Thema: Luxemburg: Besondere Stücke der Luxemburger Wappenausgabe
marc123 Am: 12.12.2021 11:25:21 Gelesen: 5836# 24@  
Der Truppenabzug des 6. Rheinischen Infanterie-Regiments aus der Bundesfestung Luxemburg vor Beginn des Deutschen Krieges 1866
Der Spandau-Brief, ein historisches Dokument


Am 13. Juni 1866 wurde der mit einer 37½ Centimes der geschnittenen Ausgabe frankierte Brief von Luxemburg an die Militär-Schießschule in Spandau geschickt. Absender ist das Weißwarengeschäft J. C. Settegast aus Luxemburg.


Abb. 1 Der Spandau-Brief, Vorderseite, abgestempelt in Luxemburg am 13. Juni 1866


Dieser Brief wird in einem anderen Zusammenhang von Prof. Dr. Carlrichard Brühl[1] in seiner Studie über die Bundesfestung Luxemburg in einigen Sätzen beschrieben. Er erwähnt einen Brief, der im Juni 1866 an die „Militär-Schießschule“ in Spandau gerichtet wurde und "1984 in der Schweiz verauktioniert[2]“ wurde. Völlig korrekt bemerkt er, dass schon die Adresse einen Zusammenhang in Bezug auf die Bundesfestung erkennen lässt. Weiter geht er noch auf den Inhalt ein „…, dass die Spedition Settegast den Adressanten darüber informiert, dass das 6. Rheinische Regiment Luxemburg verlassen hat; die Firma bittet um Instruktion, was mit dem bei ihr lagernde Paket zu geschehen habe.“


Abb. 2 Der Spandau-Brief, Rückseite mit Eisenbahnstempel Trier-Saarbrücken vom 13. Juni und Ankunftsstempel Ausg. 15

Der Inhalt besteht aus drei Texten unterschiedlicher Schriften[3], wobei nur der erste vom Absender stammt. Die beiden anderen sind Anmerkungen von einem Preußischen Zahlmeister und einem Oberkommandanten. Der Brief ist oben und seitlich etwas verkürzt[4], so dass bei den beiden ersten Texten auf der rechten Seite und bei dem dritten links der Text nicht komplett erhalten ist.


Abb. 3 Mitteilung des Absenders


An die Militär Schiesschule

Luxemburg, den 13. Juni […]

Wir bezwecken hiermit Ihnen mitzuthei(len)

daß das mit Ihrem Frachtbriefe vom 15ten […]

hier angelangte:

IR 68 1[5] Packet Montierungsstücke M 73

sich bei uns auf Lager befindet, da das 6. Rheinische

Regiment Luxemburg verlassen hatte, als

fragl. Packet hier angelangte.

Wir erbitten demnach ihre baldigste Verfügung

dasselbe und zeichnen

Achtungsvoll

J.C. Settegast


Abb. 4 Notiz aus Spandau


Brm. [Brevi manu] An das königliche 6. Rheinische

Infanterie Regiment No. 68 zur weiter(en)

geneigten Veranlassung abzugeben.

Spandau den 16.6.66

Königl. Militair Schiess schule

Mit (?) des Regierungs-(?)

derselben beauftragt

Döning

Zahlmeister u.

(?) Ab[…]


Abb. 5 Notiz aus Oberhermsdorf


Brm. Herrn Spediteur Settegast Wohlgeboren

(Lu)xemburg mit dem Ersuchen ergebenst remittiert, das

(zur) Rede stehende Packet dem Ersatz Bataillon des 6ten

(Rh)einischen Infanterie Regiments N 68 zu Cöln, mit

(die)sem Schreiben übersenden zu wollen

[…?] Oberhermsdorf bei Dresden den 19 Juni 1866

(?)

Oberk. U. Regiments

Kommandeur

Der historische Kontext
Der Brief steht im Kontext des Deutschen Kriegs (14. Juni 1866 – 23 August 1866) zwischen Preußen und seinen Verbündeten einerseits und dem Deutschen Bund unter Führung Österreichs. Das 6. Rheinische Infanterie-Regiment erhielt am 5. Mai 1866 den Mobilmachungsbefehl.[6] Zu diesem Zeitpunkt war das Regiment Teil der Besatzungsbrigade der Bundesfestung Luxemburg. Am 8. Mai erhielt das Regiment den Befehl per Eisenbahntransport nach Konz verlegt zu werden und das Ersatzbataillon in Köln aufzustellen[7]. Eine Übersicht der Regimente in der Garnison Luxemburg hat Alex Carmes[8] zusammengestellt. Für das 6. Rheinische Infanterie-Regiment Nr. 68 werden folgende Daten für den Einzug und Abzug der Garnison Luxemburg angegeben: I. Bataillon (17.3.1864 – 13.5.1866); II. Bataillon (21.3.1864 – 14.5.1866); Füsilier-Bataillon (16.3.1864 – 15.5.1866).

Unterstellt wird das Regiment der 15. Division / VIII. Armee-Korps, der Elb-Armee, die gegen Sachsen und Österreich im Süden vorgeht.

Nach einigen Etappen fand am 18 Juni der Marsch bis Dresden; Biwak in Kesseldorf statt, der für den Kontext unseres Briefes von Bedeutung ist. Am 19 Juni war Ruhetag. Am 20. Juni fand ein weiterer March von Kesseldorf nach Weißig statt, das Füsilier-Bataillon marschierte bis Stolpen[9].

