Thema: BDPh / VPhA: Arbeitsgemeinschaften gegen "Ortsvereine im Dornröschen-Schlaf"
Jürgen Häsler Am: 05.04.2021 15:00:08 Gelesen: 2486# 6@  
Offen gestanden habe ich an einen verspäteten Aprilscherz geglaubt, als ich den Text [#1] zum erstenmal gelesen habe. Nun sind jedoch bereits 4 Tage vergangen, ohne dass hier jemand "April, April !!!" geschrieben hat und wir alle kräftig darüber gelacht haben.

Wenn das ein Aprilscherz ist, dann möge das doch bitte jetzt jemand kurz mitteilen. Da Richard Ebert die obige "Pressemitteilung" jedoch nicht am 0 1. April, sondern am 0 2. April eingestellt hat, scheint der Text "authentisch" zu sein.

Da ich in der Strukturkommission des BDPh vor 3 Jahren die Interessen der "Ortsvereine" vertreten habe und der Text sich auch die "Ortsvereine" bezieht, werde ich hier eine kurze Stellungnahme verfassen.

Ein profilierter Fürsprecher der Arbeitsgemeinschaften verlässt den Bundesvorstand. Jürgen Witkowski, über Jahre hinweg engagiertes Vorstandsmitglied der Poststempelgilde, möchte im Herbst seine Amtszeit im Bund Deutsche Philatelisten beenden.

Diese Nachricht ist allseits bereits bekannt und wurde vom BDPh auch offen kommuniziert. Auch Vizepräsident Jan Billion legt im Herbst sein Amt nieder.

Für die deutsche Philatelie bedeutet sein Ausscheiden einen gewaltigen Verlust. Dass er im Bundesvorstand die Ressorts Forschung, Literatur, Arbeitsgemeinschaften und Internet betreute, lag auf der Hand. In Witkowski fanden der Vorstand des Verbandes Philatelistischer Arbeitsgemeinschaften und die Mitgliedsarbeitsgemeinschaften des VPhA stets einen hilfsbereiten Ansprechpartner und einen Fürsprecher für die Gleichberechtigung der Arbeitsgemeinschaften mit den Ortsvereinen.

Diese Wertung teile ich zu 100 %. Auch ich habe Herrn Witkowski als "Vollblut-Philatelisten" kennengelernt, sein Ausscheiden aus dem Bundesvorstand des BDPh ist zweifellos ein großer Verlust für die Organisierte Philatelie. Er hatte von allen 5 bei der Hauptversammlung am 09.09.2017 in Wittenberg gewählten Bundesvorständen mit der Leitung der Strukturkommission einen der schwierigsten Jobs zu erledigen. Er hat diese Aufgabe mit Bravour gemeistert. Dass anschließend 2 Landesverbände im BDPh die Diskussion über die Arbeitsergebnisse der Kommission verhindert haben, ist nicht von ihm zu verantworten, sondern von den beiden Verbänden.

Bevor ich zur Stellungnahme zu den übrigen Aussagen der "Pressemitteilung" übergehen kann, sollte die Urheberschaft des Textes aus [#1] geklärt werden. Üblicherweise werden "Pressemitteilungen" von den Verfassern gekennzeichnet, denn ein Presseorgan sollte vor Veröffentlichung der "Pressemitteilung" einen Ansprechpartner kennen, für den Fall von Rückfragen oder Unklarheiten.

Zum Glück hilft uns hier Beitrag [#5] von Richard Ebert weiter.

... die undatierte Pressemitteilung ist mit "Der VPhA Vorstand" unterzeichnet, daher ist davon auszugehen, dass der Vorsitzende seine Meinung geäussert hat. Wenn solche Pressemitteilungen ohne Kenntnis des Vorsitzenden veröffentlicht würden, hätte der Vorsitzende Treschnak ein Problem mit seinen Vorstandsmitgliedern.

Auf der Website des VPhA unter
http://www.vpha-online.de/index.php/ihr-kontakt
findet sich eine Übersicht der 3 Vorstandsmitglieder des VPhA. Erfreulicherweise sogar mit deren Aufgabenverteilung. (Das ist vorbildlich !)
Nach meinen Dafürhalten fällt das Verfassen einer "Pressemitteilung" bei Durchsicht der Zuständigkeiten der Vorstandsmitglieder in den Bereich "Geschäftsstelle/Kontakt zur Bundesgeschäftsstelle des BDPh e.V."

Verfasser der Pressemitteilung dürfte also Geschäftsführer Torsten Berndt sein, der den Text mit seinem Vorsitzenden Treschnak und dem Schatzmeister Kuhn abgestimmt hat und ihn im Namen des gesamten Vorstands veröffentlicht.

Der VPhA und insbesondere sein engagierter Vorsitzender Hans-Gerd Treschnak – Mitglied des Verwaltungsrates des BDPh – wurden vor der Neubesetzung weder um Ideen oder Rat beziehungsweise Vorschläge gebeten. Die ab Herbst geplante neue Aufstellung des Bundesvorstandes lässt befürchten, dass fortan wieder vor allem die Ortsvereine im Mittelpunkt stehen werden.

Hier beklagt sich der Vorstand des VPhA, bei der Neubesetzung der ab Herbst 2021 vakanten Positionen im Bundesvorstand übergangen worden zu sein."

Tut er das zu Recht ?


Um diese Frage beantworten zu können, hilft ein Blick in die Satzung des BDPh. Sie wurde 2019 in Bensheim beschlossen, ist also "taufrisch" und "runderneuert".

