Thema: Steuertransparenzgesetz: Änderungen für Verkäufer über digitale Plattformen
drmoeller_neuss Am: 10.01.2023 04:56:56 Gelesen: 6070# 42@  
@ chris63 [#41]

Wir zäumen das Pferd von hinten auf. Steuergerechtigkeit ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Ohne Steuern können wir unsere Infrastruktur und unsere Republik nicht finanzieren und unser Wohlstand und der soziale Frieden wären gefährdet.

Deswegen habe ich generell nichts gegen die Meldepflicht im Internethandel, zumal es nur Verkäufe und nicht Käufe betrifft. Die Grenzen für die Meldepflicht halte ich für unsinnig, es wäre für die Plattformbetreiber einfacher, alle Umsätze zu melden. Der technische Aufwand für den Plattformbetreiber ist überschaubar, solange er nicht gezwungen ist, die Angaben seiner Mitglieder zu überprüfen.

bovi1 schreibt, dass Pauschalen praxisfremd wären. In anderen Bereichen gibt es auch per Rechtsverordnung detaillierte Vorgaben, warum geht es nicht beim Internethandel? Ich denke an einen Katalog von Kriterien und Schwellen, bei deren Überschreiten man erst einmal als gewerblich eingestuft wird. Wesentliche Punkte wären die Anzahl der gehandelten Artikel und der damit erzielte Umsatz.

Ich werfe einmal eine Zahl in den Raum: maximal 365 Artikel pro Jahr und maximal 2000 Euro Umsatz. Dazu eine "Haltefrist" (= Spekulationsfrist) von einem Jahr ab dem 10. Artikel pro Jahr. Das reicht aus, um gebrauchte Babysachen zu verkaufen, überzählige Geschenke weiter zu verkaufen oder einen Haushalt aufzulösen.

Gehen wir vom wirklich privaten Verkäufer aus und nicht vom Schwarzhändler. Wie oft kommt es vor, dass man Neuwaren aus dem eigenen Haushalt weiterverkaufen muss? Nun gut, der zweite oder dritte Toaster, den man auf der Hochzeit geschenkt bekommen hat, muss diskret weiterverwertet werden. Aber wer über Monate neue Toaster oder Telefone verkauft, hat die sicher nicht geschenkt bekommen.

Für Neuwaren sind strengere Vorgaben nachvollziehbar. Ich befürworte eine "Haltefrist", nach der Dinge aus dem eigenen Haushalt steuerfrei verkauft werden dürfen. Wer ein Schrottauto erst ein Jahr lang in die Garage stellen muss, um die Ersatzteile verwerten zu dürfen, verliert schnell den Spass am Schwarzhandel mit Schrott. Als Privatperson kann man FDCs aus Pfalzgrafenweiler dann erst nach einem Jahr verkaufen. Für den Handel auf ebay sind sie dann schon uninteressant.

Natürlich sind Pauschalen im Einzelfall ungerecht. Fast 40 Kilometer Fahrt mit Strassenbahn und Bus vom Düsseldorfer Stadtteil Hellerhof nach Froschenteich kosten drei Euro, die nur fünf Kilometer lange Fahrt mit den gleichen Fahrzeugen über den Rhein nach Neuss dagegen das Doppelte. Der Sprössling verdient ein Euro zu viel und der ganze Kinderfreibetrag ist weg. Beispiele gibt es genug. Pauschalen entlasten aber die Behörden und den Steuerzahler und tragen dazu bei, sich auf die wichtigen Sachen konzentrieren.

Und zur Not kann die Mutter der Fünflinge durch eine Geburtsurkunde den einfachen Nachweis gegenüber dem Finanzamt erbringen, warum sie etwas mehr Babykleidung als üblich verkauft.

Man könnte natürlich auch auf Internetplattformen "Waffengleichheit" schaffen: das heisst gleiche Regeln für alle. An der Impressumspflicht und dem Widerrufsrecht ist noch kein ehrlicher Kaufmann zu Grunde gegangen. Wer seine Artikel ordentlich beschreibt, hat kaum Rückläufer zu befürchten (Klamotten ausgenommen, weil man es immer noch nicht geschafft hat, Konfektionsgrössen einheitlich zu definieren).

Für Privatanbieter könnte man eine Pauschalversteuerung einführen. (Vorschlag: 20% des Umsatzes ohne besondere Aufzeichnungspflichten, würde je nach persönlicher Progression einen Steuersatz von etwa 5% - 10% des Warenwertes bedeuten). Oder der Steuerzahler betreibt den Aufwand und den Papierkrieg und weist nach, dass er weniger verdient hat.
 
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