Uhren aus seiner Sammlung verkauft - ohne jede Beanstandung der Käufer. Doch auch von ihm wollte Paypal plötzlich Unterlagen haben: Kaufbelege zu den verkauften Uhren und genaue Angaben darüber, bei welchem Händler er die Uhren gekauft hat. Christen weigert sich, die ebenfalls aus "Sicherheitsgründen" geforderten Unterlagen vorzulegen. Er ist der Meinung, dass die Paypal nichts angingen: "Ich fühle mich kriminalisiert! Was Paypal mit seinen Kunden veranstaltet, ist in höchstem Grade unfair! Man kann auch sagen: unmoralisch! So was findet im normalen Geschäftsleben absolut nicht statt!"

Zitat: „Ich fühle mich kriminalisiert!“
Paypal-Kunde Helmuth Christen

Bei Paypal schon. Das Ebay-Unternehmen beruft sich auch hier auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die das erlauben würden. Rechtsanwalt Ralf Hohmann aus Baden-Baden sieht das kritisch: "Meines Erachtens stellt diese Klausel eine so genannte überraschende Klausel dar und ist damit unwirksam. Denn jemand, der mit einem Bankinstitut einen Vertrag abschließt, muss mit einer solchen Klausel, dass sein Geld 180 Tage gesperrt ist und eingefroren wird, nicht rechnen!"

Kein Anspruch auf versprochenen Käuferschutz

Ärger gibt es immer wieder auch mit dem Paypal-Käuferschutz! Auf ihn hat Antje Kratzla-Knauer vertraut. Sie ersteigert bei Ebay ein gebrauchtes Kinderkleid, angepriesen als "ein Traum in Tüll". Den Preis von 55 Euro überweist sie per Paypal. Doch der "Traum in Tüll" entpuppt sich als "Alp-Traum". Antje Kratzla-Knauer, Paypal-Nutzerin: "Das Kleid war völlig verwaschen, der Jersey total labberig, die Rüsche hat überall Fäden gezogen, der Tüll sah aus wie eine vergilbte Rauchergardine. Also, diesen Lappen kann ich meinem Kind nicht anziehen!"

Zitat: „Beim Paypal-Käuferschutz ist man letztendlich auf den guten Willen von Paypal angewiesen“
Paypal-Experte Axel Gronen

Sie will das Kleid zurückgeben, die Verkäuferin lehnt ab. Kratzla-Knauer beantragt Käuferschutz bei Paypal. Danach zahlt Paypal den Kaufpreis zurück, wenn die Ware beispielsweise "erheblich" von der Beschreibung abweicht - so wie hier. Doch Paypal lehnt den Käuferschutz ab. In einer lapidaren E-Mail bekommen wir mitgeteilt, dass der Artikel korrekt beschrieben sei und der Anspruch deshalb abgelehnt werde. Obwohl Paypal das fragliche Kleid nie gesehen hat! Doch Einspruch gegen diese Entscheidung ist zwecklos. Denn was die wenigsten wissen: Einen Anspruch auf Käuferschutz gibt es nicht - trotz der vollmundigen Werbung. Paypal-Experte Axel Gronen: "Das ist eine Mogelpackung aus meiner Sicht. Beim Paypal-Käuferschutz ist man letztendlich auf den guten Willen von Paypal angewiesen. Wenn Paypal nicht zahlt, hat man kaum eine Chance, dagegen irgendwas zu machen."

Kein Einlenken in Sicht

Martin Mijalkovic wartet noch immer darauf, dass Paypal endlich seine "eingefrorenen" 41.000 Euro freigibt. Für seinen Anwalt ist die Sache klar. Rechtsanwalt Christoph Sommermeyer: "Paypal verhält sich nach außen wie eine normale Geschäftsbank. Das heißt, wenn ein Vertrag beendet wird, ist Paypal verpflichtet, ein bestehendes Guthaben auszuzahlen. Tun sie das nicht, dann entstehen daraus zivilrechtliche Schadensersatzansprüche des Kunden. Strafrechtlich kann man das dann als Untreue oder Unterschlagung werten, je nach Einzelfall."

Sein Mandant hat deshalb jetzt Strafanzeige gegen die Verantwortlichen bei Paypal gestellt. "Recht brisant" hat natürlich bei Paypal nachgefragt. Ein Interview wollte man dort aber nicht geben. Schriftlich heißt es, man halte sich an die Gesetze und Regeln für Banken. Das Einfrieren der Gelder geschehe nur zum Schutz der Käufer vor potentiellen Gefahren, beispielsweise durch betrügerische Verkäufer. Immerhin: Helmut Christens Konto wurde nach unserer Anfrage wieder freigeschaltet, er konnte die 154 Euro auf sein Bankkonto überweisen. Antje Kratzla-Knauer bekam den Kaufpreis des Kleides plus 50 Euro zurückerstattet - für die entstandenen Unannehmlichkeiten. Und Martin Mijalkovic wurde angeboten, dass noch vor Ablauf der 180-Tage-Frist 25.500 Euro der eingefrorenen 41.000 Euro freigegeben werden.

von Kathrin Schreck für "Recht brisant" / Mit Material von ZDF

(Quelle: http://infokanal.zdf.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,8058706,00.html?dr=1)

Zum ZDF Video (05:26 Minuten):

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1006326/Paypal-Hoher-Preis-fuer-Bequemlichkeit#/beitrag/video/1006326/Paypal-Hoher-Preis-fuer-Bequemlichkeit
 
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