Thema: Das Geheimnis eines Briefes
Magdeburger Am: 08.01.2022 18:07:30 Gelesen: 879# 7@  
Liebe Sammelfreunde,

nach dem Harald einen sehr frühen Brief gezeigt hat, möchte mal einen zeigen, der einige 100 Jahre später geschrieben wurde und zwar am 20.09.1851 in Wien.



Adressiert wurde er an:

Ihrer Hochwohlgeboren Der Freyfrau von Gemmingen Hornberg, geborene Freiin von Horneck Weinheim, Stern Kreuzordens Dame in Neckar Zimmern Post Gundelsheim Großherzogthum Baden.

Siegelseitig befindet sich der Stempel von Mosbach 24. Sep. 51.

Hier noch der 3 seitige Brief:



Transkiption:

Liebe Mutter

Dank dir liebe Mütter für Deinen Brief vom 6 Spt den ich mit der Vollmacht welche ich gleich an August weiter schickte damit er sie an Rettich zurück ergehen läßt, gleichzeitig erhielt. Hoffentlich hat sich das Wetter in Zimmern nun doch geändert, denn nach Deinem Brief und dem des Rettich sind wir sehr zu bedauern, denn das ist ja ein fürchterliches Jahr. -
Unendlich erfreut bin ich das Dir der Aufenthalt in Heidelberg so nach Wunsch ausfiel, wenn das Wetter sich nicht günstiger gestaltet so wirst Du doch wohl kaum die Freude haben Freybergs bei Dir zu sehen.
Hat Freyberg das Gut bei Augsburg schon gekauft? Bitte sag dem Herrn von Rachnitz viele Empfehlungen und ich lasse ihm vielmahls Danken für die türkischen Pistolen welche er so gut war uns zu überbringen; mich freut dies nicht nur in meinem Interesse sondern auch weil es wirklich ein Triumpf für Dich ist sie heraus bekommen zu haben, danke vielmahls. Wie geht es denn dem Herrn von Racknitz. Grüße mir auch die Babstädter mich freut sehr sein Wunsch in Erfüllung gegangen ist. Der Onkel Louis ist also wieder zu Hause, er schrieb mir bevor er von Ischl weg ging, so gerne er nach Wien gekommen

wäre der gute Onkel kam doch nicht dazu, mich hätte es sehr gefreut, seinen Briefen nach ist er höchst entzückt von unserm Kaiser und dem ganzen Hof. Hier ist es recht langweilig der Winter naht mit Riesenschritten, es regent fortwährend in dem Monate ist noch kein Tag vielmehr keine Nacht ohne Regen vergangen; aber wir waren doch 3 Tage im Lager und der Kaiser mit uns, es ergaben sich einige schöne Momente in den 3 Tagen, das letzte Manöver kommandirte der Kaiser selbst, die Abende brachten wir immer fast sämmtliche Cavallerie Offiziers beisammen bei einem Standand frißt das Wach Feuer zu trotz Regen und Kälte, da wurde Klüwein gemacht; einmahl brachten wir auch unsern Generäls mit uns jeder mit einem Glas in der Hand Seiner Majestät ein Vivat bei seinem Zelt, worauf der Kaiser heraus kam und in einigen recht freundliche Worten seinen Offiziers dankte. Trotz der nähe Wiens war das Lager sehr solid und gar nicht kostspielig es war rein nicht Gelegenheit Geld auszugeben wir hatten kaum etwas zu essen und was da war, war ganz erbärmlich schlecht; ich glaube es hat sich jedes Regiment darauf verlassen das es in der nähe von Wien gar nicht an Markedentern fehlen kann. Unsere Uniformen haben einigen Schaden gelitten. Jetzt sollten wir noch zu Hause in größeren Körper Exzerzieren aber bei dem schlechten Wetter ist es beinahe zum Versinken auf den Exzerzierplätze ich warte nun noch mit Sehnsucht auf helle Momente zu erwischen um noch ein paar Reit Partien zu machen in

