Thema: Poststation 1.0: Post testet neue Automaten - gibt es dort Automaten(brief)marken?
Arndt Am: 30.12.2021 16:33:06 Gelesen: 37205# 233@  
@ Franz G. [#182]

Hallo Franz,

ich hatte schon länger einmal vor, mich in die Vertragswerke des Weltpostvereins einzuarbeiten.

Seit 1874 finden ca. alle fünf Jahre Kongresse statt, bei denen der sogenannte Weltpostvertrag jeweils angepasst und in wesentlichen Teilen neu formuliert wird. Von „Briefmarken“ war zuletzt in Art. 50 des Weltpostvertrages die Rede, der 1947 in Paris zustande gekommen ist. Seit dem Brüsseler Kongress 1952 wird anstelle des Begriffs „Briefmarke“ ständig der Begriff „Postwertzeichen“ benutzt.

Die Neufassung des Weltpostvertrages vom 07.12.2020 ist im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil II Nr. 21 vom 14.12.2020 ab Seite 1087ff. veröffentlicht worden.

Artikel 6 lautet wie folgt:

Artikel 6

Postwertzeichen

1. Die Bezeichnung „Postwertzeichen“ ist durch diesen Vertrag geschützt und ausschließlich den Wertzeichen vorbehalten, die die Bedingungen dieses Artikels und der Ergänzenden Bestimmungen erfüllen.

2. Das Postwertzeichen:
2.1 wird nach den Verträgen des Weltpostvereins ausschließlich unter der Aufsicht des Mitgliedslands oder des Hoheitsgebiets ausgegeben und in Umlauf gebracht;
2.2 ist Ausdruck der Staatshoheit und stellt einen Nachweis für die Entrichtung des seinem Wert entsprechenden Freimachungsbetrags dar, wenn es nach den Verträgen des Vereins auf einer Postsendung angebracht ist;
2.3 muss im ausgebenden Mitgliedsland oder Hoheitsgebiet zur Verwendung für Freimachungs- oder Sammelzwecke gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften in Verkehr sein;
2.4 muss allen Einwohnern des ausgebenden Mitgliedslands oder Hoheitsgebiets zugänglich sein.

3. Das Postwertzeichen umfasst:
3.1 den Namen des ausgebenden Mitgliedslands oder Hoheitsgebiets in lateinischen Buchstaben [1] oder, auf Antrag des ausgebenden Mitgliedslands oder Hoheitsgebiets an das Internationale Büro des Weltpostvereins, ein Kürzel oder Initialen, die gemäß den in den Ergänzenden Bestimmungen dieses Vertrags aufgeführten Bedingungen offiziell für das ausgebende Mitgliedsland oder Hoheitsgebiet stehen;
3.2 den Nennwert:
3.2.1 grundsätzlich angegeben in der offiziellen Währung des ausgebenden Mitgliedslands oder Hoheitsgebiets oder dargestellt durch einen Buchstaben oder ein Symbol;
3.2.2 angegeben durch andere spezifische Zeichen zur Identifizierung.

4. Die auf den Postwertzeichen abgebildeten staatlichen Hoheitszeichen, amtlichen Kontrollzeichen und Embleme zwischenstaatlicher Organisationen sind geschützt im Sinne der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums.

5. Die Themen und Motive der Postwertzeichen:
5.1 müssen dem Geist der Präambel der Satzung des Weltpostvereins und den von den Organen des Vereins gefassten Beschlüssen entsprechen;
5.2 müssen einen engen Bezug zur kulturellen Identität des Mitgliedslands oder des Hoheitsgebiets haben oder einen Beitrag zur Förderung der Kultur oder zur Erhaltung des Friedens leisten;
5.3 müssen, wenn sie dem Gedenken an dem Mitgliedsland oder Hoheitsgebiet nicht zugehörige Persönlichkeiten oder Ereignisse gewidmet sind, mit diesem Land oder Hoheitsgebiet eng verbunden sein;
5.4 müssen frei sein von politischem oder für eine Persönlichkeit oder ein Land beleidigendem Charakter;
5.5 müssen von großer Bedeutung für das Mitgliedsland oder das Hoheitsgebiet sein.

