Thema: (?) (39) Kinderpost - ein philatelistisches Thema
Postgeschichte Am: 18.04.2010 22:25:03 Gelesen: 39663# 1@  
Die "Kinderpost" ist ein Spiel, welches Kindern ermöglicht, das Schreiben von Briefen, Postkarten und Postanweisungen, die Aufgabe zur Post und die Beförderung bis zum Empfänger spielerisch zu erlernen. Hierzu befanden und befinden sich, da es dieses Spiel auch heute noch gibt, außer Briefbögen, Umschlägen, Kinderpost-Postkarten, Postanweisungen, sowie Briefmarken, aber auch Stempel, Stempelkissen und weitere für das Spiel nützliche Utensilien. Die enthaltenen Marken und Wertstempel der Ganzsachen, meist einer Dauerserie der einzelnen Herstellungszeiten nachempfunden, weichen absichtlich sehr stark in der Größe, Zähnung und ggf. in der Inschrift von den Originalen ab.

Bei dem Spiel konnten Briefe und Postkarten geschrieben, mit den enthaltenen Kinderpostmarken frankiert und an einem gespielten Postschalter aufgegeben werden. Der dortige "Kinderpostbeamte" nahm dann die Post in Empfang und "bearbeitete" diese. Die Abstempelung, Ausfüllung von Vordrucken (z.B. Postanweisungen) und weitere Bearbeitung setzte schon ein bestimmtes Wissen an den Vorgängen bei der Post voraus, was bei der Behandlung der Kinderpost-Postanweisung deutlich wird. Zur Frankierung wurden die im Spiel enthaltenen Kinderpost-Briefmarken verwendet.

Hier Kinderpostmarken 15 Pf. violett, im Muster der Germania-Marke. Die Größe des Markenbildes beträgt 12 x 14 mm im Gegensatz zur Originalmarke, welche eine Bildgröße von etwa 19 x 22 mm erreichte.



In dem Spiel enthalten waren unter Umständen auch Postanweisungen. Hier der Stammteil einer Postanweisung (7,5 x 6,5 cm) mit einer Kinderpostmarke in der Markenbildgröße von 9 x 11 mm. Entsprechend klein fiel dann auch der enthaltene "Poststempel" aus, hier mit der Inschrift DEUTSCHE / KINDERPOST mit einem Durchmesser von ca. 15 mm.



Daß kleine und große Kinder solche "Poststücke" in den gewöhnlichen Straßenbriefkasten geworfen haben, dürfte einleuchten und lässt sich anhand von Belegen auch nachweisen. Hier eine Kinderpost-Postkarte, mit aufgeklebten 5 und 10 Pf Kinderpostmarken, die mit dem Tagesstempel des Postamtes Charlottenburg * 2 m vom 20.4.20 6-7 N. "entwertet" und mit Zustellstempel P.6 versehen wurde.



Eigentlich hätte diese Kinderpost-Postkarte auf Grund der fehlenden Mindestgröße nicht befördert werden dürfen, aber es gab zu allen Zeiten Ausnahmen oder Postbeamte, die sich für Spielereien hergaben. Daß diese Kinderpostkarte von der Post befördert wurde, ergibt sich neben dem Nachgebührvermerk "30", der das doppelte des regulären Postkartenportos (15 + 15 Pf) auswies und dem Text auf der Rückseite. Dieser lautet:

Charlottenburg, d. 19. IV. 19120

Lieber Contra!
Du bist ein riesiger Lacklein, daß
Du auf unsere Spritze gestern
so hochmütig lächelnden Auges ver-
zichtet hast. Möge Dir das diesbe-
zügliche Strafporto die Moral von
der Geschichte sein!
Heil Dir!
Dein ...

An der Postkarte kann man das Größenverhältnis zwischen Kinderpostmarke und dem normalen Poststempel erkennen. Der Größenunterschied kann auch zwischen dem Kinderpoststempel auf der ebenfalls oben gezeigten Postanweisung und der normalen Germania-Marke nachvollzogen werden.

Zum Thema Kinderpost ist im Germania-Handbuch der Artikel "Kinderpostmarken und -ganzsachen mit Germania-Motiv" von Dr. T. Reimer und Manfred Althen erschienen, in dem auch ein Bogen zu 5 Pfennig (5 Reihen zu je 8 Marken) abgebildet ist. Eine Differenzierung nach unterschiedlichen Marken, Anzahl der Marken im Bogen oder Zusammenstellung der Vordrucke der einzelnen Ausgaben ist nicht möglich und in diesem Beitrag auch nicht gewünscht. Vielmehr interessieren Kinderpost-Vordrucke die den Weg des regulären Postverkehrs genommen haben, wie im o.a. Beispiel vorgestellt oder wie bekannt, mit regulären Postwertzeichen versehen versandt wurden. Sollte jemand solche Belege besitzen, würde ich mich über eine Meldung freuen, die dann unter diesem Thema vorgestellt würden.

Nicht zu verwechseln ist die Kinderpost mit der Schülerpost, die in einzelnen Städten nach dem 1. Weltkrieg eingerichtet wurden, um das für die Zustellung fehlende Personal zu ersetzen. So wurden zum Beispiel in Danzig Schüler für die Zustellung von Briefpost eingesetzt. Solche Belege wären auch interessant, aber unter einem separaten Thema vorzustellen.

Gruß
Manfred

[Der Beitrag von Manfred wurde auf seinen Wunsch nachträglich als 'Einleitung' dem Kinderpost Thema vorangestellt.]
 
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