Thema: Hüllen und Verpackung im Post-Shop
stephan.juergens Am: 12.07.2010 22:54:34 Gelesen: 10649# 13@  
@ DL8AAM [#9]

Vorab:

a) Ich sammele keine Briefmarken. Ich bin Philatelist mit dem Schwerpunkt Ganzsachen und einem gesteigerten Interesse an Stempeln und Postgeschichte.

b) Ich halte solche Briefhüllen - insbesondere aus dem Blickwinkel der modernen Postgeschichte - durchaus für sammelswert. Allerdings glaube ich, dass auch in den verschiedenen Unternehmen, die aus dem hervorgegangen sind, was sich früher die Deutsche Post war, niemand mehr den Überblick hat, was es dort alles gibt. Dort macht jeder Unternehmenszweig das was er will.

Zum Eigentlichen: Ich hatte einen Satz aus der Definition der Ganzsache zitiert, wie sie im Vorwort eins halbwegs aktuellen Ganssachenkatalogs (Michel Deutschland 2007) zu finden ist, und daraus geschlossen, dass, wenn der oben gezeigte Umschlag je in diesem Katalog auftaucht, dann nur im "Anhang". Ich mag mit dieser Einschätzung falsch liegen.

Denn: Das was im Ganzsachenkatalog Deutschland auftaucht, und was nicht, ist m.E. noch stärker von kommerziellen Interessen gesteuert, als die Entscheidung, welche Informationen in den "Deutschland" wandern und welche es exklusiv im "Deutschland Spezial" gibt. Ein Beispiel: In Bayern hat es Telefonbilletts gegeben, mit denen man dann am Postschalter die auf dem Postamt geführten Telefonate bezahlen konnte. Im Ganzsachenkatalog 1980 gibt es diese Billetts noch nicht. Dies stimmt mit der Definition aus dem Vorwort, dass Ganzsachen "mit vorauszubezahlenden Wertzeichen bedruckte Umschläge, Streifbänder, Kartenbriefe, Postkarten, Postanweisungen" sind. Darüberhinaus kämen folgende Arten seltener vor: Faltbriefe (= Aerogramme), Telegrammblätter und Paketkarten. Diese Liste war als vollständige Aufzählung formuliert. Es gibt kein "z.B." oder sonstige Hinweise, dass diese Liste Lücken aufweist.

Dass dann in den Jahren bis 1999 (die Kataloge dazwischen habe ich nicht, kann deshalb keine Aussagen über die Entwicklung machen) eine Überarbeitung der Definition stattfand, welche z.B. die Aufnahme der Telefonbillets ermöglichte, ist weder der Redaktion noch dem Verlag vorzuwerfen. Was ich Ihnen allerdings vorwerfe, ist dass sie sich an Ihre eigenen Definitionen nicht halten. Wenn man die Telefonbillets aus Bayern aufnimmt, muß man auch die Telefonkarten zumindesten aus den Zeiten der Deutschen Post mit aufnehmen. Die Telefonkarten der Telekom gehören hier natürlich nicht rein, weil es sich da ja um ein "Privatunternehmen" und nicht um die hoheitliche Post handelt.

Das die modernen Telefonkarten und die alten Telefonbilletts anders entwertet wurden, kann ja nicht als Kriterium, ob man das in einen Katalog aufnimmt herangezogen werden. Und das man durch die Aufnahme der Telefonkarten in den Ganzsachenkatalog einen eigenen Telefonkartenkatalog überflüssig macht kann ebensowenig ein Argument sein, als dass die wenigsten Ganssachensammler auch Telefonkarten sammeln. Sonst könnten wir ja auch - z.B. Böhmen und Mähren oder die DDR aus dem Deutschlandkatalog herausnehmen. Die wenigsten Bund-Sammler sammeln diese Exoten. :-)

Kurz: Was ich sammele, lass ich mir vom Vorwort des Kataloges nicht vorschreiben. Was mich nur stört, ist, wenn sich ein Katalog nicht an die eigenen Regeln hält. Oder andersrum: Dort wo man sie bricht ist man dann nicht konsequent. In italienischen Ganzsachenkatalogen finde ich ganz problemlos Formulare, die an die Soldaten für die Feldpost ausgegeben wurden. In einem deutschen Katalog können diese nicht aufgenommen werden, weil Ihnen ja keine bezahlte Dienstleistung zu Grunde liegt. Darf ich diese nun sammeln oder nicht?

Im Europa-Ganzsachenkatalog steht explizit, dass nur Ganzsachen aufgenommen werden, die amtlich herausgegeben sind. Trotzdem gibt es dort seit Jahren zwei Ganzsachen, die von Privat in Auftrag gegeben wurde. Diesen "Fehler" korrigiert man nicht, weil er schon von Ascher begangen wurde.

Dies führt interessanterweise dazu, dass diese beiden Privatganzsachen in Deutschland teurer gehandelt werden, als erheblich seltenere Stücke. Dass der Bearbeiter des Europa-Ganzsachenkatalog den aktuellen Forschungsstand des Heimatlandes diese Ganzsachen kennt, kann ich u.a. schon aus der Preisentwicklung, die manche Ganzsachen erlebt haben, beweisen.

Ich mache jetzt Schluß. Ich denke jeder Philatelist hat seine Sachen, wo er sich über den ein oder anderen Katalog geärgert hat. Und die Bibel ist insbesondere Michel schon seit Jahren für mich nicht mehr.

Mit Sammlergrüßen
Stephan
 
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