Thema: Das Farben Thema: Farben bestimmen - aber wie ?
petzlaff Am: 21.06.2010 09:07:20 Gelesen: 121929# 3@  
@ chuck193 [#53]

Abgesehen davon ist nicht der RGB-Wert maßgeblich, sondern die Farbwirkung. Und die ergibt sich aus der Kombination chemische Zusammensetzung der Druckfarbe, der Beschaffenheit des Papiers und der verwendeten Drucktechnik. Das alles zusammen lässt sich anhand eines Scans oder Fotos nicht darstellen. Es ist tatsächlich so, dass ein und dieselbe abc-Farbe z.B. im Tiefdruck auf rauhem, gelblichem Papier ganz anders aussieht als im Offsetdruck auf gestrichenem glatten weißen Papier.

Farbtafeln sind eigentlich Unsinn, da sie die gesamtheitlich vorhandenen, den Farbeindruck ausmachenden Eigenschaften des Markenobjekts nicht wider geben können. Zur exakten Farbbestimmung hilft oft nur eine Referenzsammlung.

Sehr häufig lassen sich Farben aber auch durch andere Merkmale des Objekts zuordnen, z.B. Plattennummern auf Randstücken oder Druckplattenmerkmalen. Gelegentlich hilft auch das Ausschlußverfahren anhand der Stempeldaten oder anderer nicht farbspezifischer Merkmale wie Gummierung, Zähnung etc. Hierzu benötigt man natürlich Literatur, die oft den Rahmen eines Normalkatalogs sprengt.

Wenn man auf diese Weise eine in Frage kommende Farbe mit hoher Wahrscheinlichkeit identifiziert hat, kann man getrost im letzten Schritt durch Vergleich mit einem Farbplättchen "absichern". Aber auch hier ist Obacht geboten. Aufgrund sprachlich unterschiedlicher Bezeichnungen, sollte man immer einen Farbführer benutzen, der aus demselben Kulturkreis stammt wie die zu bestimmende Farbe, also z.B. für den englischsprachigen Raum den Stanley Gibbons, den deutschsprachigen Raum den Michel, dem mediterranen Raum z.B. den Edifil. Mittelmehrländer haben ein wesentlich breiteres Farbverständnis für leuchtende bunte Farben als ein Nordeuropäer - diese haben viel mehr Grauabstufungen in ihrer Farbpalette. Das ist kulturell und umweltbedingt und mit Sicherheit genetisch verankert. Im sonnigen Nordafrika wirken Farben halt ganz anders als im nebelig verregneten England oder im "weißen" Grönland.

Lange Jahre gab es bei uns Farbbezeichnungen, unter denen sich jeder etwas vorstellen konnte, z.B. rehbraun oder flaschengrün, chamois oder sämisch. Irgendwann in den 70er Jahren begann Michel damit, diese traditionellen Begriffe durch völlig bescheuerte Kunstworte zu ersetzen. Ich denke (und ich stehe sicherlich nicht allein mit dieser Ansicht), dass genau dadurch die heutige Verwirrung und die Suche nach einer "eindeutigen" wissenschaftlichen Farbkennzeichnung herrührt.

Eines hätte ich noch fast vergessen - das Wichtigste bei der Farbbestimmung ist die eigene Erfahrung - auch Prüfer können sich irren. Erfahrung kann man leider nicht innerhalb kurzer Zeit sammeln, dazu bedarf es leider vieler Jahre Sammelleidenschaft.

LG, Stefan
 
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