Zunächst müssen wir festhalten, dass die "vierjährige" Amtszeit der beiden scheidenden Vorstandsmitglieder im Herbst 2021 formal noch gar nicht endet.

Vielmehr regelt § 9 Nr. 2c der Bundessatzung:
"Der Bundesvorstand bleibt bis zur Neuwahl im Amt."

Die Neuwahl findet wegen der Corona-Pandemie aber voraussichtlich erst auf der Hauptversammlung 2022 statt. Diese Verschiebung hat ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 2a  GesRuaCOVBekG. Bis zu diesem Zeitpunkt verlängert sich also die Amtszeit aller Bundesvorstandsmitglieder.

Beide Vorstandsmitglieder treten also formal vor dem Ablauf ihrer (erst 2022 endenden) Amtszeit zurück. Es greift also § 9 Nr. 3 der Bundessatzung:
Dort heißt es:

"3. Scheidet ein Mitglied des Bundesvorstandes während seiner Amtszeit aus, so beauftragt der Bundesvorstand mit Zustimmung des Verwaltungsrates eine andere Person mit der Wahrnehmung des Amtes. Die Beauftragung endet durch Neuwahl auf der folgenden Hauptversammlung."

Im Klartext:

Der Bundesvorstand beauftragt Frank Blechschmidt und Dr. Eric Scherer mit der Wahrnehmung der Ämter von Jan Billion und Jürgen Witkowski. Diese Beauftragung endet mit der Neuwahl im Jahr 2022.

Der Bundesvorstand macht also einen Personalvorschlag, beide Kandidaten wurden in der April-Ausgabe auf Seite 6 der "philatelie" den Mitgliedern vorgestellt.

Eine "Konsultation" des Verwaltungsrates im Vorfeld der Beauftragung sieht die Satzung des Bundes nicht vor.

Jetzt (und erst jetzt !!!) liegt der Ball beim Verwaltungsrat, der als Organ des BDPh seine Zustimmung geben muss, damit die Beauftragung der neuen Vorstandsmitglieder satzungsgemäß "wirksam" werden kann.

Natürlich kann und darf jedes Mitglied des Verwaltungsrates dem Bundesvorstand einen anderen Personalvorschlag unterbreiten. Insbesondere dann, wenn Mitglieder des Verwaltungsrates die Beauftragung durch den Bundesvorstand ablehnen wollen, ist es ein Gebot des Anstandes und der Fairness, einen entsprechenden Gegenvorschlag für die Stellenbesetzung zu unterbreiten.

Die Arbeitsabläufe des Verwaltungsrates werden gemäß § 10 Nr.10 der Bundessatzung durch eine Geschäftsordnung geregelt.

Als Mitglied der Strukturkommission liegt mir auch die Geschäftsordnung des Verwaltungsrates vor. Ich gehe davon aus, dass Bundesvorstand und Verwaltungsrat in einer gemeinsamen Sitzung über die Beauftragung entscheiden, sobald die Corona-Lage dies erlaubt.

Im übrigen gilt § 4 Nr. 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrates:
"7. Der Sitzungsablauf wird durch den Vorsitzenden, bei Gemeinsamen Sitzungen im Zusammenwirken mit dem Präsidenten des BDPh, auf Grundlage der Tagesordnung geleitet."


Der BDPh täte wohl daran, den Arbeitsgemeinschaften den ihnen gebührenden Platz im Bundesvorstand einzuräumen. Danach schaut es nicht aus. Witkowskis Nachfolger, Dr. Eric Scherer, ist bislang nicht als Vertreter der Arbeitsgemeinschaften hervorgetreten. Neben ihm soll in Frank Blechschmidt der frühere Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen in den Bundesvorstand einziehen, also ein Vertreter der Ortsvereine. Er ist als Nachfolger Jan Billions vorgesehen, der in der Arbeitsgemeinschaft UNO-Philatelie Mitglied ist. Damit schwächt der BDPh die Vertretung der Arbeitsgemeinschaften im Bundesvorstand.

Mein Kommentar dazu lautet:

Der VPhA täte wohl daran, einen personellen Gegenvorschlag zu unterbreiten, und zwar bevor er in einer "Pressemitteilung" die Kandidaten des Bundesvorstandes vorschnell diskreditiert, ohne diese wirklich zu kennen.

Welcher Gegensatz zwischen "Ortsvereinen" und "Arbeitsgemeinschaften" soll hier eigentlich "herbeikonstruiert" werden und welchem  Zweck soll dies dienen ?
Eine Antwort darauf bleibt der Verfasser schuldig.


Der zweite Teil des Textes befasst sich mit der Jugendarbeit, die angeblich "mangelhaft" sein soll. Ich verzichte darauf, dies zu kommentieren, da die Intensivierung der Jugendarbeit und die Erhöhung der finanziellen Förderung der Jugendarbeit im LV Südwest Gegenstand eines Antrages zum nächsten LV-Tag sind. Diesem Antrag will ich nicht vorgreifen.

Was die "Wertung" dieser Pressemitteilung anbetrifft, schließe ich mich Erdinger [#4] an.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Aussagekraft dieser Pressemitteilung trotz ihres Wortreichtums null ist.

Nein, nicht ganz null: Über Herrn Treschnak sagt diese Pressemitteilung sehr viel aus, vielleicht mehr, als ihm lieb sein sollte.

Schade um die Zeit.


Jürgen Häsler
 
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