Thema: Briefmarkenhaus Hermann E. Sieger wird nach 101 Jahren liquidiert !
TeeKay Am: 17.01.2024 11:53:46 Gelesen: 12071# 7@  
Ein Schwergewicht war Sieger zuletzt nicht mehr. 2020 machte das Unternehmen nur noch 2,7 Mio Euro Jahresumsatz - 7400 Euro pro Kalendertag oder pro Mitarbeiter und Kalendertag 116 Euro. Da machen Bettler in London doppelt soviel Tagesumsatz.

Ich persönlich denke, dass es nicht schade um das Unternehmen ist. Ja, sie haben Marken aus exotischen Ländern im Abo angeboten. Und ja, das mag für den einen oder anderen günstiger gewesen sein, als sie sich direkt an der Quelle zu besorgen. Aber der Großteil des Geschäfts dürfte auf überteuerte Motiv-Abos entfallen sein, mit denen Menschen das Geld aus der Tasche gezogen wurde [1]. Der BDPh wurde mit kleinen jährlichen Spenden gewogen gestimmt, auf dass bis heute Verbandsoffizielle das Loblied "Wenns Spaß macht, ists gut" auf wertlose aber teure Aboprodukte anstimmen. Seltsamerweise bewarb Sieger das Zeug in den mir bekannten Fällen nicht mit gigantischen Mengen Spaß, sondern mit potenziellen Wertentwicklungen, die nie eintraten.

Als Versandhändler ausgerechnet Covid und die weggefallene Möglichkeit der Werbung in Postfilialen für das Scheitern verantwortlich zu machen, ist absurd. Als die Sieger-Tütchen aus den Filialen verschwanden, tauchte im Hintergrund eine Erfindung namens Internet auf. Man mag es kaum glauben, aber einige der wertvollsten Aktiengesellschaften der Welt sind im Internet groß gewordene Onlineshops. Nie zuvor war es möglich, zielgruppengenauer Werbung zu machen und Kundenadressen einzusammeln. Nie zuvor war es möglich, Werbebudgets so exakt zu steuern wie heute. Und was könnte für Versandhandel besser sein als eine Pandemie, bei der Menschen nicht mehr das Haus verlassen?

Wahrscheinlicher ist für mich, dass der Vater bis zum Schluss nicht das Zepter an den Sohn abgeben wollte und das Geschäft so führte, wie er es seit 50 Jahren tat - ohne Internet.

[1] Siehe Bilanz für 2018: "Bedauerlicherweise hat sich die Prognose vom letzten Jahr - im Jahre 2018 - nicht erfüllt. Wir mussten wiederum einen Umsatzrückgang von über 10 Prozent hinnehmen, was darauf zurückzuführen war, dass es in diesem Jahr kein internationales Großereignis gab, welches weltweit philatelistisch dokumentiert werden konnte. Es gab also weniger Briefmarken, die angeboten und verkauft werden konnten."
 
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