Thema: Gefälligkeitsstempel gleich abwertend ?
Phila-Novize Am: 14.02.2023 14:43:15 Gelesen: 4347# 34@  
Hallo,

einmal meine persönliche, dann doch wohl differenzierte Ansicht dazu.

Wie auch sonst im Leben, kann in meinen Augen eine wohl differenzierte und sortierte BM-Sammlung mehr als die Summe ihrer einzelnen Teile darstellen. Eine vollständige und wohl geordnete Sammlung mit „Schmuck- / Gefälligkeitsstempeln“ stellt in meinen Augen auch etwas Besonders / Überdurchschnittliches dar!

Einfach nur Nummern, mit irgendwelchen Stempelabschlägen sammeln, kann jeder bzw. ist ja nicht so schwer. Und zugegeben, manche dieser Schmuck-/ Sonder-Abstempelungen sind auch in meinen Augen einfach schön. Echte Kunstwerke. Auch Sonderstempel in Bedarfsausführung sind z.B. für meine Sammlung beachtenswert.

Zu der Frage was und wie sammele ich Briefmarken / Postwertzeichen, folgendes.
Nachdem meine Bund-Sammlung(en) nun über 35 Jahre geruht haben, habe ich mich Anfang des letzten Jahres wieder daran gesetzt. Zum einen bin ich aus gesundheitlichen Gründen (Verschleiß) beruflich etwas frühzeitig aus dem Verkehr gezogen worden, zum anderen hat mir mein Schwiegervater (geht auf die 90 Jahre zu) ein halbes Jahr vorher, eine in meinen Augen dann doch recht umfangreiche Sammlung „Deutsch bis 1949“ aufs Auge gedrückt, die er (und meine Frau, ungelogen) in die Tonne drücken wollte, da ein Verkauf seiner Meinung nach doch sowieso nichts bringt. (Meine Vermutung: Wohl bei weitem nicht, was er dafür selber ausgegeben hat. Dieses Ergebnis möchte er nicht realisieren.)

Der Aufwand gegenüber dem zu erwartenden Ertrag hierfür wäre seiner Meinung nach zu groß.

Diese Sammlung inventarisiere (billigste Sorte) ich zur Zeit nur (zu sehr differenzieren ist zwar außerordentlich interessant und anspruchsvoll, mir nach Versuchen mit meinem Nichtwissen und ohne Hilfe noch zu stressig), aber meine Kindersammlung BRD bearbeite ich nun doch wieder aktiv. Und es macht mir großen Spaß.

Bund incl. Deutschland ab 1945 (ohne die SBZ mit Nachfolgeanhängsel bis 1991) war für mich ab Mitte 1970 die erste Wahl für meine damalige Sammelleidenschaft. Der Rest wurde eher wenig beachtet einsortiert. Die gestempelten Bund gab es noch (wenn auch da schon selten) im Sperrmüll bzw. als echte Zufallsfunde auf Dachböden bei Räumungen und Flohmärkten. Postfrisch Bund war wegen der damaligen Spekulationsblase zwar nett und ein Muss, beschränkte sich aber eher auf Zufallstausch bzw. Geschenke von Verwandten zum Geburtstag, etc. Vollständig ist Bund ** heute immer noch nicht ganz. 4 Hauptnummern fehlen noch. Das hat aber keine Eile, da mein Focus auf gestempelten Exemplaren lag und liegt.

Auch die älteren „deutschen“ Briefmarken, besonders die mit Köpfen von Regenten wurden damals von mir nicht verschmäht, da einfach zu schön und eben im Prinzip Deutschland. Diese habe ich aber eher nicht so genau beachtet.

Unabhängig davon, ob das andere auch wahrgenommen/ so gesehen haben, habe ich diese neben Nummern und „nur“ nach mir auffälligen Farbnuancen (hatte sehr gute Augen 200-0,4 und Farbempfinden) differenziert einsortiert. Ohne Farbführer, nur mit gutem Tageslicht. Das habe ich auch mit Bund so gemacht.

Beispiel von damals, Nuancen mal außen vor: Die 8 Pfg. vom Posthorn in 3 verschiedenen Farben (hellgrau – dunkelgrau – grau mit Grünstich) oder die auch schon hier unter Druckzufällen vorgestellte 161 in normale Sättigung – extra Blau (viel Farbsättigung) – hell (wenig Farbsättigung) und blau mit Grünstich. Letztere „Farbvariante“ dann nochmals in hell und mit normaler Farbsättigung, differenziert.

Anmerkung hierzu:

Sicher ist mir bewusst, dass die Farben der Marken mehr oder weniger altern, bzw. sich durch chemische Umwelteinflüße (auch Lagerung) verändern können. Teilweise empfand / empfinde ich diese aber so signifikant, als das ich jenes als Laie „nur“ darauf zurück zu führen kann.

