Thema: Deutsche Post Neuheiten: Cryptowahnsinn erreicht auch Deutschland
Jürgen Häsler Am: 20.10.2023 21:17:54 Gelesen: 21827# 50@  
Fluch oder Segen ?
Abzocke oder kluges Investment ?
"Toxischer Sondermüll" oder bahnbrechende Innovation ?


An der Kryptomarke der Deutschen Post AG scheiden sich die Geister. Sie hält nicht nur die Öffentlichkeitsarbeitsarbeiter von BDPh und Landesverbänden auf Trab, die mit dem Schreiben und Veröffentlichen von Info-Beiträgen und "Stellungnahmen" kaum hinterherkommen. Schließlich sickern die Informationen nur portionsweise über die Website der Postphilatelie und andere Kanäle nach außen. "Kryptos" heißt auf Griechisch sinngemäß das "Verborgene, Geheime". Da muss der Name wohl Programm sein.

Anfangs habe ich diesen Beitrag noch aktualisiert und "umgeschrieben", jetzt geht er mitten in der Bestellphase der Kryptomarke "halbfertig" raus, potentielle spätere "shitstorms" hin oder her.

Die Ursprungsfassung lautete wie folgt:

Nun kommt sie also - die erste Krypto-Marke der Deutschen Post AG.

Ich bin gespannt und neugierig. Auch ich gehöre zu denjenigen, die schon Kritisches zur "Crypto-Abzocke" bei unseren Nachbarländern Österreich, Schweiz und Liechtenstein verfasst haben. Getragen wird meine Kritik von der Sorge, dass mit diesen Marken eine "Preisblase" geschaffen wird, deren (unvermeidbares) Platzen der gesamten Philatelie schaden könnte.

Allerdings verschaffen Kryptomarken der (modernen) Philatelie mediale Aufmerksamkeit, und diese Aufmerksamkeit nutzt der Philatelie zweifellos genauso, wie es "Rekordzuschläge" bei Auktionen von Raritäten der klassischen Sammelgebiete tun.

Also warten wir mal ganz gelassen ab, was die Deutsche Post AG uns da anbietet.


Wenn ab 14. Oktober "vorbestellt" werden kann, hat man ja knapp 3 Wochen Zeit, die Verkaufsmenge der Nachfrage anzupassen, damit zumindest diese eine Neuausgabe spätestens zum Ausgabetag ausverkauft (und bitte wirklich "ausverkauft" !) ist. Wer den Newsletter der Postphilatelie nicht abonniert hat oder sich aus anderen Quellen (wie die PhilaSeiten, Fachzeitschriften oder Ortsvereinen und Arbeitsgemeinschaften) informiert, verpasst die "Erstausgabe" und damit sind (zumindest anfangs) steigende Preise "vorprogrammiert". Wie stark, hängt sicher auch vom Abgabepreis der Kryptomarke und der Verkaufspraxis ab. Werden die vorbestellten Mengen bei der "Zuteilung" gekürzt ?


So lautete noch die Erstfassung meines Beitrages.

Inzwischen wissen wir den Verkaufspreis:
EUR 1,60 Porto + EUR 8,30 Gewinnzuschlag für die Deutsche Post AG macht EUR 9,90. Selbstklebend im Booklet, bei Auflage 250.000 Stück, Kryptoteil getrennt von der frankaturgültigen Briefmarke.


EUR 8,30 mal 250.000 Stück = 2.075.000 Zuschlag für die Deutsche Post AG.
Und wieviel Leistung die Deutsche Post AG für das Porto von EUR 400.000 (EUR 1,60 mal 250.000) erbringen muss, ist unklar.

Die Abonnenten hingegen sollen mit der zeitgleich erscheinenden nassklebenden Marke beliefert werden, auch die erscheint mit einer neuen Minimalauflage von 800.000 Stück im nassklebenden Zehnerbogen, also gibt es davon auch "nur" 80.000 Zehnerbogen.

Ob die Deutsche Post verschiedene Seltenheitsstufen anbieten wird, ist aktuell unbekannt.

Kryptomarken unserer Nachbarländer stellen ja teilweise auch eine Art "Lotterie" dar, da die verkauften Marken eine unterschiedliche Seltenheit besitzen.

In diesem Zusammenhang stellt sich mir die Frage, ob sich die Deutsche Post AG sich die Ausgabe solcher "Lotterie-Krypto-Marken" genehmigen lassen müsste.

