Thema: Bund: Die fünfziger Jahre - Erfahrungsaustausch zum Sammeln in dieser Zeit
filunski Am: 10.09.2021 13:45:05 Gelesen: 3941# 4@  
@ Bendix Gruenlich [#1]

Hallo "Bendix",

könnte ein interessantes Thema werden, auf den "Stolperstrick" (Alter) wurde ja schon hingewiesen.

Ich selbst bin auch nur ein paar Jahre älter als du und erinnere mich dazu aber an eine mir bis heute in Erinnerung gebliebene Begebenheit aus meiner Kindheit.

Mit dem Sammeln fing ich an (besser wurde ich angefangen ;-)) als ich gerade in die Schule kam, das war 1964. Als Anfang bekam ich ein Abo (Bund + Berlin postfrisch, gestempelt konnte man ja aus dem Bedarf und durch Tausch bekommen). Das Abo begann natürlich 1964, aber ich bekam dann auch gleich ein Vordruckalbum zurück bis Beginn BRD dazu. Die Seiten von 1964 an zurück gehend zu füllen klappte mit Unterstützung (Oma + Opa), manchmal auch Tausch und durch mühsam über Taschengeld und Kleinjobs erspartes Geld durch Zukauf, ganz gut bis Mitte der 50er Jahre. Viele Werte davor (die Wohlfahrtsmarken, insbesondere die "Blauen", ganz zu schweigen von den Posthörnern etc.) blieben ein unerschwinglicher philatelistischer Traum. Die waren damals, gefühlt und erlebt noch viel, viel teurer als heute. Ob der Michel, bzw. die damaligen Preisnotierungen, auch zu jener Zeit schon solch ein "Märchenbuch" waren wie heute, weiß ich nicht. Zumindest hatte die Philatelie auch in der Gesellschaft einen viel höheren, bzw. überhaupt einen Stellenwert.

Dann nahm mich eines Abends, ich war vielleicht so 7 oder 8 Jahre alt, mein Vater mit zu einem Freund. Der war Rektor an einer, damals hieß das noch Volksschule, seine Frau war auch Lehrerin und die beiden waren kinderlos und lebten in einem wie ich mich erinnere recht luxuriösen Bungalow. Wir waren eingeladen, weil mein Vater ihm von meiner Begeisterung für Briefmarken erzählt hatte. Dazu wurde ich dann auch gleich von ihm befragt und dann präsentierte er mir seine "Sammlung". Der Begriff Sammlung ist leicht untertrieben und für meine damaligen Vorstellungen eröffnete sich eine neue Welt vor mir. Ich, der ich damals noch davon geträumt hatte vielleicht mal einen höheren postfrischen Posthornwert oder vielleicht eine Lübecker Marienkirche, von den blauen "Helfern der Menschheit" ganz zu schweigen, zu bekommen hoffte, bekam einen philatelistischen Schatz präsentiert, dessen damaliger Anblick noch bis heute in meinem Gedächtnis blieb.

Der Herr Lehrer hatte Bund postfrisch (**) vom ersten Tag bis zum damaligen Datum (ca. 1965/66) komplett. Aber nicht als Einzelmarken im Vordruckalbum, auch nicht als Eckrandstücke oder gar Viererblocks (man stelle sich nur mal einen postfrischen Posthornsatz in Viererblocks vom Eck vor!) ;-), nein, er hatte diese Sammlung in kompletten Schalterbögen (100er Bögen), auch die Posthörner (jeder Wert im kompletten 100er Bogen). Er holte sie aus einem Safe und ich muss damals wohl vor Ehrfurcht verstummt sein. Solch eine Sammlung habe ich danach nie mehr gesehen.

Alleine der nominale Anschaffungspreis dafür war auch damals und vorher zu den Ausgabetagen, schon ein kleines Vermögen und nur ganz wenige Sammler dürften soviel Geld dafür über gehabt haben. Zum Abschied, wohl weil er auch über meine Ehrfurcht vor dieser Sammlung, etwas gerührt war, schenkte er mir für mein Vordruckalbum, drei postfrische Marken die er "über" hatte, es waren die Mi.Nr. 113 bis 115. Auch diese waren damals für mich jenseits aller Sehnsüchte und obwohl ich mich vom postfrisch Sammeln schon seit Jahrzehnten verabschiedet habe, nehmen diese drei Marken bis heute noch einen Ehrenplatz in meiner Sammlung ein. ;-)

Damit will ich es jetzt auch gut sein lassen, bin nicht sicher, ob du diese Art eigener, erlebter Wahrnehmung, hier lesen möchtest, aber vielleicht passt es ja. ;-)

Viele Grüße und weiterhin allen viel Freude an unserem schönen Hobby,
Peter
 
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