Aus heutiger Sicht (und mittlerweile tlw. hochgradig technischer Ausbildung) umso mehr. Denn diese für mich immer noch vorhandenen Unterschiede, kann ich mir immer noch nicht mit normaler Alterung / durch spezielle Lagerumstände oder auch bewusste / unbewusste Manipulation chemisch/physikalisch erklären. Wobei da lasse ich mich gerne eines Besseren belehren! So tief in diese Materie bin ich dann doch nicht eingetaucht.

Wobei eine Unterhaltung mit dem (Mit-) „Erfinder“ (damaliger Kunde von mir) des „rötesten“ Rot weltweit (Stand vor circa 7 Jahren) war da schon interessant. Das würde hier wohl zu weit führen. Nur so viel, bei einem dunkelblauen, als auch bei einem hellen Grauton (da wird das gerne in Richtung olivartig wahrgenommen / bezeichnet) wäre das wohl „leicht“ möglich. Kommt u.U. und laienhaft ausgedrückt auf die eventuell mit falschen Farbpigmenten verunreinigte / zusammengesetzte Farbmischung an. Je nach Pigment reichen da schon geringste Mengen um eine gänzlich andere Farbe hin zu bekommen. Und besonders hervor tritt dieses eben auch nach einer gewissen, normalen Alterung hervor! Farbbeständigkeit ist ja heute in der Technik ein besonders und immer mehr beachtetes Thema.

Wieder zurück zur eigentlichen Fragestellung:

Wohl da ich auch ** Bund hatte, lag mein Focus bei den gestempelten bei der Variante „Voll auf die 12“.

Fand die richtigen Bedarf-Vollstempel einfach Klasse, da die für mich etwas Besonderes (schöner Vollstempel Bedarf war / ist selten) waren und in meinen Augen den eigentlichen Zweck der Postwertzeichen darstellten. Außerdem regten diese meine Fantasie an.

Möglichst bildfrei abgestempelt (der damals allseits beliebte Viertelstempel), war und ist für mich der „Stempel des Grauens“. Dann doch lieber nur mit äußersten Rand eines Stempels angehaucht oder komplett mit Welle OHNE Rundstempel. 4-fach Einheiten mit mittig gesetzten Schmuckstempel, sind dennoch in meinen Augen hübsch, passen aber nicht in mein „Beuteschema“.

Differenziert habe ich persönlich damals wie heute über die normalen Angaben im Katalog (Philex ohne PF Aufstellungen), nach oben und unten hinaus. Meinen ersten Michel mit ein paar Angaben zu PF habe ich mir erst am Ende dieser Sammelphase 1987 angeschafft. Gearbeitet habe ich bis vor einem Jahr nie damit.
Bei mir gab / gibt es z.B. bei den postfrischen Exemplaren bis zu drei Sterne ***! Postfrisch wie vom Schalter, also die üblichen zwei ** und für *** plus absolut einwandfrei vom Druck, Papier, Zähnung und Gummi sowie keine (übermäßigen) Druckzufälligkeiten.

Entstanden ist dieses aus der Differenzierung meiner gestempelten Stücke welche ich persönlich damals (wie heute) für mich analog in (Ꙩ) - Ꙩ - (Ꙩ Ꙩ) - Ꙩ Ꙩ - (Ꙩ Ꙩ Ꙩ) und Ꙩ Ꙩ Ꙩ unterteilt habe.

Ꙩ Ꙩ Ꙩ ist für mich quasi die Königsklasse. Nicht verwischter bzw. klarer, voller, mittiger, waagerecht ausgerichteter Bedarfsstempel. Davon (Bedarf) habe ich nicht so viele in meiner Sammlung. Ein Grund ist sicherlich, dass bei Großstädten Exemplare des Stempelabschlags in abgenutzter Ausführung eher die Regel sind. Diese sind dann für mich (Ꙩ Ꙩ Ꙩ) eingeordnet.

Der überwiegende Teil meiner Sammlung Bund I gestempelt (immer nur ein Exemplar jeder Nummer) sind (Ꙩ Ꙩ) und Ꙩ Ꙩ. Ein paar „normale“ sind da aber auch noch immer vorhanden. Meine Ꙩ entsprechen aber regelmäßig schon der zur Zeit üblichen Definition von Vollstempel – mehr als die Hälfte auf Marke vorhanden.

Die jetzt erstmalig durchgeführte Kontrolle auf DZ und PF wirbelt meine Bund I nun ein wenig durcheinander.

