Thema: Portobriefe / Frankobriefe / Teilfrankobriefe / Fahrpostbriefe
bayern klassisch Am: 12.12.2010 10:07:02 Gelesen: 44823# 17@  
Hallo Postgeschichte,

du schreibst: "Teilfranco" (= Weiterfranco)

Das ist falsch. Ein Teilfrankobrief weist eben KEIN Weiterfranko aus. Ein Weiterfranko ist immer die Vorauszahlung des Absenders für Postgebühren, die außerhalb seines Postgebietes anfallen.

Alte Briefe definieren sich so:

Am Ort der Aufgabe gab es keine Postwertzeichen: Brief der Vormarkenzeit (Vorphilatelie ist FALSCH, weil es eine Philatelie auch in der Zeit gibt, in der es noch keine Marken gab). Oder ist ein mit der Post beförderter Brief von 1820 nicht Objekt philatelistischer Begierde und Forschung?

Portobrief: Die Postgebühr zahlte der Empfänger.

Ein Botenlohn vom Ort des Absenders (ohne Poststelle) bis zum Ort der Postaufgabe kann gezahlt geworden sein. Die Zahlung einer solchen privaten Dienstleistung hatte nichts mit der Post zu tun, so dass es weiterhin ein Portobrief war.

Teilfrankobrief: Der Absender zahlt die Postgebühr für ein Postgebiet oder für mehrere Postgebiete, jedoch nicht für alle betroffenen Postgebiete. Entweder weil er nicht weiß, wie teuer der i. d. R. letzte Teil des Versands ist, oder weil es postvertraglich nicht möglich ist, die Postgebühr zu entrichten.

Frankobrief: Der Absender zahlt alle Gebühren, die anfallen bis zur letzten Poststelle.

Besonderheiten: Teilportobrief.

a) Der Absender ist in einem Postgebiet portofrei gestellt und zahlt dafür bis zur Grenze eines anderen Postgebiet nichts. Ab dort wird der Brief zum Portobrief, welches allein der Empfänger zu tragen hat.

b) Der Absender in einem Postgebiet schickt unfrankiert ab, der Empfänger in einem anderen Postgebiet genießt aber die Portofreiheit dort, so dass er nur den fremden Portoanteil bei der Abgabe bezahlt.

Eine weitere Besonderheit sind gemischte Frankobriefe.

a) Der Absender eines Briefes zahlt für die Versendung in seinem Postgebiet nichts, weil er aktiv portobefreit ist, jedoch frankiert er die Strecke für das Postgebiet des Empfängers.

b) Der Absender frankiert bis zur Grenze, zahlt jedoch nichts für die Strecke ab da, weil der Empfänger in seinem Postgebiet portobefreit ist (passive Portofreiheit).

Die mir nur einmal bekannte Variante bei einem Dreiländerbrief möchte ich nicht vorenthalten:

Der Absender zahlte einen Botenlohn bis zur Aufgabepost, war aber selbst portofrei im Inland. Auch zahlte er für das Transitland Postgebühren. Im Land der Abgabe war der Empfänger portobefreit, doch fiel hier ein Botenlohn für die Strecke von der Abgabepost bis zu ihm nach Hause an. Bezahlt, frei, bezahlt, frei, bezahlt.

Diese Beispiele lassen sich bei Postsonderdiensten fortsetzen, denn ein teilfrankierter Expressbrief z. B. aus 1869 brauchte die Gebühr für den Expressboten nicht zu enthalten. War diese Expressgebühr zahlbar, wurde jedoch nicht bezahlt, spricht man hier wieder von Teilfrankatur; hat der Absender sowohl das Franko als auch die postalische (!) Zustellgebühr entrichtet, handelte es sich um einen Frankobrief mit mehreren Postgebühren.

Wurde ein Brief mit Marke(n) bis zu einer Grenze frankiert, aber die darüber hinaus reichende Wegstrecke war nicht mit Marken frankierbar (weil es die Verträge so vorsahen), dann konnte er diese Strecke bar frankieren; wir nennen diesen modus operandi eine geteilte Frankoabgeltung.

Man spricht ebenfalls von frankierten Briefen, wenn die Abgabepost den zuvor frankierten Brief nicht zustellen konnte, weil der Empfänger nicht erreichbar war und erst ein privater bzw. konzessionierter Bote den Brief für einen Botenlohn zustellen konnte. Auch hier war die postalische Beförderungsgebühr abgegolten, da für die endliche Zustellung eine Frankierungsmöglichkeit des Absenders nicht gegeben war.

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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