Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 12.12.2010 21:11:28 Gelesen: 1363013# 568@  
@ derLu [# 565]

Recht so.

Natürlich verweist die römische Drei (III) auf die vierte Viertelstunde. Mein Fehler.

Ich denke, daß die Sendungen, die an die Zusteller rausgingen, aber natürlich auch die Sendungen, die als unzustellbar zurückkamen, teils auch noch im Amt adressenmäßig recherchiert werden mußten, auf dem Weg zur Zustellung erneut gestempelt wurden. Möglicherweise wurden sie sogar nach Rückkehr vom erfolglosen Zustellversuch gstempelt, um die Behandlung der Sendung lückenlos belegen zu können. Die Rohrppostbetriebsordnungen legen pingelig genau fest, was da vor allem buchhalterisch alles zu geschehen hat.

Vielleicht bringt ja der folgende Beleg aus dem Jahre 1887, der den Kastenstempel 3 x aufweist, mehr Aufklärung in die Geschichte (etwas kontrastreicher gescant, daher farblich nicht ganz korrekt):



Ich habe mir noch nicht die Zeit nehmen können, die Handschrift auf der Karte zu entziffern. Aber ich versuche es einmal:

Beide Adressen Manteufelstr. Nr. 24 nicht ermittelt
Im 49ten Polizeirevier nicht gemeldet Schulz 36 (d.h. wohl Zusteller N° 36)
Firmen werden hier nicht gemeldet
B. 23.7.1887
E.M.A. Gehrmann 7.20 (Uhr)

Es werden also Melderegister befragt, man geht zur Polizei etc. und bestätigt ganz zum Schluß unter genauer Minutenangabe, wann man was festgestellt hat.

Die nachfolgende, im gewisser Hinsicht noch viel verrücktere Karte, die - zwar keine Rohrpostkarte - doch nicht weniger als sechs mal nachgesandt wurde, habe ich schon in einem anderen Forumsbeitrag analysiert:



Was wir hier erkennen ist, wie die Karte unter Zuhilfenahme von Adressbüchern, Nachfragen bei der Polizei etc. an ihren Empfänger gebracht werden sollte. Im einzelnen folgendes:

Die Karte (P 33 II) ist ja relativ selten und mit über 100 Michel-Euro recht teuer (Druckdatum 894c, kein Wasserzeichen und keine erkennbaren Punktlücken), was schon einmal Freude macht. Aber der Postweg, den die Stempel ebenso wie die handschriftlichen Vermerke dokumentieren, und den ich hier einmal versuchsweise zu rekonstruieren wage, hat es in sich:

1. Station: Aufgegeben wurde die Karte am 10.07.1894 in Berlin N 37, 5-6 Uhr nachmittags
2. Station: Zustellversuch durch PA Berlin O 17 am 10.07.1894 zwischen 6.15 und 7.15 Uhr abends, dort unzustellbar. Vermerk: Nach Weberstraße 15 verz. Handzeichen 10/7.
3. Station: "O 17 Poliz Attest", d.h. offenbar Konsultation der polizeilichen Melderegister zur Bestätigung der Nachsendeanschrift
4. Station: Zustellversuch durch PA Berlin W 10 am 11.07.1894 zwischen 7.45 und 9.15 Uhr vormittags, dort unzustellbar. Vermerk: Nach Weberstraße 50 verzogen, Handzeichen 10/7.
5. Station: Zustellversuch durch PA Berlin O 17 am 11.07.1894 zwischen 11.00 und 12.15 vormittags, dort erneut unzustellbar
6. Station: Zustellversuch durch PA Berlin ### am 11.07.1894 zwischen 4.15 und ### nachmittags, dort unzustellbar
7. Station: Ermittlungsversuch durch PA Berlin N 37 am 12.07.1894 zwischen 7.00 und 8.30 vormittags (wohl zur Kontaktierung des Absenders: A. Heinz, Straßburger str. 22 I), nicht angetroffen
8. Station: Ermittlungsversuch durch Postbeamten Hübner am PA Berlin NO 18. Ergebnis: Polizeilich nicht gemeldet
9. Station: (Boten?)-Stempel P 2 vom 12.07.1894 2.00 bis 3.00 nachmittags (wohl Zurückbeförderung der Karte nach Berlin N 37)
10. Station: Ermittlungsversuch duch PA Berlin N 37 am 13.07.1894 zwischen 7.00 und 8.00 nachmittags/abends zur Kontaktierung des Absenders (Erfolg ?)
11: Vermerk: Adresse Weberstr. 50 mit Hilfe der ???? nicht zu ermitteln, Namenszeichen 24/8 (?)
12: Vermerk: Adresse ist in Weberstr. 15 ohne nähere Angaben ????? nicht zu ermitteln ???? 25/8 Namenszeichen

Mit einem Wort: Es wurde damals von der Post noch viel geboten für schlappe 5 Reichspfennig.

Einen schönen Abend noch
 
Quelle: www.philaseiten.de
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