Wie auch bei postfrisch, sind für mich die anderen oben bei *** aufgeführten Markenparameter (D-P-Z-DZ) auch bei gestempelten Exemplaren, wichtig. Ein vorhandener Falz ist für mich bei gestempelten Exemplaren ein Parameter in der B-Note. Ich löse keine Falze ab. Das ohne Beschädigungen des Papiers (auch ausgedünnt) hin zu bekommen, ist in meinen Augen vielleicht sogar vereinzelt möglich, aber ein nogo für mich. Sofern da nicht etwas besonderes auf der Vorderseite oder am Stempel vorhanden ist, ist ein abgelöster Falz für mich eher Ausschuß oder Vergleichsstück.

Ein Wort noch zu Druckzufälligkeiten und Plattenfehlern, welche ich bis vor einem Jahr fast gar nicht (tlw. mit bloßem Auge hatte ich die damals schon gesehen und nicht in Bund I gestempelt sondern Bund II einsortiert) beachtet habe, da das Gesamtbild der Albumseite (erster Blick) für mich im Vordergrund stand und steht.

Bei einigen Nummern Bund, scheint die einwandfreie Marke (ohne/mit wenig annehmbaren DZ) eher ein Druckzufall zu sein. Nicht das es die Nummer nicht ohne geben würde, aber dann eher die Ausnahme, als die Regel.

Wie auch sonst im Leben, muss ich dort irgendwo einen Strich ziehen. Denn jeder Jeck ist ja nun anders und perfekt nur eine Illusion, bzw. eine Frage des Maßstabs. Vergleichbar dem perfekt runden Kreis. Auch wenn diese durchaus in verschiedene gleichartige Typen unterteilt werden können, welche wiederum eigene Varianten haben. Auf der anderen Seite ist ja prinzipiell das Streben nach Perfektion eines der grundlegendsten Prinzipien der Natur. So nah wie möglich / nötig sich mit vertretbaren Aufwand daran anzunähern ist für mich bei der Differenzierung meiner gestempelten BM das Ziel.

Und eine Erkenntnis des letzten Jahres: Unabhängig ob trivial Bund oder insbesondere ältere Stücke aus D-Land und deutschsprachigen Gebieten (Reich, Einzelstaaten, große Wanderungen 1914-1918 sowie 1939-1945 und auch Österreich bis paarunddreißig): Je mehr ich mich in die Thematik mittels Recherche im Internet sowie Literatur (m.E. viel Licht / viel Schatten) einarbeite, umso mehr erkenne ich, dass ich eigentlich nichts / nur verschwindend wenig weis.

Kurz zum „Wert“ aus meiner Sicht

Ebenso wie jedes andere Kunstwerk (auch der Zeitgeschichte), stellen BM sicher einen Wert dar. Ebenso eignen sich diese durchaus auch als Wertanlage. Nur ist auch nicht jeder in die Ecke geklatschter Butterklumpen Kunst, wofür andere mehr als "ne Mack" bezahlen würden.

Eine auf ersten Blick (!) sauber differenzierte BM-Sammlung wird i.d.R. wohl immer einen höheren Verkaufswert haben, als eine reine Ansammlung von BM. Egal wie sauber die in teure 1A Alben einsortiert ist. Und altes, sehr oft bestätigtes Motto: Wer schreibt / sauber differenziert, der bleibt.

Und wenn ich mir die Auflagen 1990 bis 20xy der einzelnen Nummern, in Relation zu den absolut pro Jahr heraus gegebenen Nummern anschaue: Bedarfsstempel von Stücken mit Zuschlag insbesondere, wären da saubere Vollstempel, falls ich Heute noch mal Jung anfangen würde, auch keine schlechte Perspektive / Wahl. Insbesondere im Hinblick auf Preis-Leistung-Spaß.

Mir ist der Verkaufswert meiner Sammlung primär erst mal Latte. Obwohl ich hier (Druckzufälle, egal ob vom wem auch immer anerkannter PF oder nicht) einen recht großen Aufwand betreibe, um die in meinen Augen faulen Äpfel in meiner Bund I zu beseitigen und in Bund II so differenziert einzusortieren.

UND: Ein Hobby was nichts kostet, ist kein wirkliches Hobby.

Sekundär sehe den möglichen Verkaufswert im Hinblick auf meine Erben schon als wichtig an. Wäre doch eine Schande falls diese Sammlung in der Tonne oder für 50 oder weniger Euro pro Buch in der Bucht / bei einem Geier landet. Das muss dann auch nicht sein.

Hoffe, dass war nun nicht zu umständlich / pisselig / ausführlich / salopp von mir geschrieben.

Beste Grüße
Johann-Georg aka Jo.
 
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