Thema: Österreich Belege: Nach- bzw. Weiterfrankaturen der klassischen Ausgaben 1850-1867
bignell Am: 05.07.2022 20:57:13 Gelesen: 1770# 1@  
Österreich Klassik: Nach- bzw. Weiterfrankaturen

Liebe Freunde,

Dr Ferchenbauer schreibt in seinem Handbuch (Band II Seite 387):

Demnach fällt bei (allenfalls auch mehrfachen) Nachsendungen im Inland bei einem bereits für eine ursprüngliche Destination in der 3. Entfernungszone ordnungsgemäß frankierten Brief kein weiteres Porto und auch keine Zutaxe an. Lag der ursprüngliche Bestimmungsort in der 1. oder 2. Entfernungszone, dann wird bei Überschreitung der Zonengrenze der auf die weitere Entfernung entfallende tarifmäßige Portobetrag nur als Nachtragsporto ohne Zutaxe eingehoben, sofern eine ursprünglich ausreichende Frankierung vorlag... Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Frankobriefen wurden bereits bei der Aufgabe nicht oder nicht ausreichend frankierte Briefe (Portobriefe) bei Nachsendung an eine andere Destination zu Abzugsbriefen."

Und auf Seite 389:

Keine Nachsendung im vorbeschriebenen Sinn lag dann vor, wenn der Brief bei oder nach der Zustellung eröffnet wurde; in diesem Falle hatte die Erstfrankatur ihren Sinn erfüllt, beim Weiter-Versand war eine gänzliche Neufrankierung erforderlich geworden.

Bzgl Abzugsbriefe auf Seite 498:

Gleiches gilt, wenn ein derartiger Portobrief an eine andere Destination weiter gesendet wurde. Hierbei konnte sich (bis 31.12.1865) die auf dem Portobrief aushaftende Gebühr bei Nachsendung in eine weitere Distanzzone (durch das nunmehr höhere Fehlporto) noch erhöhen. Auch bei mehreren Nachsendungen eines Portobriefes war dieser aber stets nur mit einer einzigen Zutaxe (pro Gewichtsstufe) behaftet.

Nach so viel Theorie nun etwas Praxis.



Dieser Brief wurde 1863 von Pola (Pula) nach Triest geschickt und mit 10 Kreuzer richtig freigemacht (Pula - Triest Luftlinie 87 km, somit innerhalb der 2. Entfernungszone), allerdings befand sich die Person offenbar in Graz ("Hotel zum Elefanten" am ehemaligen Murplatz, heute Südtirolerplatz), deshalb Nachtragsporto von 5 Kreuzer für die 3. Entfernungszone (Pula - Graz Luftlinie über 270 km, also 15 Kreuzer minus der bereits frankierten 10 Kreuzer). Hier scheint alles korrekt gelaufen zu sein.

Wie sieht es jedoch hierbei aus:



1855 unfrankiert von Carlsbad nach Lemberg (Luftlinie fast 800 km, also 3. Entfernungszone) gesendet, ob der Absender hoffte, dem Empfänger Le Comte Roman Karnicky würde Portofreiheit zugestanden (was sicher nicht der Fall war) oder er einfach nicht zahlen wollte, sei dahingestellt.

Der Empfänger war jedoch in Drohobytsch (Luftlinie 66 km von Lemberg, also eine Entfernungszone), und es wurde eine 3-Kreuzer-Marke zufrankiert (der Carlsbad-Stempel liegt unter der Marke, also kann diese nur in Lemberg appliziert worden sein).

Wenn ich aber die Beschreibung von Dr. Ferchenbauer richtig verstehe, war das - obwohl Abzugsbrief - nicht notwendig, da in Lemberg 12 Kreuzer Porto (9 Kreuzer Nachtax, 3 Kreuzer Zutax) angefallen wären, und in Drohobytsch dasselbe gegolten hätte. Taxvermerk "12". Warum also die 3-Kreuzer-Marke? Kann mir das jemand erklären?

Vielen Dank,
harald
 
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