Thema: Ukraine: Philatelie im 3. Jahr von Putins Angriffskrieg
Bendix Gruenlich Am: 30.07.2022 14:00:05 Gelesen: 17010# 90@  
Wenige Dinge haben mich bisher so geärgert wie der Angriff der verbrecherischen russischen autokratischen Geheimdienstdiktatur auf den 40 Millionen-Staat Ukraine.

Das ist vielleicht gar nicht die Kriegshandlung alleine selbst, da erinnere ich mich eines Bismarck-Wortes (Fortführung von Politik mit anderen Mitteln) und mache mir keine Illusionen über die menschliche Natur. Sondern es ist der Angriff auf die Freiheit (in Russland und der Ukraine), die Intensität des Terrors, dass sich In-den-Dienststellen des offenkundig Bösen für eine Hand voll Rubel oder aus blöder Lust an Gewalt.

Wer ist da noch sicher?

Deswegen habe ich (nachdem klar war, dass die Kasse der Post dem Russen nicht sofort in die Hände fällt) Anfang März massiv bei Ukrposhta bestellt.

Das ist aber schiefgegangen. Die seinerzeitige Bestellmaske soll durch eine Hackerangriff zerstört worden sein. Auf alle Fälle ist sie abgestellt (sehr schade, sie war nicht topmodern, der Auftritt hat mir aber gut gefallen, und es ging einige Jahre zurück, was das bestellbare Material angeht - immer vorteilhaft bei inflationären Währungen wie der ukrainischen).

Im Mai / Juni war ich immer mal wieder auf der website. Und ich konnte sehen, man hat einen neuen Auftritt gebastelt.

Verkauft werden neueste Marken und offenbar das, was noch an altem Material aus den letzten Jahren vorhanden ist.

Viel Neues kommt nicht heraus. Seit Kriegsbeginn habe ich vier Ausgaben gezählt:

a) die Marke mit dem Soldaten und dem Schiff und der obszönen Geste
b) die Marke mit dem Soldaten ohne Schiff (kam nach der Versenkung der Moskwa raus - Witz haben Sie, die Ukrainer, das muss man Ihnen lassen)
c) Ukrainischer Traum - eine liebenswerte (weil farben- und lebensfrohe, kriegsfreie) Zeichnung eines Mädchens
d) Und jetzt - habe ich gerade entdeckt – „Guten Abend, wir sind aus der Ukraine“, Motiv: Trecker, der bei Dämmerung einen Panzer abschleppt



Die Auflagen wurden deutlich erhöht und liegen statt um die 100.000 für Marken im Inlandstarif oder 20.000 für Gedenkblocks vor dem Krieg, bei zwei bis drei Millionen für die Neuausgaben.

Die neuen Marken sind rasch vergriffen, den ukrainischen Traum habe ich glatt verpasst.

Von den neuesten konnte man immer nur einen Bogen bestellen, von den anderen Ausgaben bis zu 50 oder 100 Stück auf einmal.

Aber ich wollte erst einmal den Erfolg meiner ersten Bestellung abwarten.

Die Bestellung selbst war kinderleicht und stabil. Ruckzuck war der Warenkorb voll, er hat sich auch nicht unbeabsichtigt geleert, wie mir das schon bei mancher ausländischen Website geschehen ist. Habe einfach mal alles angeklickt, was mich angesprochen hat. 40 verschiedene Sachen, werden auf lediglich drei Seiten angeboten (das war vor dem Krieg wirklich reichhaltiger, aber man musste wohl improvisieren).

Ein paar begleitende Umschläge und Postkarten mit passenden Motiven werden zum wirklich kleinen Preis (Karte EUR 0,25, Umschlag EUR 0,18) angeboten. Hätte da gerne vorratsmäßig beim „Ukrainischen Traum“ für meine Bedarfspost zugeschlagen, war aber leider zu spät.

Dann wird nur das notwendigste an Adresse eingegeben. Knopf drücken, Kreditkartenfenster poppt auf, Daten eingeben. Fertig. Rechnung kommt per e-mail.