Interpretation des „Spandau-Briefs“ im Zusammenhang zum historischen Kontext
- Der Spandau-Brief datiert vom 13. Juni 1866, also genau einen Monat nach dem Verlassen der Garnison durch das I-Bataillon des 6. Infanterie-Regiments. Das Weißwarengeschäft J. C. Settegast nimmt auf den Abzug des Regiments Bezug und fragt bei der Militärschießschule in Spandau nach, wie über das Paket mit Montierungsstücken zu verfügen sei.

- Am 16. Juni wird in Spandau auf dem Brief notiert, dass er an das 6. Regiment weitergeleitet werden soll.

- Am 19 Juni wird in Oberhermsdorf[10] bei Dresden auf dem Brief notiert, dass dem Spediteur Settegast mitgeteilt werden soll, dass das Paket an das Ersatzbataillon in Köln zu schicken sei.


Das Weißwarengeschäft Settegast



Das Weißwarengeschäft wurde von Antoine-Joseph-Conrad Settegast gegründet. Nach dessen Tod am 29. November 1861 wurde das Geschäft von seiner Witwe Marie-Cécile-Settegast -Van der Noot weitergeführt. Sie verstarb am 19. November 1887. Das Geschäft wurde von ihrer Tochter Hélène Settegast weitergeführt[11].
Abb. 6 Werbeanzeige der Witwe Settegast (nach Weber 2013, 358)

Die Provenienzen des Spandau-Briefs
Der Brief hat mehrere bedeutende Provenienzen, die wir bis 1941 zurückverfolgen konnten. Besonders hervorzuheben ist, dass der Brief sich in der Generalsammlung des bedeutenden Sammlers Alfred F- Lichtenstein und der Bundesfestung Luxemburg-Sammlung von Carlrichard Brühl befand.

-Sammlung Needham[12], Harmer, Rooke & CO, 11 – 12. 12. 1941, Los 137.

-Sammlung Alfred F. Lichtenstein[13], H. R. Harmer, INC., 1737, 5 – 9. 12. 1966, Los 974.
- Willy Balasse 1158, 1978, Los 829.

-Sammlung - Isac Seligson, Corinphila 68, 25 – 30. 10. 1982, Los 5253[14].

- David Feldman SA. 37, 24 – 27. 10. 1984, Los 51049.

- Sammlung Carlrichard Brühl, Joachim Erhardt 15, 11 – 12. 4. 1986, Los 577[15].

- Sammlung „TREVI “ 3, Soluphil S. A. 33, 22. 4. 1988, Los 2566.

- Soluphil S. A. 20. 12. 2013, 121, Los 1136.

- Seit April 2015, Sammlung Marc Schaack.


[1] C. R. Brühl, Bundesfestung Luxemburg. Eine historisch-philatelistische Studie. Berliner Philatelisten-Klub von 1888, E. V. (Hrsg.), Mitteilungen N. F. 60 (Berlin 1985), 20.

[2] Hier ist wohl das weiter unten erwähnte Auktionshaus David Feldman gemeint.

[3] Für die Transkription der drei Schriften bedanken wir uns herzlich beim PhilaSeiten-Mitglied „volkimal“ (Volkmar Werdermann). Kursiv geschriebene Wörter gelten als nicht gesichert, eckige Klammern dienen als Platzhalter für fehlenden Text, Klammern mit Fragezeichen verweisen auf Wörter, die nicht entschlüsselt werden konnten.

[4] Wir besitzen eine Kopie eines Attests von René Demuth vom 20. Januar 1882. Hierin wird schon erwähnt, dass der Brief nicht mehr vollständig ist.

[5] Die Abkürzung für Infanterie Regiment 68, ist eher nicht vom Absender. Die 1 könnte für I. Bataillon stehen.

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/6._Rheinisches_Infanterie-Regiment_Nr._68 (Stand 31.5,2020).

[7] http://genwiki.genealogy.net/IR_68/Kriegsverlauf_1866 (Stand 31.5,2020). Weiter ist hier ein detaillierter Kriegsverlauf (vom 5. Mai-19. September 1866) des 6. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 68 im Feldzug gegen Österreich zu finden.

[8] A. Carmes, Die Zusammensetzung der Garnison, in: Musée d’Histoire de la Ville de Luxembourg (Hrsg.) Das Leben in der Bundesfestung Luxemburg (1815 – 1867) (Luxemburg o. J.), 102.

[9] http://genwiki.genealogy.net/IR_68/Kriegsverlauf_1866 (Stand 31.5,2020).

[10] Oberhermsdorf ist nur ca. ein Kilometer vom weiter oben erwähnten Kesseldorf entfern, wo sich das Regimet am 19. Juni befand.

[11] J. Weber, Familien der Oberschicht in Luxemburg. Elitebildung & Lebenswelten 1850 –1900 (Luxemburg 2013), 357 – 358.

[12] Auf dem Brief handschriftlich vermerkt „Needham Harmer Rook DE 1941 DN MH“.

[13] Im Katalog wird vermerk: „Ex Needham Coll“. Die Losnummer ist rückseitig handschriftlich vermerkt.

[14] Die Losnummer ist rückseitig handschriftlich vermerkt. Ab hier befindet sich die Signatur von W. Balasse unterhalb der Marke. Die handschriftlichen Nr. 45 und besonders 121und 934 auf der Rückseite verweisen auf weitere Auktionen. Weiter befindet sich ein kleiner runder Stempel mit den Initialen „J F“ im Briefinnern.

[15] Ab hier ist eine kleine Reparatur am Brief zu erkennen, die 1984 noch nicht vorhanden war.

Marc Schaack und Olivier Nosbaum


Erstveröffentlichung (leicht verändert) im DASV 519, 2020 (265-270).
Siehe auch: https://www.briefmarken-atteste.de/atteste/zeigen/1560
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/11117
https://www.philaseiten.de/beitrag/283312