6. Postfreimarken, Freistempelabdrucke und mittels Druckerpresse oder anderer Druck- oder Stempelverfahren hergestellte Abdrucke, die den Verträgen des Weltpostvereins entsprechen, dürfen nur mit Genehmigung des Mitgliedslands oder des Hoheitsgebiets verwendet werden.

7. Vor Ausgabe von Postwertzeichen unter Verwendung neuer Materialien oder neuer Technologien teilen die Mitgliedsländer dem Internationalen Büro die notwendigen Informationen bezüglich deren Vereinbarkeit mit der Funktionsweise der Maschinen zur Bearbeitung der Post mit. Das Internationale Büro informiert die anderen Mitgliedsländer und deren benannte Betreiber darüber.

Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil II Nr. 21, ausgegeben zu Bonn am 14. Dezember 2020 1093
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[1] Eine Ausnahmeregelung wird dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland als Land, in dem das Postwertzeichen erfunden wurde, zuerkannt.




Was die Automatenmarken angeht, hatten sie immer schon eine gewisse Sonderstellung. Sie werden mindestens seit 1986 offiziell als „Postfreimarken“ bezeichnet und sind als solche den Postwertzeichen immer schon gleichgestellt worden. So lautet etwa Art. 28 des Weltpostvertrages in der Fassung vom 01.01.1986 (siehe Bundesgesetzblatt Jahrgang 1986 Teil II Nr. 4 vom 31.01.1986 ab Seite 241 ff):

Artikel 28

Arten der Freimachung

1. die Freimachung erfolgt auf eine der folgenden Arten:

a) im Einlieferungsland gültige Postwertzeichen, die auf der Sendung aufgedruckt oder aufgeklebt seinen können;

b) Postfreimarken, die durch von den Postverwaltungen aufgestellte Automaten abgegeben werden;

c) Stempelaufdrucke der amtlich zugelassenen und unter unmittelbarer Aufsicht der Postverwaltung arbeitenden Freistempelmaschinen….


Ich denke, dass § 43 Abs. 1 Satz 1 des Postgesetzes, wonach die Befugnis, Postwertzeichen mit dem Aufdruck "Deutschland" auszugeben und für ungültig zu erklären, dem Bundesministerium der Finanzen vorbehalten ist, sicherstellen will, dass die gestalterischen Vorgaben, die an Postwertzeichen im engeren Sinne (siehe Art. 6 Ziffer 5 des Weltpostvertrages in der derzeit geltenden Fassung) gestellt werden, eingehalten werden.

Postfreimarken, für die nach ihrer systematischen Stellung Art. 6 Ziffer 5 des Weltpostvertrages nicht gelten dürfte, dürften von § 43 Abs. 1 S. 1 des Postgesetzes nicht erfasst werden. Zum einen benutzt der Weltpostvertrag für sie gerade nicht die Bezeichnung “Postwertzeichen“, sondern die Bezeichnung „Postfreimarken“; zum anderen ist jedenfalls auf den Postfreimarken, die von den Poststationen abgegeben werden, der Aufdruck „Deutschland“ nicht zu finden. Der Begriff „Deutsche Post“ steht dem wohl nicht gleich.



Zusammenfassend lässt sich folgendes sagen:

Der Begriff „Briefmarke“ taucht nach meiner Recherche in den „Vertragswerken des Weltpostvereins“ nach 1947 nicht mehr auf.

Meines Erachtens handelt es sich nach der spätestens seit 1986 geltenden Definition bei den Poststationsmarken um Postfreimarken, weil sie durch von den Postverwaltungen aufgestellte Automaten abgegeben werden.

Was die allgemeine Verfügbarkeit angeht, stehen die Poststationsmarken den „normalen“ Postwertzeichen wie schon die bisherigen Automatenmarken in nichts nach.

Was ihre Optik angeht, muss eine sogenannte Postfreimarke keine besonderen Anforderungen erfüllen. Das war schon bei den bisherigen Automatenmarken der Fall und gilt auch für die Poststationsmarken.

Wenn man die bisherigen Automaten- bzw. Postfreimarken katalogisiert hat, spricht nach alledem alles dafür, das bei den Poststationsmarken ebenfalls zu tun.

Mit besten Sammlergrüßen

Arndt
 
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