Thema: Alliierte Besetzung: Zehnfachfrankaturen
Stefan Am: 08.10.2023 10:54:25 Gelesen: 6441# 137@  
@ HWS-NRW [#132]

Beim Philatausch kam heute von Stefan das Argument, das die Möglichkeiten in der SBZ nicht soooo lange angedauert habe, da es (mir logisch) sicher einen "Run" der Sammler, zumindest aus dem Westteil Berlins gegeben haben müßte, um ihre ansonsten wertlosen RM-Marken noch irgendwie loszuwerden.

Wir hatten im gestrigen Gespräch auf dem philaseiten-Treff in Essen-Steele beide recht gehabt, allerdings das Thema Währungsreformen 1948 in Ost und West in Deutschland aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet.

Die Wertstreifen für Frankiergeräte in der Währung Reichsmark bzw. auf dem zuständigen Postamt in Reichsmark aufgeladene Frankiergeräte blieben in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) bis zum 31.07.1948 gültig. Die Geldscheine der Währung "Reichsmark" wurden in der SBZ allerdings bereits zum 26.06.1948 im Geldumlauf [1] ungültig und konnten noch bis zum 28.06.1948 in eine neue provisorische Währung (Reichsmarkscheine mit Koupon-Aufkleber) umgetauscht werden.

Die westlichen Besatzungszonen setzten am Sonntag, den 20.06.1948 die Währungsreform um und die Deutsche Mark (DM) wurde eingeführt. Die Reichsmark verlor am 21.06.1948 (0 Uhr) die Gültigkeit in den Westzonen und wurde noch bis zum 26.06.1948 nach Voranmeldung bei den Banken in DM umgetauscht [2]. Diese Reform wurde bereits relativ lange im Voraus geplant, so dass auch maschinell überdruckte Briefmarken zur Verfügung standen (Posthörnchenaufdrucke der Bizone) bzw. in der französischen Zone neue Dauerserienmarken verausgabt wurden.

Offensichtlich war die Sowjetische Militäradministration (SMAD) von der Währungsreform in den westlichen Zonen relativ eiskalt erwischt worden. Die im Westen wertlos gewordene Reichsmark drohte nun in großen Mengen auf das Gebiet der SBZ überzuschwappen und damit die dortige Wirtschaft zu schädigen (man kaufe vor Ort in der SBZ alles Mögliche an Waren zu quasi x-beliebigen Preisen gegen andernorts bereits wertlos gewordenes Geld), speziell das im Westen eher schwer umtauschbare (weil schwer erklärbare) Schwarzgeld aus eher dubiosen Geschäften. Es gab sonst kein Gebiet mehr, wo die Reichsmark in Form von Geldscheinen sonst noch gültig gewesen wäre. Die ehemals besetzten Gebiete, wo die Reichsmark als Währung bis zum jeweiligen Kriegsende offiziell in Gebrauch gewesen war, hatten die Reichsmark als Geldscheine bereits 1944 bzw. 1945 abgeschafft und durch eigene Währungen ersetzt (Bsp. 1944 in Luxemburg, 1945 in Elsass-Lothringen, Österreich, Slowenien, dem bis dato deutschen Teil des heutigen Polens usw.).

Die SMAD hatte umgehend zu reagieren und ließ in Nacht-und-Nebel-Aktionen vorhandene Bargeldbestände (Reichsmark) in den Banken mit einem "Koupon" händisch überkleben und ab dem 24.06.1948 derart gekennzeichnete Geldscheine als neue provisorische Währung in der SBZ und Berlin (West) emittieren. Wie einleitend geschrieben, wurden die Geldscheine der Währung "Reichsmark" ohne Kouponaufkleber in der SBZ allerdings bereits zum 26.06.1948 im Geldumlauf [1] ungültig und konnten noch bis zum 28.06.1948 in die neue provisorische Währung umgetauscht werden.

