Thema: Motiv Lampen, Glühlampen und elektrisches Zubehör
johanneshoffner Am: 20.04.2023 17:34:55 Gelesen: 4477# 45@  
Leuchtmittel, die ins Ausland versandt wurden, waren im Inland steuerfrei.

In meiner Sammlung befinden sich drei unscheinbare aber sehr interessante Paketkarten aus Deutschland in die Schweiz.

Ihnen allen gemeinsam ist, dass die Pakete Beleuchtungsmittel enthielten.

Zwischen 1909 und 1990 unterlagen Glühbirnen, Quecksilberdampflampen u.ä. der Leuchtmittelsteuer. Wurden die Leuchtmittel exportiert und nicht im Inland verwendet, waren sie von der Steuer ausgenommen. Daher wurden Pakete ins Ausland, die Leuchtmittel enthielten beim Zollamt freigegeben und in ein Steuerregister eingetragen.

Die Auergesellschaft war der grösste Produzent von Leuchtmitteln in dieser Zeit. Der Gründer Carl Auer von Welsbach war ein weltbekannter Chemiker, Techniker und ausserordentlich guter Geschäftsmann. 1906 liess er den Namen OSRAM schützen. Unter diesem Namen werden heute noch Leuchtmittel produziert. Die Firma war dermassen erfolgreich, dass sie 1906 einen elfstöckigen Firmensitz bauen konnte.

Diese Wertpaketkarte über 60 Mark aus Berlin vom 25.1.1912 nach Menziken in der Schweiz ist in auf den ersten Blick nichts Besonderes. Die beiden Germaniamarken 86 I und 93 I tragen die Firmenlochung „DGA“, die dem Absender Deutsche Gasglühlicht Aktiengesellschaft entspricht. Der Leitweg ging über Basel 17. Das Paket hatte einen Wert von 60 RM und wog 4350 Gramm.

Der Schweizer Zoll erhob keinen Einfuhrzoll und der Deutsche Zoll keinen Ausfuhrzoll. Das Paket war einen Tag nach Aufgabe am 26.1.1912 schon verzollt, heute ein Traumwert, damals anscheinend üblich!

Die Paketkarte trägt keinen Zustellungs- oder Übergabevermerk.

Aber wirklich bemerkenswert ist die Rückseite. Dort befindet sich ein Aufkleber
„Beleuchtungsmittel!
Beim Verbleib im Inland steuerpflichtig!
Eingetr.(agen) i.(n). Postausg.(?) B(u)ch Nr. 1761
Steuerhebestelle
Berlin-Museumsstrasse
Auergesellschaft
Berlin O. 17“

Die Auergesellschaft musste eine riesige Anzahl Pakete ins Ausland versandt haben, dass das Zollamt sich auf dem Gelände der Auer-Gesellschaft befand.





Eine weitere Wertpaketkarte über 30 Mark ebenfalls von den Auerwerken wurde am 4.9.1916 in Berlin abgestempelt. Sie ist frankiert mit den Germaniamarken 90 I und 91 I. Sie tragen ebenfalls die Lochung DGA.



Auszug aus dem Katalog der ARGE Lochungen, Dr. Hans Hillmann

Auf der Rückseite befindet sich aber diesmal kein Klebezettel, sondern zwei interessante Abschläge mit Gummistempeln:

«Das Gesamtgewicht der in dieser Sendung enthaltenen verbotenen Zinkmetall Gewicht unter 25 ko das Gesamtgewicht anderer verbotener Metalle unter 2 kilo»

und

«Beleuchtungsmittel Beim Verbleib im Ausland steuerpflichtig. Eingetragen im Postausgangsbuch Nr. 1773. Steuerhebestelle Berlin Mitte»

Das Paket wurde am 6.9. in Basel verzollt und am 7.IX.1916 zugestellt.

Zu dieser Zeit mussten im Deutschen Reich bestimmte Metalle abgegeben werden oder wurden von den Metallenteignungsstellen eingezogen. Daher die strenge Kontrolle.



Eine Paketkarte, die von der Julius Pintsch Glühlampenfabrik nach Lausanne (Schweiz) gesandt wurde. Auf der Paketkarte befindet sich vorderseitig der grüne Aufkleber. Das Paket wurde am 18.2.1913 abends aufgegeben und am 20.2.1913 in Basel verzollt. Das Paket wog 3.1 kg; das Porto betrug 80 Pfg.



Auch hier wurden die Leuchtmittel, die ins Ausland gingen, nicht versteuert.

Laut Wikipedia war Julius Pintsch ein Berliner Unternehmer, der in vielen Gebieten technische anspruchsvolle Geräte u.a. Flugzeuge baute. Die Glühlampenfabrik wurde 1907 ein eigener Geschäftsbereich.

Es ist in meinen Augen interessant, wie bahnbrechend die elektrische Glühbirne für die Menschen vor 110 Jahren war. Auf einem Reklamefeld eines bayerischen Markenheftchens wird für elektrische Treppenbeleuchtung geworben.



Heute ist die Glühbirne ein Auslaufmodell.


Der Text des Leuchtmittelsteuergesetzes

vom 15. Juli 1909 in der Fassung der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 22. Juni 1909. (RGBl. S. 880.)

§ 1. Die nachbenannten Beleuchtungsmittel: elektrische Glühlampen und Brenner für solche, Glühkörper für Gas-, Spiritus-, Petroleum- und ähnliche Glühlampen, Brennstifte für elektrische Bogenlampen, Quecksilberdampflampen und ihnen ähnliche elektrische Lampen unterliegen, soweit sie zum Verbrauch im Inlande bestimmt sind, einer in die Reichskasse fliessenden Steuer.

§ 2. Höhe der Steuer.

Die Steuer beträgt:

A. Für elektrische Glühlampen und Brenner zu solchen
a) Kohlefadenlampen b) Metallfadenlampen, Nernstlampenbrenner und andere Glühlampen
für das Stück
1. bis zu 15 Watt 5 Pfennig 10 Pfennig
2. von über 15 bis 25 Watt 10 Pfennig 20 Pfennig
3. von über 25 bis 60 Watt 20 Pfennig 40 Pfennig
4. von über 60 bis 100 Watt 30 Pfennig 60 Pfennig
5. von über 100 bis 200 Watt 50 Pfennig 1 Mark
6. für solche von höherem Verbrauche zu a) je 25 Pfennig, zu b) je 40 Pfennig mehr für jedes weitere angefangene 100 Watt.

B. Für Glühkörper zu Gasglühlicht- und ähnlichen Lampen: 10 Pfennig für das Stück.

C. Für Brennstifte zu elektrischen Bogenlampen:

1. Aus Reinkohle: 60 Pfennig für das Kilogramm.
2. aus Kohle mit Leuchtzusätzen und für alle übrigen Brennstifte: 1 Mark für das Kilogramm.

D. Für Brenner zu Quecksilberdampf- und ähnlichen Lampen bis zu 100 Watt: 1 Mark für das Stück, für solche von höherem Verbrauche je 1 Mark mehr für jedes weitere angefangene Hundert Watt.

 
Quelle: www.philaseiten.de
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