Transportgebühren sind USD 6,00 umgerechnet in UAH. Man hat die Möglichkeit zusätzlich einen Betrag zu spenden (für die Armee), man muss es aber nicht. Dann habe ich gewartet. Nun, diesmal war die Kreditkartenabrechnung umgehend sichtbar. Am 18.06. hatte ich bestellt, am 28.06. hat Ukrposhta die Sendung auf den Weg gebracht. Am 18.07. hat mein Postbote an meiner Tür geklingelt (kam als Einschreiben, A5-Umschlag.).

Leider war ich an dem Tag Arbeiten. An der Benachrichtigung konnte ich schon sehen. mein Staat will Geld von mir. EUR 17,48 Einfuhrabgaben und DHL EUR 6,00 Ausgabepauschale. Natürlich war die Sendung falsch tarifiert (im Zweifel gegen den Abgabepflichtigen), der Zoll hat 19% berechnet statt 7% für Briefmarken. Ist aber auch Ukrposhta Schuld, die haben das als „Mark’s shop products“ bezeichnet was übersetzt bedeutet „Produkte aus dem Shop einer Person, die Mark heißt“.

Jetzt wollte ich natürlich wissen, ob alles drin war, was ich bestellt hatte. Die Öffnungszeiten der Post waren auf der Benachrichtigung angegeben (bis 18h30 - leider zwingt mich die Struktur meiner Schlafstadt immer kilometerweit zu fahren, um mal zur „Hauptpost“ zu kommen). Hätte mich gefreut, die hätten es in meiner Agenturfiliale deponiert.

• Am Tag 1 nach der Benachrichtigung konnte ich mir nicht freimachen
• Am Tag 2 wartete ich zwei Stunden auf einen Zug, der mich von Düsseldorf nach Hause bringen sollte, als er endlich kam, war die Post nicht mehr zu erreichen
• Am Tag 3 stand ich um 17h10 vor der Post, um festzustellen, dass die wegen Personalmangels die Öffnungszeiten (Überraschung!) auf 17h00 verkürzt haben. Habe furchtbare Verwünschungen ausgestoßen.
• Am Tag 4, mittlerweile zur Überzeugung gekommen, dass auf der Bestellung ein Fluch liegt, habe ich mir dann entschlossen mittags frei gemacht (sicher ist sicher). Bin bei Zeiten angekommen, habe mich in eine lange Schlange eingereiht und musste mit ansehen, wie eine Person vor mir sieben Einschreiben eigenhändig Rückschein mit Labeln freimachen ließ (für mich die pure Folter, was wäre da an Marken möglich gewesen - ist auch nicht modern, Freimachung am Schalter war ja vor 1840 üblich, aber alles kommt ja wieder).

Habe brav meine Abgaben gezahlt (mal gucken, ob ich noch die Rechnung ggü. der Zollverwaltung wieder aufmache) und die Beute nach Hause geschleppt (habe noch Glück gehabt, hinter mir standen nachher 20 Leute). Die Lieferung selbst war tadellos.

So, dann hätte ich dann meinen Beitrag für Juni erbracht, und die Spendenvignetten, pardon, die Briefmarken, kommen ins Album. Man kann auch direkt spenden, z.B. auf der website der Nationalbank, auch für humanitäre Zwecke, aber steuerlich absetzen kann man die in Deutschland wohl nicht. Habe erst angefangen mich in die Materie einzuarbeiten, sieht aber so aus, als ob nur Spenden an inländische anerkannte Institutionen akzeptiert werden.

Dabei habe ich auch ein paar Marken mit Buchstaben statt Nominale gekauft. Die „W“-Briefmarken (W wohl für world bzw. USD 1,00) sind jedenfalls indexiert, da kann die lokale Inflation machen, was sie will.

Und wenn Frieden ist, dann fahre ich da hin und werde die Marken benutzen und hoffentlich ein Glas auf die Freiheit trinken können.
 
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