Thema: Abenteuer auf der Reise – Auge in Auge mit der örtlichen Postverwaltung
Bendix Gruenlich Am: 03.06.2022 19:33:35 Gelesen: 6937# 23@  
Wenn man schon mal in Schweden ist, was liegt da nahe? Genau: ein Besuch Norwegens. Also auf nach Oslo, der unaufgeregten Hauptstadt Norwegens.
Hauptstadt = Hauptpost = Philatelieschalter = beste Bedienung für Sammler, so die Gleichung, die ich im Kopf hatte. Schauen wir also, ob die Erwartung aufging.

Norwegen weist eine erstaunliche Kontinuität aus, nämlich die eine der am längsten laufenden Freimarken-Zeichnungen der Welt zu nutzen - das norwegische Posthorn. Die erste Ausgabe erschien 1872, in neuer Dezimalwährung 1877 .....und die NOK-Ausgaben sind bis heute gültig. Ja, die allermeisten Marken dieses Landes sind noch oder wieder verwendbar. Ein gnädiger Gesetzgeber hat sogar verschiedene Altausgaben von 1945 und davor 1981 wieder für gültig erklärt. Halleluja!

Für alle die bisher nicht an Wunder geglaubt haben, hier eine Auswahl aus 100 Jahren Posthorn....und die 0,30er, die habe ich seinerzeit in Oslo gekauft.



Was erstaunlich an Norwegen ist, ist der Wandel vom armen Agrar- / Seefahrerstaat zum superreichen Wohlfahrtsstaat – durch, na was wohl: durch Öl und Gas. Meiner Meinung nach der Rohstoff, der am schnellsten reich macht, und zwar vorurteilsfrei: unabhängig von Rasse, Geschlecht, religiöser Orientierung oder Intelligenz. Man muss nur das Glück haben auf einer Gas- / Ölblase zu leben.

Aus der Beute vom Postbesuch zwei bemerkenswerte Heftchen (Auflagen ca. 1,2 Mio).

Erst einmal etwas mit - für meinen Geschmack - sehr konventioneller Zeichnung: 350 Jahre Postdienst in Norwegen. Mir gefallen die Zitate der Postbeförderung: ob per Läufer, Zug, Rad, Flugzeug, die Post bringt‘s - über Berge, das Meer, auch an ferne Orte. Eine tolle logistische Leistung – die Post überwindet alle Hindernisse und verbindet Menschen.



Höhepunkte der norwegischen Nachkriegsgeschichte - künstlerisch für meinen Geschmack schon ansprechender. Darunter 1971: Eröffnung des ersten Ölfeldes: Ekofisk (müsste eigentlich auf Echtgoldfolie gedruckt sein). Also acht Marken für 40 Jahre Landesgeschichte. Information noch kompakter? Geht kaum.



Folge dieses Reichtums ist ein - selbst für skandinavische Verhältnisse - atemberaubendes Preisniveau. So schafft es Oslo kontinuierlich zusammen mit Tokio und Zürich auf die vordersten Plätze der Städte mit den teuersten Lebenshaltungskosten der Welt.

Es kommen gar nicht so viele Marken pro Jahr heraus, ca. 25 habe ich in 1997 gezählt. In Oslos Frimerkerketj (also dem Philatelieschalter) gab es die Marken der letzten beiden Jahre.

So, ich habe aus dem Gedächtnis gearbeitet, aber siehe da, die Kaufquittung hat überlebt:



Ich wollte eigentlich noch über das Hardangervidda nach Bergen, habe das aber verworfen und auf später verschoben, weil meine Reisekasse wie Schnee unter norwegischer Sommersonne an einem Südhang dahinschmolz (kein Getränk, keine einfache Speise unter DEM 10,--. Da war ich im Restaurant - es geht auch ohne Alkohol, dachte ich – bestellte ein alkoholfreies Bier. Das kostete dann eine Mark weniger als das mit Alkohol, nämlich DEM 12,00. Hammer!). Zurück mit der Fähre nach Deutschland, Kiel.

Aber vorher noch ein Kärtchen nach Hause…. (wäre doch kein Beitrag ohne was Echtgelaufenes)



Und hier kurz mal ein Aspekt zur Auflage: Der König wurde 6,374 Mio. mal gedruckt. Deutschland hat 14,8 mal so viele Einwohner wie Norwegen. Dann rechnen wir das mal hoch - das entspräche einer Auflage in Deutschland von ca. 89 Mio. Stück (in Deutschland üblich waren seinerzeit ca. 30 Mio, für Sondermarken ohne Zuschlag). Selten ist die Marke also nicht – aber Sie passte wunderbar auf den sommerlichen Kartengruß (als ob man selbst von der Yacht herunter jovial grüßen würde).

Die Rückkehr nach Deutschland war hart - weil die Menschen hier hart und gnadenlos sein können (da nehme ich mich selber nicht aus). 15 Minuten am Kieler Bahnhof an einem Sonntagmorgen und ich war wieder in der deutschen Realität angekommen (in Teilen rücksichtslos, im Vergleich zu Skandinavien schmuddelig und lieblos, jede Menge Angetrunkene - am Vormittag. Ich hab geschluckt!).
 
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