Thema: Seilbahnen, Sesselbahnen, Sessellifte auf Briefmarken Stempeln und Belegen
22028 Am: 09.04.2021 09:22:55 Gelesen: 24398# 15@  
Aus dem fast unerschöpflichen Bereich der Postgeschichte von Kolumbien möchte ich heute die "Cable Aereo de Cucuta al Rio Magdalena", zu Deutsch, der "Seilbahn von Cucuta über den Magdalena Fluss" vorstellen. OK, wörtlich übersetzt heißt das Luftkabel von Cúcuta zum Magdalena Fluss, es war aber eine Seilbahn. Postbeförderung mit der Seilbahn gibt es sicher auch heute noch, allerdings immer im Rahmen von Sonderpostbeförderungen ohne echten postalischen Zweck oder z.B. auf die Zugspitze wo der Postbote die Post nach oben bringt. In Kolumbien war dies aber anders. Diese Firma ist in der Literatur als Private Postanstalt / Postbeförderer, deren es in Kolumbien viele gab, bekannt. Aber, der Autor hat seine Zweifel dass es wirklich eine Private Postanstalt (Express Dienst) war und versucht in diesem Artikel zum einen die Geschichte der Seilbahn aufzuzeigen und zum anderen zu belegen dass es "nur" ein Staatliche Firma war die evtl. auch Post im Auftrage der Kolumbianischen Post transportierte, ohne dafür aber besondere Portogebühren zu verlangen.

Auf Grund von extremen Geographischen Verhältnissen mit hohen Bergen, tiefen Schluchten, ohne entsprechende Straßen und Brücken über die Schluchten griff man früher oft zu unkonventionellen Methoden, eine dieser war die "Cable Aereo de Cucuta al Rio Magdalena" deren Geschichte ich hier erklären möchte.
Das Geschichtliche:

Die Geschichte der "Cable Aereo de Cucuta al Rio Magdalena" begann mit dem Gesetz Nr. 28 von 1923 in welchem der Bau derselben autorisiert und Gesetz 69 des selben Jahres mit welchem der Bau angeordnet wurde. Zweck der Seilbahn war die Region Aquachica / Nord Santander und deren Bevölkerung welche vorher benachteiligt war, wirtschaftlich und sozial zu modernisieren und nach mehreren gescheiterten Straßen- und Eisenbahnprojekten die Hauptstadt des Bezirks Nord Santander mit den wichtigsten Wasserstraßen des Landes zu verbinden. Vor dieser Entscheidung hatten sich mehrere einflussreiche Bürger der Region organisiert um das Problem der Entwicklung und Modernisierung der Region anzugehen und schlugen der Staatsregierung den Bau einer Eisenbahnlinie für den Transport von Waren vor wozu sogar eine Werbezeitung “El Ferrocarril de Ocaña” (die Eisenbahn von Ocana) gegründet wurde, auf Grund der Dringlichkeit wurde dann doch auf den Schifftransport auf dem Magdalena Fluss ausgewichen. Insbesondere wegen der Wallfahrtskirche "Nuestra Señora de las Gracias de Torcoroma" in der Nähe von Ocaña welche ein bekannter Wallfahrtsort und historisches und kulturelles Erbe der Nation ist und bereits damals von mehr als 220000 Menschen im Jahr besucht wurde war eine bessere Transportmöglichkeit von Wichtigkeit. Die Vorschläge wurden aber für den Bau des damals monumentalen Werkes der Seilbahn geopfert. Der Bau des Teilstücks dauert 7 Jahre und die Seilbahn deren Betrieb selbst dem Ministerium für öffentliche Arbeiten unterstand wurde am 7. August 1929 für die Allgemeinheit eröffnet.

Die Seilbahn änderte das Gemeindeleben von Ocana dramatisch, so wurden z.B. Autos in die Stadt transportiert und die Transporte von Handelswaren welche vorher mit Maultieren durchgeführt wurden konnten eingestellt werden. Der Personentransport, zumindest in den Anfangsjahren, war zwar weit entfernt von Komfort und Sicherheit, aber wie sagte meine Großmutter schon vor vielen Jahren "Besser schlecht gesessen als gut gelaufen".