„Öffentliche Glücksspiele dürfen in Deutschland nur mit Erlaubnis der zuständigen deutschen Behörde veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten oder Vermitteln ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) ist verboten“ (vgl. insbesondere § 4 Abs. 1 und 5 Glücksspielstaatsvertrag 2021 – GlüStV 2021 –). „Auch Werbung für unerlaubte Glücksspiele ist verboten“, § 5 Abs. 7 GlüStV 2021.

Gegen das unerlaubte Glücksspiel wird aufsichtlich vorgegangen. Wer ohne die erforderliche Erlaubnis öffentliche Glücksspiele in Deutschland anbietet, kann sich darüber hinaus strafbar machen. Dies gilt auch unabhängig davon, ob der Antrag auf Erteilung einer glücksspielrechtlichen Erlaubnis grundsätzlich genehmigungsfähig wäre (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2020 – 3 StR 327/19).

So lautet der Text auf der Internet-Startseite der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder - Anstalt des öffentlichen Rechts [1]

Mein Eindruck ist, dass so manche "Postverwaltung" unserer Nachbarländer mit dem Verkauf von Kryptomarken ein "Glücksspiel" betreibt. Da kein Geld und keine Sachpreise zu gewinnen sind, mag das formal weder eine Lotterie, noch eine Tombola sein. Der "Gewinn" liegt im "Glücksspiel-Los" selbst, und dann ist das vermutlich auch nicht genehmigungspflichtig. Auch deshalb bin ich sehr gespannt, wie die erste Deutschland-Krypto-Marke "ausfällt".

[1] https://www.gluecksspiel-behoerde.de/de/


Auch das ist Schnee von gestern. Glücksspiel gibt es bei der Kryptomarke der Deutschen Post AG nicht.
Also folgt jetzt ein (bewusst zugespitztes Pro und Contra)

Pro:

Endlich mal was Neues. Und endlich mal was für die Jugend.
Crypto Stamp, Non-Fungible Token (NFT), Block Chain, ciphers (engl. Chiffre/Ziffer/Schlüssel/Verschlüsselung), Wallet (digitale Brieftasche), MetaMask Wallet, Proof-of-Stake, FAQ, soviel schickes Englisch war noch nie.

Beste Chancen also, dass der "altbackene" Briefmarkensammler "abgehängt" wird und die Jugend das Feld "erobern" kann. Und Nachwuchs brauchen wir doch dringend, oder ?

Kein Wunder also, dass die Öffentlichkeitsarbeiter der Verbände die Krypto-Marke "bejubeln".

Und was soll das Gejammere über eine Marke mit EUR 1,60 + EUR 8,30 Zuschlag ? Ist ja nur gut das Fünffache des Frankaturwertes an Zuschlag. Ist das wirklich eine "philatelieschädliche" Emission ?

Zur Erinnerung:

Deutsches Reich Mi-Nr. 750 aus dem Jahre 1940 zu "Helgoland 50 Jahre deutsch" (anlässlich des 50. Jahrestages des Helgoland-Sansibar-Vertrages zwischen dem Deutschen Reich und Großbritannien)
6 Pfennig + 94 Pfennig Zuschlag. Mehr als das Fünfzehnfache.
Bis wir hier das Niveau der Nationalsozialisten erreichen, ist noch viel Luft nach oben.

Contra:
Was für eine Abzocke.
Die Post verkauft EUR 1,60-Briefmarken für EUR 9,90.
Wir wissen doch alle ganz genau, dass die NFTs nichts wert sind, oder bestehen an dieser Erkenntnis noch ernsthafte Zweifel ?
Und dann das ganze Englisch. Muss das wirklich sein?
Nonfandschibältöukän ? Was soll das sein ?
Heiße Luft aus Nullen und Einsen.
Und der "Kooperationspartner" ciphers.me ?
Ciphers sind wohl Schlüssel oder Verschlüsselungstechniken.
Und dann der sanfte Hinweis der Post auf das "energieeffiziente" "proof of stake"-Verfahren, das tatsächlich weniger Energie "frisst" als das "proof of work"-Verfahren.
Erspart uns die Diskussion darüber, wieviel Rechenleistung für den "Crypto-Mist" zusätzlich benötigt wird und welche CO2-Emissionen damit verbunden sind.

Meine Meinung dazu ?

Ist noch in Arbeit, Verzeihung "in progress", natürlich.
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/18395
https://www.philaseiten.de/beitrag/327330