Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 14.12.2010 10:26:08 Gelesen: 1363104# 572@  
Guten Morgen DerLu,

danke für die Meldung. Ja, es war ein ordentliches Stück Arbeit, den gezeigten Beleg zu interpretieren.

Etwas zu schnell war ich hingegen bei der Karte mit den 3 Kastenstempeln vom H.T.A. Eigentlich wollte ich die nur zeigen, habe mich dann aber doch zu einer Lektüre der Texte hinreißen lassen und dabei übersehen, daß ganz links noch eine Inschrift mit Blaustift angebracht ist:



Also versuchen wir die Interpretation des Ganzen noch einmal, und zwar ausführlich.

Zunächst die Anschrift:

Schnieder & Götting
Wohlgeboren
Kronenstrasse
N° 47, Parterre
Geschäfts-Locale

1) Aufgegeben am 23/10. 1887 in Berlin W 30

2) Ankunft am 23/10. 1887 im H.T.A. 1 N.

3) Da die Kronenstraße im Zustellbereich des H.T.A. lag, Weiterleitung innerhalb des Amtes zur Zustellung.

4) Dort Kastenstempel 23/10 87 * 1 12 N.

5) Von hier der erste, erfolglose Zustellversuch in der Kronenstraße. Dann Anschriftenermittlung (vielleicht auch Mitteilung durch Hausbewohner), dann Dokumentation der Information und schließlich Abänderung der Adresse in Manteuffelstraße 24.

6) Adresse ist [nzuhet] Manteuffelstr 24 / BV [Betriebs- und Verkehrsdienst?] [kürzel]

7) Weiterleitung per Rohrpost an das zuständige PA SO 36 (die Manteuffelstraße liegt gleich ums Eck)

8) Dort RP-Ak-Stpl SO 36 23 X 87 2ii N. (also zwischen 14:30 und 14:44 Uhr)

9) Dort unzustellbar: "Beide Adressen Manteuf[f]elstr. N°. 24 nicht ermittelt"

10) Im 49ten Polizeirevier nicht gemeldet Schulz 36 [d.h. wohl Zusteller N° 36]

11) Zurück ans H.T.A. dort Ermittlungsstelle für unzustellbare Sendungen? (frz.: rébuts, engl.: dead letter box)

12) Kastenstempel 23/10 87 * 5 55 N. als Ankunftsstempel des H.T.A.

13) hausinterne Weiterleitung zur nächsten Bearbeitung/Ermittlung

14) Kastenstempel 23/10 87 * 6 34 N.

15) Firmen werden hier nicht gemeldet / B. 23.7.1887 / E.M.A. Gehrmann 7.20 (Uhr)

16) oben: 1/11 [1887?], wohl der Tag, an dem die Bemühungen um die Zustellung der Sendung definitiv aufgegeben wurden.

Es werden also Melderegister befragt, man geht zur Polizei etc. und bestätigt ganz zum Schluß unter genauer Minutenangabe, wann man was festgestellt hat. Die Reihenfolge der Handlungen 12 bis 15 ist ungewiß. Es scheint, als dokumentierten die beiden Abschläge des Kastenstempels um 5.55 N und 6.34 N jeweils verschiedene Schritte der Ermittlung/Bearbeitung und demgemäß die Einspeisung der Karte in die Hausrohrpost zu den verschiedenen Bearbeitungs-/Ermittlungsstellen.

Macht das Sinn?

fragt freundlich grüßend

telosgraphein007
 
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