Thema: BDPh plant Beitragserhöhung um 5 Euro - DBZ streicht Berichterstattung
Jürgen Häsler Am: 02.05.2021 11:31:30 Gelesen: 8283# 70@  
Hallo Christoph,

Deinen (mit Präzision verfassten) Beitrag [#64] will ich nicht unkommentiert lassen. Schließlich will auch ich mir ein Bild vom aktuellen Zustand des BDPh verschaffen.

Beispiel 1: Diskussionen um des Kaisers Bart überlagern oder verdrängen eine strukturell-strategische Auseinandersetzung mit der Zukunftsfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Verbandes. Ich kenne das aus einem ganz anderen Zusammenhang als ehemaliger Funktionsträger in einem bundesweit tätigen Verein mit ca. 2000 Mitgliedern. Wenn man als Mitfahrer eines solchen Tankers die Richtung grundsätzlich ändern möchte, dann kann dies zu einem Kampf gegen Windmühlen werden. Und am Ende schafft man den Richtungswechsel nicht und knallt als Mitfahrer mitsamt dem gesamten Tanker gegen die Steilküste.

Du verwendest da ein sehr schönes Bild eines "Tankers". Wir wissen beide, wie schwerfällig diese modernen Ozeanriesen sind. Wir kennen auch die Größe des Wendekreises eines riesigen Schiffes, wenn es versucht, die Richtung zu ändern. Selbst, wenn der Kapitän an Bord den Befehl "Ruder Hart Steuerbord" gibt, dauert es erstaunlich lange, bis eine Richtungsänderung erfolgt.

Beim BDPh kommt erschwerend hinzu, dass 13 Verbände vorhanden sind, die über eigene "Kapitäne" verfügen.

Es ist durchaus so, dass der scheidende BDPh-Präsident in Wittenberg auch "Vernünftiges" gesagt hat. Er hat sich mit der Altersstruktur der Mitglieder befasst, um zu veranschaulichen, welche demographische Entwicklung dem BDPh bevorsteht. Bezüglich möglicher Fusionen von  Landesverbänden hat er hat dort sinngemäß gesagt: "Auf das, was die Landesverbände tun, hat der BDPh nur einen geringen Einfluss." Das ist alles richtig.

Die Mitgliederzahl im BDPh wird sich in den nächsten 13 Jahren voraussichtlich mehr als halbieren und im Jahr 2033 die Marke von 10.000 unterschreiten.

Beträgt der Mitgliederschwund annualisiert pro Jahr 4 %, so halbiert sich die Zahl der Mitglieder in 17,0 Jahren.
Beträgt der Mitgliederschwund annualisiert pro Jahr 5 %, so halbiert sich die Zahl der Mitglieder in 13,5 Jahren.
Beträgt der Mitgliederschwund annualisiert pro Jahr 6 %, so halbiert sich die Zahl der Mitglieder in 11,2 Jahren.
Beträgt der Mitgliederschwund annualisiert pro Jahr 7 %, so halbiert sich die Zahl der Mitglieder in 9,5 Jahren.

Das ist pure Mathematik.

Die Strukturen des BDPh können im aktuellen Zustand nicht konserviert werden. Ansonsten werden sie zusammenbrechen.

Beispiel 2: Bestimmte einzelne „Persönlichkeiten“ mit – sagen wir es mal vorsichtig – etwas schwierigen charakterlichen Zügen dominieren die Debatte. Du nennst den Vorsitzenden eines schwäbischen Traditionsvereins und erwähnst auch dessen Spitznamen aus der Grimmschen Märchenwelt. Da erinnere ich mich an episch ausgetragene Diskussionen hier im Forum der philaseiten, wobei mir schon aus der Erinnerung heraus wieder schwindelig wird. Bei der Lektüre dieser Beiträge formte sich seinerzeit ein nicht unerheblicher Teil meines Bildes über den Zustand des BDPh. Du erwähnst weiterhin die Herren G. aus Unterfranken und J. aus Ostfriesland. Deinen Andeutungen entnehme ich, dass es sich bei den Genannten möglicherweise auch um eher schwierige Diskussionspartner handelt… Treffen nun mehrere solcher Personen aufeinander und wollen (jeweils für sich, aber nicht unbedingt gemeinsam) etwas bewegen, dann kann man sich auch mit nur ein wenig Menschenkenntnis ausmalen, wie das endet. Es sei denn, man hat einen guten Moderator, besser: Mediator, an der Seite…