Nichtsdestotrotz, politische Schwierigkeiten sowie Geldprobleme hatten dazu geführt dass nur der erste Sektor der Seilbahn zwischen Gamarra und Ocaña fertiggestellt wurde. Der Bau war für die damalige Zeit eine technische Meisterleistung, insbesondere unter Berücksichtigung der bereits genannten Geographischen Verhältnisse, hatte doch bereits der einzige fertiggestellte Teilstück eine Länge von 46,91 km. Er war in 6 Sektionen aufgeteilt, begann in Gamarra, lief über Aguachica und Río de Oro und endete in Ocaña. Insgesamt 204 Masten mit einer Höhe zwischen 3,6 und 65 Meter wurden installiert. Das Tragseil hatte einen Durchmesser von 4" (10,16 cm) und war auf eine Reißlast von 68,3 Englischen Tonnen (ca. 69,40 metrische Tonnen) ausgelegt. Die Nutzlast war 20 Tonnen je Richtung und Stunde und da die Seilbahn 10 Stunden/Tag in Betrieb war konnten somit insgesamt 400 Tonnen Nutzlast (Waren, Personen und Post) mit einer Reise / Transportgeschwindigkeit von durchschnittlich 7 km/Stunde befördert werden. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei etwa 10 km/Stunde.

Die Philatelie

Die Philatelistische Hinterlassenschaft dieser Seilbahngesellschaft ist sehr gering. Um es vorweg zu nehmen, es gab weder eigene Briefmarken noch überdruckte Briefmarken der Kolumbianischen Staatspost, es gab keine Portozuschläge, nur einige wenige Handstempel und ein Aufkleber nebst einer Handvoll Briefen sind bekannt und Anhand von den wenigen bekannten Briefen konnte eine Zeit bis etwa 1933 festgestellt werden wo diese Firma Post beförderte. Aber, und das möchte ich ganz deutlich sagen, mir ist aktuell keine amtliche Verfügung bekannt wo dieser Posttransport seitens der Kolumbianischen Staatspost genehmigt ist.

Der Brief, ein Firmenumschlag der Geschäftsführung (Gerencia) der Seilbahngesellschaft wurde von Ocana nach Medellín gesandt. Er lief somit von Ocana mit der Seilbahn bis nach Gamarra dem Endpunkt der Seilbahn (Oder auch nur bis nach Aquachica, der Provinzhauptstadt) wo er der Kolumbianischen Staatspost übergeben wurde welche ihn wiederum mit dem Schiff nach Medellin transportierte. Der Zweck des TARDE (SPÄT) Stempel auf dem Brief ist unklar, es wird vermutet dass es sich um einen Hinweis der Seilbahngesellschaft handelt dass sich die Weiterbeförderung wegen später Aufgabe auf den nächsten Tag verzögert oder um einen Stempel des Kolumbianischen Auslieferungspostamtes in Medellín handelt als Hinweis dass der Brief mit der Nachmittagszustellung zugestellt wurde.



Rückseitig ist ein Ankunfts (Maschinen) Stempel von Medellín vom 8 August 1933 sowie ein "Gebühr Bezahlt" Stempel der Seilbahnfirma welcher leider etwas schwach abgeschlagen ist.



Inschrift des Stempels lautet:

CABLE AEREO DE CUCUTA AL RIO MAGDALENA"
FRANQUICIA
"Gebühr bezahlt" oder auch "Gebührenbefreit".

Rückseitig zusätzlich ein Werbestempel der Seilbahngesellschaft welche deren Dienste anpreist.



Die Übersetzung dieses Stempels lautt:

SEILBAHN VON CÚCUTA ZUM RIO MAGDALENA
(ABSCHNITT GAMARRA - OCANA)
TRANSPORTE MIT CÚCUTA
Vermeiden Sie Vermittler und sparen Sie Geld
Geben Sie Ihre Sendungen/Frachtgüter direkt in den Lager-/Geschäftsräumen
der Seilbahn auf
Geniessen Sie einen Nachlass von 50% auf die Tarife,
Wir erledigen unsere Frachten „im Soll“; von Gamarra nach
Gramalote oder Cúcuta
Die Geschäftsführung

Zu dieser Gesellschaft habe ich übrigens einen mehrseitigen Beitrag in der Michel-Rundschau 07-2016 verfasst.
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/15643
https://www.philaseiten.de/beitrag/264053