Thema: Poststation 1.0: Post testet neue Automaten - gibt es dort Automaten(brief)marken?
Arndt Am: 08.05.2022 16:22:49 Gelesen: 30213# 245@  
Hallo allerseits,

zwar hat Stefan auf den Beitrag von Vernian schon geantwortet, aber ich möchte auch noch gerne einige Anmerkungen machen.

Im Heft November/ Dezember 2008 des von ihr selbst herausgegebenen Philatelie -Journals "postfrisch" hat die Deutsche Post Philatelie auf Seite 30 geschrieben:

Nach Definition des Weltpostvereins sind ATM Briefmarken, die erst kurz vor der Ausgabe an den Kunden noch im Automaten einen Wertaufdruck bekommen und damit zu gültigen Postwertzeichen werden.

Dass sich die Deutsche Post AG seinerzeit auf den Weltpostverein berufen hat, ist nicht verwunderlich. Denn Deutschland wird zwar im Weltpostverein vom Wirtschaftsministerium vertreten, welches dabei von der Bundesnetzagentur unterstützt wird. Zur Wahrnehmung der vertraglich vereinbarten betrieblichen Rechte und Pflichten im Rahmen des Weltpostvertrages hat die Bundesregierung aber die Deutsche Post AG (DP AG) als sog. Betreiber benannt.

Im Beitrag [#233] hatte ich bereits ausgeführt, dass nach dem geltenden Weltpostvertrag wohl bei allen deutschen ATM inclusive den Poststationsmarken davon auszugehen sein dürfte, dass es sich um sog. Postfreimarken handelt.

Im Heft 5/2022 des Briefmarkenspiegels, der die deutschen Poststationsmarken bislang ignoriert, dafür aber im Heft 3/2022 die ganz ähnlich aussehenden österreichischen bzw. Wiener Versandstationsmarken unter der Überschrift Automatenmarken vorgestellt hat, ist nun ein Beitrag veröffentlicht worden, in dem die Zuordnung der verschiedenen Briefmarkenarten thematisiert wird.

Der Autor stellt darin die lizenzierten Postwertzeichen "Deutschland" den anderen Marken gegenüber: Wertzeichen der Konkurrenzunternehmen der Deutschen Post, Marken individuell, Internetmarken, Schalterlabel und die ATM 10. Bei letzteren handele es sich richtigerweise um Privatpost-Ausgaben der Deutschen Post AG. Bei den selbstklebenden Marken des ABAS-Betriebsversuchs habe schließlich auch niemand von "Briefmarken" gesprochen.

Bei diesem neuerlichen, etwas aus der Zeit gefallenen Versuch, die selbstklebenden Automatenmarken mit Matrixcode zu diskreditieren, könnte man vieles richtig stellen.

Ich möchte mich auf 2 Punkte beschränken:

Soweit der Autor gleichsam die hoheitlichen ("lizenzierten") "Deutschland"-Marken den anderen gegenüberstellt, wird verkannt, dass es "amtliche" Wertzeichen überhaupt nicht mehr gibt. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sieht die Postwertzeichen seit der Neuordnung des Post- und Telekommunikationswesens nicht mehr als "amtliche" Wertzeichen im Sinne von § 148 StGB, sondern als Urkunden an, die als sog. Inhaberpapiere im Sinne des § 807 BGB einen Anspruch auf Beförderung der Postsendung im Umfang des aufgedruckten Werts verkörpern und und die insoweit zu Beweiszwecken eine entsprechende Gedankenerklärung des Ausstellers (die entsprechende Beförderungsleistung gegenüber jedem schuldbefreiend erbringen zu wollen, der gültige Briefmarken in Höhe des vorgesehenen Leistungsentgelts auf die Postsendung klebt) perpetuieren (BGH Beschl. v. 30.01.2019, AZ.: 4 StR 385/18).

Im Übrigen wird im Matrixcode der selbstklebenden Automatenmarken das Postunternehmen mit den Buchstaben „DEA“ angegeben. Dabei stehen nach der eigenen Erklärung der Deutschen Post AG die beiden Buchstaben "DE" für die internationale Kennzeichnung Deutschlands und das "A" für die Deutsche Post.

Ob der Autor des Artikels wohl jemals einen solchen Matrixcode ausgelesen hat ?

Man muss die Poststationsmarken ja nicht schön finden und sie auch nicht sammeln.

Ihnen aber ihre Briefmarkeneigenschaft und die Bezeichnung als deutsche Automatenmarken bzw. Postfreimarken abzusprechen, ist unter den geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen schlichtweg falsch.

Dass man sie wie schon die ATM 10 bei der Versandstelle für Sammlermarken nicht bestellen kann, ist ärgerlich, aber sicher kein Grund, sie totzuschweigen. Was der Deutschen Post AG offenbar (ganz) recht ist, sollte der Michel-Redaktion und dem Briefmarkenspiegel nicht billig sein - sauberer Journalismus sieht anders aus.

Allseits noch einen schönen Sonntag
Arndt
 
Quelle: www.philaseiten.de
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