Thema: Österreichische Militärpost in der Bundesfestung Mainz
bignell Am: 06.12.2022 19:38:48 Gelesen: 3398# 17@  
@ bayern klassisch [#16]

Lieber Ralph,

ja die notierten 4,5 Loth (knapp 80 Gramm) können schon was, umgerechnet auf unser modernes Druckerpapier wären das knapp 16 DinA4-Blätter.

Hier nun ein Brief aus der Festung, der aber nicht über das Militärpostamt gelaufen ist:



Hier schrieb "August Degenfeld Obrist" [1] "Mainz 10. Februar 1848" an "Seiner Excellenz dem k.k. Herrn Feldmarschall. Lieutenand Freiherrn Ceschi di Sta. Croce", der Brief trägt den Aufgabestempel "Tulln | 24.FEB.".

Die beiden Herrn dürften eng befreundet gewesen sein, denn Degenfeld schreibt unter anderem:

Von meinem armen Vater kann ich Dir leider nichts Erfreuliches melden, er leidet seit Monaten an einem gefährlichen Hämorhoidel Zustand und befindet sich gegenwärtig sehr schlecht...

Außerdem bittet er seinen Freund um einen Gefallen bezüglich seines Sohnes.

Mein Sohn Christoph befindet sich seit October vorigen Jahres in der Pionier=Schule zu Tulln ... in den Ferien auf einige Tage nach Wien zu gehen um sich zu zerstreuen. Da jedoch die Vorschrift besteht, daß keiner der jungen Leute ohne specielle Einladung eines Protectors oder Gönners die Anstalt verlassen darf, so geht meine inständige Bitte, daß Du vielleicht die Güte haben wollest, meinem Sohn eine solche Einladung zukommen zu lassen

Somit denke ich hat Degenfeld diesen Brief einem Brief an seinen Sohn beigelegt, und der Sohn hat ihn dann in Tulln zur Post gebracht. Die vorderseitige Notation "6" (Kreuzer) zeigt, dass es sich ausgezahlt hat, auch wenn der Brief dadurch zwei Wochen länger unterwegs war.

Den Ausflug nach Wien durfte der Sohn machen, aber vielleicht anders als er sich das vorgestellt hat:

"1848 nahm er an der Einnahme von Wien und 1866 am Krieg gegen Preußen teil." [2]

Damit ist vermutlich die Belagerung der Stadt (23.-31.10.1848, Wiener Oktoberrevolution) gemeint.

Über den Empfänger des Briefes konnte ich allerdings kaum etwas herausfinden, es gibt zwar Artikel über zwei Freiherrn dieses Namens, Johann Baptist Ceschi a Santa Croce [3] und Luigi Ceschi a Santa Croce [4], diese erscheinen aber zu jung. Es dürfte sich wohl um deren Vater Antonio Ceschi a Santa Croce (Magistrats-, Kriminalrat, * Borgo, 10.11.1777, † Venezia, 10.01.1854) handeln. [5]

Liebe Grüße,
harald

[1] August Franz Johann Christoph Graf von Degenfeld-Schonburg, https://de.wikipedia.org/wiki/August_von_Degenfeld-Schonburg
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_von_Degenfeld-Schonburg
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Baptist_Ceschi_a_Santa_Croce
[4] https://www.parlament.gv.at/WWER/PARL/J1848/Ceschi_a_Santa_Croce_1.shtml
[5] https://geneall.net/de/name/1760063/antonio-ceschi-a-santa-croce/
 
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