Bei manchen Persönlichkeiten hilft gutes "Zureden", zumindest dann, wenn sie vernünftigen Argumenten gegenüber aufgeschlossen sind. Nehmen wir mal zum Beispiel den Freistaat Bayern. Ich mag Bayern sehr, das hat bei mir persönliche Gründe, denn ich war 3 Monate in Bayern (genauer gesagt, in Franken !) stationiert. Noch heute mag ich Weißwurst mit Brezn und süßem Senf. Es gibt nicht viele Südbadener, die die Bayernhymne "Gott mit Dir, Du Land der Bayern" singen können.

Um die Mentalität der Bayern wirklich verstehen zu können, hilft ein Blick zurück in die Geschichte. Du weißt sicher, dass unsere Bundesrepublik Deutschland bald 72 Jahre alt wird. In der Nacht vom 23. Mai 1949 auf den 24. Mai 1949 in das Grundgesetz in Kraft getreten. Der Parlamentarische Rat hatte die Errichtung eines neuen Bundesstaates in den 3 westlichen Besatzungszonen im dem von ihm verfassten Grundgesetz verankert.

Zuvor wurde in den Landtagen der Bundesländer über die neue Verfassung abgestimmt.

Ich zitiere aus einem Beitrag des Deutschlandfunks über die Abstimmung des bayerischen Landtages über das Grundgesetz.

In den frühen Morgenstunden des 20. Mai 1949 war es soweit: Die Debatte war beendet, es konnte abgestimmt werden. Mehr als vierzehn Stunden hatten die Abgeordneten des bayerischen Landtages heftig und leidenschaftlich gestritten. Zur Entscheidung stand in dieser dramatischen Nacht, ob der Freistaat Bayern dem Grundgesetz, der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, zustimmen sollte oder nicht.

O-Ton Horlacher: „Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung ist folgendes: Abgestimmt haben 174 Abgeordnete; davon stimmten 64 mit „Ja“, 101 mit „Nein und 9 mit „Ich enthalte mich“. Ich habe demgemäß festzustellen: Das Grundgesetz in der vorliegenden Fassung hat nicht die Zustimmung des Bayerischen Landtags gefunden (Zurufe: Pfui!, Pfui!). Ich bitte diese Zwischenrufe zu unterlassen! (Weitere Zurufe) …


Die bayerische Staatsregierung hatte dem Landtag empfohlen, das Grundgesetz abzulehnen.


Es trat dennoch auch in Bayern in Kraft, weil 10 von 11 Ländern dem Grundgesetz zugestimmt hatten, und der bayerische Landtag mit 97 gegen 6 Stimmen bei 70 Stimmenthaltungen beschlossen hatte, die Rechtsverbindlichkeit des Grundgesetzes im Freistaat Bayern gemäß Artikel 144 Abs. 1 GG anzuerkennen. Hätte der bayerische Landtag das nicht mit Mehrheit beschlossen, dann wäre Bayern heute nicht Teil der Bundesrepublik Deutschland, sondern ein unabhängiger Staat.

Jetzt kannst Du verstehen, warum es für den 1946 in der Britischen Besatzungszone gegründeten BDPh so wichtig war, den 50. Philatelistentag 1949 in München zu veranstalten. Dort wurde am 01. Oktober 1949 der BDPh als e.V. gegründet. Es war notwendig, den Freistaat Bayern einzubinden und die Einheit des BDPh in der gesamten jungen Bundesrepublik zu betonen.

Zu den anderen Teilen Deines Beitrages [#64] nehme ich separat Stellung.  
 
Quelle: www.philaseiten.de
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