Thema: Philatelie in der Presse - Aus den Vereinen
Richard Am: 29.04.2010 14:25:22 Gelesen: 1168391# 341@  
Briefmarken-Preise sind im Keller

Von Matthias Bäumler

Frankenpost.de, Wunsiedel (12.04.10) - Die Wunsiedler Sammler locken mit vielen Raritäten und ihrem fundierten Wissen Kollegen aus ganz Nordbayern in die Kreisstadt.

Ein mit einem Kugelschreiber geschriebener Brief aus dem Sudetenland ? Das kann nicht sein. "Das ist eine plumpe Fälschung, das sieht jeder Laie", sagt Herbert Putz. Der Rehauer Briefmarken- und Briefesammler kennt die Tricks der Gauner. Das Sudetenland als eigenständige Provinz gab es bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Aber zu dieser Zeit kannte in Europa kein normaler Mensch einen Kugelschreiber. "Die brachten die Amerikaner erst um 1948 mit."

Beim Großtauschtag des Wunsiedler Briefmarkenvereins Frankonia Wunsiedel gab es keine Fälschungen. Einige der bis aus Schwandorf und Bayreuth angereisten Sammler wussten aber von Gaunereien zu berichten, die vor allem in der osteuropäischen Szene hin und wieder vorkommen sollen. In der Fichtelgebirgshalle gab es hingegen manche echte Rarität. "Viele Sammler brachten Kellersammlungen zum Schätzen mit", berichtet Werner Novatius, der Vorsitzende der Wunsiedler Briefmarkensammler. Dabei habe es sich zwar zum Großteil um eher unsystematische Kindersammlungen gehandelt, aber einige "Schätze" seien dabei durchaus zu Tage gefördert worden.

Novatius ergatterte aus purem Zufall einen derartigen Schatz. Ein tschechischer Händler sprach den Wunsiedler an, als er sah, dass dieser Schnupftabak schnupfte. "Er zog eine uralte Schnupftabakdose aus Palisanderholz aus der Tasche und wollte sie mir schenken. Ich bezahlte ihn aber in Briefmarken."

Nach wie vor sind Briefmarken beim großen Frankonia-Tauschtag in der Überzahl. Auch seltene oder alte Münzen und Ansichtskarten werden häufig angeboten. Hin und wieder liegen aber auch andere Arten von Dokumenten auf den Tischen. So etwa bei den Hoffmanns aus Döbra bei Schwarzenbach/Wald. Sie bieten alte evangelische Kirchenboten aus Kirchenlamitz aus den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts an. Sie sammeln aber auch Bierfilze, Stadionzeitschriften und liebend gerne alte, lithografierte Ansichtskarten aus dem Landkreis Hof. "Die waren um 1920 beliebt und haben außer einem dokumentarischen auch einen künstlerischen Wert", sagt Alexander Hoffmann. Sein zehnjähriger Neffe Adrian war gestern ebenfalls mit am Tisch. Ihn hat das Sammelfieber bereits erfasst, wenn auch derzeit vor allem mit Panini-Fußballbildern. "Mit Briefmarken habe ich ebenfalls angefangen", sagt der Bub.

Mit diesem Hobby wird er voraussichtlich in einigen Jahren als Exot gelten. Seit Jahren beklagen die Briefmarkensammler den fehlenden Nachwuchs. "Sehen Sie sich in den Clubs oder hier in der Halle um, es sind fast nur ältere Menschen", sagt Herbert Putz, und ein Kollege pflichtet ihm sofort bei. Das fehlende Interesse der Jugend an den Briefmarken lässt nicht nur die Clubs schrumpfen. "Auch die Preise sinken." Dies deshalb, da viele junge Leute die Sammlungen ihrer verstorbenen Eltern oder Großeltern verkauften, ohne zu wissen, was diese wert seien. "Früher haben die Familien die Briefmarken nicht aus dem Haus gegeben, aber seit einiger Zeit werden viele angeboten. Da wechselt manch eine Sammlung weit unter Wert den Besitzer", sagt einer der Händler. Außerdem werde mit jedem Sammler, der aufhört, der Markt kleiner. Ein anderer Händler schätzt, dass die meisten Briefmarken nur für etwa 20 Prozent des Preises zu verkaufen seien, den der Michel aufführt. Der Michel ist der größte Briefmarkenkatalog in Deutschland und so etwas wie die Bibel der Sammler.

Die meisten Sammlungen, die gestern in der Fichtelgebirgshalle angeboten wurden, befassten sich mit Briefmarken aus der Bundesrepublik Deutschland, der DDR, Berlin und dem Dritten Reich. Der Rehauer Herbert Putz etwa hat "Deutschland komplett". "Das sind etwa 3000 Briefmarken."

Warum jemand über Jahrzehnte einen Gutteil seiner Freizeit dafür aufwendet, nach den quadratzentimetergroßen Papierschnipseln zu suchen, kann keiner der Sammler, die gestern in Wunsiedel fachsimpelten und tauschten, schlüssig erklären. Werner Novatius etwa hat die Leidenschaft als Kind gepackt und nie wieder losgelassen. "Seit 52 Jahren bin ich Sammler. Ich hatte das Glück, dass mich der einstige Wunsiedler Briefmarkenpapst Robert Künzel in die Kunst des Sammelns eingeführt hat." Mit der Beschäftigung mit den Marken erweitere der Sammler laufend sein Wissen über die Geografie oder Geschichte.

Auch wenn am gestrigen Sonntag vor allem die älteren Semester in den Sammlungen stöberten. Novatius ist guter Hoffnung, dass zumindest in Wunsiedel der Briefmarkensammelverein eine gute Zukunft hat. "Wir haben zwölf aktive Sammler in der Jugendgruppe. Das sind die Aussteller von morgen."

(Quelle: http://www.frankenpost.de/nachrichten/fichtelgebirge/wunsiedel/art2460,1232253 )
 
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