Thema: Altdeutschland Württemberg: Schöne Belege
bayern klassisch Am: 07.05.2023 18:07:16 Gelesen: 10347# 159@  
@ Gernesammler [#158]

Hallo Rainer,

da hast du einen interessanten Brief geschossen und mit den inliegenden Zettel natürlich ein kleines Highlight.

Der Brief hatte das Abkommen zwischen Preussen und den USA (Prussian Closed Mail, PCM) als Grundlage.

Der USA-Stempel 46 June 17 New York American Packet sagte aus, dass es ein Brief mit 46 US-Cents Forderung war, der via New York mit amerikanischem Briefpaket über GB und Belgien (nicht Frankreich!) nach Aachen lief, wo der Postsack erstmals geöffnet wurde. Aachen stempelte siegelseitig alle eingegangen Briefe, ehe man sie taxierte.
Links oben steht 2f = 2fach, also über 1 bis unter 2 Loth Gesamtgewicht. Dazu passt auch der 46 US-Cents Stempel, denn das einfache Porto für die Teilstrecke USA-Hafen (hier: New York) bis zur Küste kostete einfach 23 US-Cents. Später kamen bei einfachen Briefen 2 Cents für Belgiens geschlossenen Transit und 5 Cents = 6 rheinische Kreuzer für Preussen hinzu, die mit Aachen als Vereinsaufgabepost fungierten.

Da einfache Briefe total 30 Cents = 45 Kreuzer kosteten, kosteten doppelt schwere Briefe wie dieser hier 1 Gulden 30 Kr.. Diese wurden in blauer Tinte in Aachen schlecht notiert und lesen sich fast wie 2-30. Richtig war aber f1 30x = 1 Gulden 30 Kreuzer.

Preussen sandte ihn im geschlossenen Transit via Thurn und Taxis nach Baden, wo das Briefepaket geöffnet wurde und der Brief weiter nach Württemberg geleitet wurde. Württemberg notierte in roter Tinte 1f 30x und addierte per Bleistift noch 2 Kr. für die Landbestellung hinzu.

Der ursprüngliche Vermerk oben rechts mit dem Stempel "PAID 22 (Cents)" war obsolet, weil der Brief mit der PCM verschickt wurde und nicht via England im offenen Transit bzw. via Bremen/Bremherhaven.

Ich hoffe, ich konnte das verständlich machen. Also 10 US-Cents für die USA, 36 US-Cents Seeporto über GB bis Belgien, 4 US-Cents für Belgien und 10 US-Cents für Preussen. Württemberg kassierte zwar das Geld, durfte es aber komplett (bis auf den Botenlohn) an Preussen vergüten.

Liebe Grüsse,
Ralph
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/10337
https://www.philaseiten.de/beitrag/318386