Thema: Verlage Deutschland
Altmerker Am: 16.01.2022 22:01:05 Gelesen: 8996# 31@  
@ Seku [#30]

Lieber Günter,

das ist eine Steilvorlage. Ich habe eine Marke zur Zeitung!



Und wenn Ihr mich noch etwas pressegeschichtlich klugscheißern lasst, dann das:

Am 4. Juni 1927 erschien auf Initiative des Rechtsanwalts Pierre Van Werveke und unter Mitwirkung von Henri Michel - der Direktion und Hauptschriftleitung am 15. Oktober 1927 übernahm - das „Grenz-Echo“. Dieser Titel war nicht neu, denn zwischen 1903 und 1914 publizierte man bereits in Welkenraedt eine Zeitung mit gleichlautendem Namen. Das Eupener „Grenz-Echo“ wurde von zahlreichen probelgisch orientierten „Neubelgiern“ unterstützt. Sie waren Einwohner des nach dem Ersten Weltkrieg von Preußen an Belgien abgetretenen Gebiets Eupen-Malmedy.

Die ostbelgische Region zwischen Eupen und Malmedy wurde 1815 auf dem Wiener Kongress Preußen zugeschlagen. 1920 erkannte man es via Versailler Vertrag, erst einmal vorläufig, wieder Belgien zu. In diesem Schwebezustand entwickelten sich in der „neubelgischen“ Bevölkerung das pro-belgische und das pro-deutsche Lager. Letzteres wurde von fünf deutsch-sprachigen Zeitungen unterstützt. Diese einseitige Meinungsmache konnte das pro-belgische Lager nicht hinnehmen. Und so hob man, als medienpolitischen Gegenpol, das „Grenz-Echo“ aus der Taufe.

Die ersten Ausgaben erhielten den Untertitel „Christliches Organ zur Förderung wirtschaftlicher Interessen der neubelgischen Gebiete“. Am 20. April 1929 wurde das Grenz-Echo Eigentum der Katholischen Partei, und von 1932 bis 1985 gehörte es der „Action Catholique“ in Verviers.

Anfangs erschien das „Grenz-Echo“ einmal wöchentlich. Zu Beginn des Jahres 1928 wurde es zur Halbwochenzeitung und Ende 1932 zur Tageszeitung. Das „Grenz-Echo“ war die erste Zeitung in deutscher Sprache, die sich zum noch weitgehend ungeliebten, weil aufgezwungenen Vaterland und zur belgischen Politik bekannte. Aber dieses kleine Stückchen Medienvielfalt war den neuen Machthabern in Berlin ein Dorn im Auge.

In der Vorkriegszeit zeichnete sich das „Grenz-Echo“ durch seine klare Frontstellung gegen den Nationalsozialismus aus, so dass die Zeitung ab dem 25. April 1933 in Deutschland verboten wurde. Nach der Befreiung der Kantone Eupen-Malmedy-St.Vith durch die Amerikaner und der Wiederherstellung der belgischen Staatshoheit erschien das „Grenz-Echo“ erstmals wieder am 24. März 1945. Seit den Nachkriegsjahren und bis heute hin versteht sich das heutige „GrenzEcho", einzige deutschsprachige Tageszeitung Belgiens, als Sprachrohr der deutschsprachigen Bevölkerung Belgiens. Gedruckt wird in der hauseigenen Druckerei vor den Toren der Stadt.

Eine Tageszeitung für eine Minderheit von 80.000 deutschsprachigen Belgiern herauszubringen birgt ein hohes unternehmerisches Risiko. Von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist die geografisch günstige Lage des Medien-Unternehmens im Dreiländereck. „Wir sind Euregio-Maas-Rhein-orientiert, machen jeden Tag eine Seite über die Euregio, das heißt Lüttich-Maastricht-Aachen. Da sind wir täglich präsent. Wir sind absolut europäisch orientiert,“ heißt es aus dem Medienhaus.

Politisch unabhängig, der Toleranz verpflichtet agiert die Tageszeitung am Schnittpunkt der germanischen und romanischen Kultur und Sprache täglich außer sonntags mit einer verkauften Auflage von 11.500 Exemplaren.
 
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