(Grüße mir Freybergs und Reinhardt vielmahls)

der schöne Umgebung von Wien die ich eigentlich viel zu wenig genossen habe, der Dienst mehrt sich von Tag zu Tag die Zeit vergeht uns allen schnell, aber mir wünschten doch recht shr von hier weg zu kommen, aber vor der Hand haben mir noch wenig Aussicht darauf, hier wird es auch mit einer Urlaubsbewilligung einige Schwierichkeiten haben, aber ich hoffe im Januar oder Februar denn im Frühjahr wäre es mir auch am Liebsten, um einen Urlaub ansuchen zu können. Leider noch lange keine Aussicht zum Rittmeister, die Großen versprechen leicht gaben Hoffnung machen eim das Herz schwer und vergessen aber auch eben so schnell auf ihr Versprechen, und trotz dem das ich jetzt in Wien in der Nähe von den Herrn sitze hab ich nicht das Glück wie Andere mich den Herrn mehr Nähern und gewisser Maßen aufdringen zu können. Das versteht der Edelsheim, aber ich bin z(...) oder vieleicht zu wenig Politisch ihn da um seinen Be(…) zu bitten. Karl Sturmfeder sah ich letzhin zufällig ... einen Moment, er befindet sich wohl; aber hat sich so verändert das ich ihn nicht mehr erkannte er mich aber schon gar nicht. Onkel Dalberg ist von Ischl schon wieder zu Hause aber hat seinen Rückweg nicht über hier genommen. August ist wohl wenn das Wetter anständig wäre würde ich ihn nächster Tage einmahl besuchen den er ist jetzt in der 2ten Eisenbahn Station von hier in Wagram - also nicht weit aber es regnete fort, das wäre mir aber Alles eins wenn nur in Zimmern gut Wetter würde. Adieu liebe Mutter Gott erhalte Dich recht wohl und gesund, Dein Dich herzlich liebender
Sohn Fritz Wien den 20ten September 851


Die Empfängerin ist Charlotte Anna Maria Horneck von Weinheim (02.05.1800 in Bamberg - 08.06.1863 in Neckarzimmern)
Sie ist die Tochter von
Adam Frederik Anton Freiher von Horneck-Weinheim (29.03.1766 in Bamberg - 04.08.1820 Herolsbach)
und Freiin Auguste Elisabeth Sturmfeder von und zu Oppenweiler (04.05.1781 in Oppenweiler - 18.05.1809 in Bamberg)
welche am 04.02.1799 in Oppenweiler geheiratet haben.

Charlotte heiratet am 04.05.1820 in Aschaffenburg Ernst von Gemmingen-Hornberg (21.11.1794 in Heilbron - 23.02.1838 in Mannheim) [1]
Er ist der Sohn von
Freiherr Ernst von Gemmingen-Hornberg zu Michelfeld (11.02.1759 Celle - 03.03.1813 Mannheim) [2]
und Henriette von Holle (1771 - 1814)

Der Schreiber des Briefes ist Charlottes Sohn Friedrich von Gemmingen (15.12.1823 - 29.12.1882 in Stuttgart) [3]
Er unterschrieb zwar mit "Fritz", was scheinbar ein beliebter Kosename für Friedrich war, wie auch hier für
Friedrich Karl Eberhard „Fritz“ von Gemmingen-Hornberg

Der Schreiber schrieb über seine Eindrücke in der österreichischen Armee und Kaiser Franz Joseph I.
Mütterlich seits von Charlotte sollte noch erwähnt werden, das eine Verwandte Maria Aloisia Freiin Sturmfeder von Oppenweiler, Erbsassin Lerch von und zu Dirmstein [5] Hofdame vom österreichischen Kaiser Franz Joseph [6] war.

Mit freundlichem Sammlergruss und Entschuldigung für die Länge!

Ulf

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_von_Gemmingen_(Grundherr)
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_von_Gemmingen-Hornberg_(Komponist)
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_von_Gemmingen_(1823%E2%80%931882)
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_von_Gemmingen-Hornberg
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Louise_von_Sturmfeder
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Joseph_I.
 
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