Thema: Deutsches Reich Verschlussmarken
Postgeschichte Am: 24.05.2010 02:19:42 Gelesen: 14380# 3@  
@ roteratte48 [#7]

Hallo Rolf,

Es gab bei der Post verschiedene Fälle, in denen Postbeamte Sendungen verschließen mußten.


1. Verschluß einer Sendung zur Ermittlung des Absenders
2. Verschluß einer Sendung nach Zensur bzw. Devisenkontrolle
3. Verschluß einer beschädigten Sendung
4. Verschluß einer Sendung mit Drucksachen, Geschäftpapieren, Warenproben oder Mischsendungen nach Prüfung auf Zulässigkeit der ermäßigten Gebühr.
 



In den meisten der genannten Fällen erfolgte der Verschluß der Gegenstände mittels eines gummierten Verschlußstreifen bzw. Etikett, mit dem Aufdruck eines stilisierten Stempels. Teilweise wurde dieser zusätzlich mit Angabe von Zeichen oder des Postamtes versehen.



Hier ein solcher Verschluß vom Postamt Frankfurt am Main, Höchst.

Dieses Verschlußetikett, so möchte ich es mal bezeichnen, entspricht den von Dir in Beitrag [#7] gezeigten Stücken. Sie alle wurden in der Regel nur zu dem von mir unter Punkt 3. aufgeführten "Verschluß einer beschädigten Sendung" verwendet. Die Verschlußetiketten zu den anderen Verschlußgründen sind bekannt bzw. weichen vom Muster her ab.



Hier ein Umschlag aus Dissen am Teutoburger Wald aus dem Jahr 1962, der beschädigt wurde und vorschriftsgemäß unter Zeuge amtlich verschlossen wurde. Der gewöhnliche Brief wurde mit drei neutralen (nur mit Stern) Verschlußetiketten verschlossen. Da es sich um einen Fensterumschlag handelt und kein Ankunftstempel vorhanden ist, ist der Empfangsort nicht ersichtlich.

Ein Beispiel für den Verschluß eines Briefes der gemäß 1. meiner Aufstellung nach Öffnung zur Ermittlung des Absenders wieder verschlossen wurde, zeigt der folgende Brief. Er weist eine Fülle postalischer Besonderheiten auf, die ich gerne mal vorstellen möchte.



Der Brief ist portogerecht mit 20 Pf frankiert gewesen. Da die Marke nicht abgestempelt war, erhielt sie einen Stempel "FRANKFURT AM MAIN / Nachträglich / entwertet" Unterscheidungsbuchstaben "a" vom 13.12.63. Der Empfänger war offensichtlich nicht zu emitteln, was dem Umschlag einen Stempelabdruck auf der Vorderseite einbrachte "Empfänger in Frankfurt (Main) / ohne nähere Angabe nicht zu ermitteln". Zum Zeichen der Nachforschung wurden die Kreisstempel (A 26) mit handschriftlichem Datum 16.12. und Rechteckstempel (24) ebenfalls auf der Vorderseite abgeschlagen. Da der Umschlag keinen Absender trug, wurde er der Rückbriefstelle bei der Oberpostdirektion Frankfurt am Main übergeben. Diese öffnete den Umschlag, ermittelte den Absender (vermutlich Savignystr. .. in Frankfurt am Main), verschloß diesen mit zwei Verschlußetiketten mit der Inschrift "Zur Ermittlung des / Absenders / amtlich geöffnet / durch die / Oberpostdirektion / Frankfurt am Main" und dem Dienstsiegel "RÜCKBRIEFSTELLE DER OBERPOSTDIREKTION FRANKFURT (MAIN)". Die Rückbriefstelle sandte den Brief am 17. Dez. 1963 an den Absender mit dem schönen Hinweisstempel "Wer den Absender auf der / Außenseite angibt, vermeidet / Öffnung der Sendung und / Verzögerung ihrer Rückleitung.".

Die Verschlußmarke (so die offizielle Bezeichnung) zur Ermittlung des Absenders haben alle diesen oder einen ähnlich lautenden Text, während die Verschlußetiketten für den Verschluß beschädigter Sendungen ohne Text oder mit einer Angabe des jeweiligen Postamtes hergestellt wurden. Ich spreche deswegen von einer Verschlußetikette, da hier im Gegensatz zur Verschlußmarke der Rückbriefstelle eine Vorschrift hinsichtlich Aussehen der Aufkleber fehlt und offensichtlich den OPDen oder Postämtern überlassen wurde. Ab wann die Verschlußetiketten verwendet wurden, kann ich nicht sagen. Die Verschlußmarken der Rückbriefstellen habe ich erstmals in den Dienstanweisungen vom 1.7.1877 festgestellt.

Vielleicht helfen Dir meine Ausführungen bei der Einordnung Deiner Errungenschaften. Die Beispiele aus den 60er Jahren habe ich wegen der schönen Dokumentation der beiden Verschlüsse gewählt. Ich hätte auch welche um die Jahrhundertwende zeigen können.

Gruß
Manfred
 

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