Thema: Antisemitismus
10Parale Am: 06.01.2024 22:29:51 Gelesen: 440# 17@  
@ Ameise [#16]

ein sehr interessantes Dokument. "Wurde Max Weinberger deportiert oder konnte er noch rechtzeitig das Land verlassen?". Wenn an sich mit diesem Dokument an jüdische Forschungsstellen wendet, kann man bestimmt mehr herausfinden. Museen wissen oft mehr und haben Spezialisten an der Hand, die da weiterforschen können.

Dein Beitrag, Enrico, erschien knapp vor einem Jahr. Ich möchte das Thema "Antisemitismus" heute mal mit einer schönen Geschichte fortsetzten. Warum schöne Geschichte bei so einem traurigen Thema?

Ich beschäftige mich seit einigen Jahren mit der Geschichte von Ostrava (Ostrau) im heutigen Tschechien an der Grenze zur Polen und nicht weit weg von der Slowakei. Dort fließt der kleine Fluss Ostravice in die Oder. Man nennt die Stadt im Tschechischen auch "Moravska Ostrava". (Mährisch-Ostrau) Einst gehörte sie zur k.u.k. Monarchie. Die Stadt wurde erst im 18. und 19. Jahrhundert durch die Entdeckung und den Abbau von Kohle und die Weiterverarbeitung (Veredelung) zu Eisen und Stahl eine prosperierende Stadt.

Bis ins späte 18. Jahrhundert war es Juden nicht erlaubt, sich in Ostrava niederzulassen. Sie wohnten außerhalb der Stadt oder in Ihren Ghettos. Erst ab dem Jahr 1781 wurde es den Juden erlaubt, in die Stadt zu ziehen und den Gewerben nachzugehen, die ihnen erlaubt waren. Diese Toleranz sorgte schnell dafür, dass Ostrava eine sehr wohlhabende und reiche Stadt wurde, die viele Immigranten anzog, die die Stadt mit Ihrem Können (heute würde man sagen Know-How) bereicherten.

Dies ging alles recht gut bis zum 14. Mai 1939, als die Deutschen einmarschierten. Die prosperierende Stadt UTOPIA fand ein jähes Ende. Am 22. September 1942 wurden die ersten Juden von Ostrava nach Theresienstadt (Terezin) transportiert. Am Simchat Torah, 3 Wochen nach dem höchsten Feiertag Yom Kippur, landeten die ersten Juden von Ostrava in Auschwitz und wir wissen, was dort geschah.

Die Synagoge in Ostrava wurde wie in vielen Orten Europas zerstört. Nur die Thora-Rolle überlebte und kam über Umwegen zuerst nach Prag, wo sie mit vielen anderen Thora-Rollen auf Geheiß der Besatzer irgendwo gelagert wurde. Sie wurde irgendwann nach dem 2.ten Weltkrieg nach England verschifft und landete in Kingston-on-Thames.

Forschern gelang es dann im Rahmen von Analysen im Jahr 2005 herauszufinden, woher die Thora-Rolle Nr. 129 stammte. Tatsächlich war es die alte Thora-Rolle aus Mährisch-Ostrau, die dort im Gottesdienst ihren Dienst verrichtet hatte.

Als ich die Tage diese britische Dienstmarke mit dem Stempel von Kingston on Thames fand, wurde ich wieder von der schönen Geschichte und dem Wunder der Erhaltung der Thora-Rolle erinnert.

Liebe Grüße

10Parale



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