Thema: Poste restante in der Klassik
bayern klassisch Am: 26.08.2022 11:17:40 Gelesen: 8476# 49@  
Liebe Freunde,

da ich poste restante-Belege auch ohne bayer. Bezug ab und zu kaufe, habe ich mir diesen hier gegönnt, weil er mir sehr spannend und außergewöhnlich erschien.

Am 6.8.1859 sandte man im preussischen (Bad) Kreuznach einen einfachen, unfrankierten Brief mit folgender Anschrift ab: "Poste restante Monsieur Felix Bovet Dresde".





da ich poste restante-Belege auch ohne bayer. Bezug ab und zu kaufe, habe ich mir diesen hier gegönnt, weil er mir sehr spannend und außergewöhnlich erschien.

Am 6.8.1859 sandte man im preussischen (Bad) Kreuznach einen einfachen, unfrankierten Brief mit folgender Anschrift ab: "Poste restante Monsieur Felix Bovet Dresde".

Die Aufgabepost taxierte in der Währung der Abgabepost 4 Neugroschen mit dünner, blauer Tinte. Kreuznach belastete also Dresden mit 4 Groschen.

Am 8.8. kam er zwischen 11 und 11.30 Uhr in Dresden an und wurde unter der Nr. 1413 hinten mit Blaustift vermerkt ins Lagerbuch eingetragen. Damit galt er als zugestellt.

Dann wurde aber zeitnah "Dresde" gestrichen und durch "Herrnhut p(oste) rest(ante" ersetzt. Da der Brief als ausgeliefert galt, wurden die dünnen 4 Ngr. Preußens mit Bläuelstift und der neuen "4" übermalt und darunter "1" Ngr. Taxe angesetzt für die Strecke Dresden - Herrnhut. Dresden belastete also Herrnhut mit 5 Ngr., siehe große Bläuel.

In Herrnhut erhielt er wohl die Lagernummer 427 hinten für postlagernde Sendungen, doch scheint auch hier ein Ersuchen vorgelegen zu haben, die Briefe, auch die poste restante gestellten, nach Dresden zu leiten.

Damit exculpierte sich Herrnhut von den von Dresden geforderten 5 Ngr. und notierte vorn vor "Herrnhut" jetzt: "Abgereist von ..." und ergänzte mittig: "auf Verlangen nach Dresden Poste Restante".

Für die Zurücksendung des poste restante-Briefes forderte man aber nicht 1 Ngr. mehr, weil er ja in Dresden schon als ausgeliefert galt und Rücksendungen an den Ort der Aufgabe kostenlos waren.

Herrnhut belastete also nunmehr Dresden mit 5 Ngr. und in Dresden wurde er wohl unter der Lagerbuchnr. 6 (Bläuel hinten unter der 1413) eingetragen und später abgeholt.

2 Briefp(ost)-Ausgabestempel jeweils um 10 1/2 Uhr vom 8.8. und 9.8. verdeutlichen, wie schnell die sächsischen Postanstalten den Brief trotz Sonderdienst poste restante hin und her schickten.

Der Terminus: "Auf Verlangen nach ..." war dann anzuwenden, wenn beim Eintreffen eines poste restante-Briefes die Anweisung des Empfängers vorlag, wonach auch diese Briefe an den neuen, vom Empfänger gewünschten Ort nachzusenden waren.

Ich finde den Brief außerordentlich interessant, da er 3 mal poste restante gestellt worden war und eine Rücksendung nach einem Ort, wohin er bereits zuvor poste restante gestellt worden war, kenne ich bisher kaum.

Für Ergänzungen, Korrekturen bzw. Verbesserungen bin ich immer sehr dankbar.

Laut eines großen Sachsen-Kenners, kostete dieser Postsonderdienst in Sachsen nichts, wenn der Brief innerhalb einer Woche vom Empfänger auf der Post abgeholt wurde. Das scheint mir hier der Fall gewesen zu sein.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
Quelle: www.philaseiten.de
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