Seitens der Post der SBZ wurden Briefmarken aus dem Umlauf bzw. eingelagerte Wertzeichenbestände ebenfalls manuell überarbeitet (wie die Geldscheine), d.h. in diesem Fall manuell mittels Handstempelabschlag "überdruckt" und für den Schalterverkauf vorbereitet. So entstanden die Bezirkshandstempelaufdrucke (Mi-Nr. 166-181), welche ab dem 24.06.1948 verausgabt worden sind. Abends nach Schalterschluss bzw. nachts musste die in etwa erwartete Menge an am nächsten Werktag zu verkaufenden Briefmarken vom Postpersonal überstempelt werden. Eine reguläre, maschinell überdruckte Dauerserienausgabe erschien in der SBZ ab dem 03.07.1948 (Mi-Nr. 182-197).

Halten wir in Kurzfassung fest:

- 20.06.1948: Währungsreform (Bargeld) in den drei westlichen Besatzungszonen (ohne Berlin (West)) und Bargeld wird als Umlaufwährung mit Ablauf des 20.06.1948 ungültig
- 22.06.1948: Ende der Zehnfachfrankaturen (Briefmarken und Absenderfreistempel) in den westlichen Besatzungszonen, die erste Briefkastenleerung vom 23.06.1948 wurde postseitig noch durchgewunken
- 24.06.1948: Währungsreform (Bargeld) in der Sowjetischen Besatzungszone und Berlin (West)
- 26.06.1948: Ende der Umtauschfrist von Bargeld bei den Banken in den drei westlichen Besatzungszonen (ohne Berlin (West))
- 26.06.1948: Bargeld wird als Umlaufwährung in der SBZ ungültig
- 28.06.1948: Ende der Umtauschfrist von Bargeld bei den Banken in der Sowjetischen Besatzungszone (und vermutlich auch in Berlin (West))
- 31.07.1948: Ende der Zehnfachfrankaturen (Briefmarken und Absenderfreistempel) in der SBZ

-> alles, was an Bargeld in den westlichen Besatzungszonen zwischen dem 21.06. und 26.06.1948 bei den Banken nicht umgetauscht werden konnte, drohte in das Wirtschaftsgebiet der SBZ überzuschwappen, das Bargeld (Geldscheine) wurde in der SBZ als Umlaufwährung zum 26.06.1948 ungültig.

Briefmarken der Gemeinschaftsausgaben in Reichsmarkwährung konnten in der SBZ noch bis zum 31.07.1948 aufgebraucht werden, dito Frankierstreifen bzw. sonstiges in den Postämtern von Beamten in den Frankiermaschinen eingestelltes vorhandene Guthaben. Im Gegensatz zu den Briefmarken waren Frankiergeräte nicht frei beweglich und und mussten vor der Nutzung beim zuständigen Postamt angemeldet werden.

Es wäre noch fraglich, wie lange postseitig in der SBZ nach dem 24.06.1948 Wertstreifen für Frankiermaschinen in der Währung Reichsmark verkauft bzw. Frankiermaschinen am Postschalter in der Währung Reichsmark aufgeladen worden sind. Die Bezahlung wäre dann bereits in der neuen Währung (Kouponwährung bzw. einige Wochen später in DM Ost) erfolgt. Ich gehe nicht davon aus, dass zur Währungsumstellung in den Frankiergeräten ein neuer Wertrahmen im Absenderfreistempel notwendig geworden war und damit ein Techniker zum körperlichen Umbau des Frankiergerätes benötigt worden wäre.

Münzgeld von 1 Pfennig bis 50 Pfennig blieb in den vier Besatzungszonen, Berlin und Österreich weiterhin gültig. Die Gültigkeit endete zu unterschiedlichen Terminen (teils erst 1950).

Gruß
Stefan

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Mark_(DDR)#Einf%C3%BChrung
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4hrungsreform_1948_(Westdeutschland)
 
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