Thema: (?) (82) Barfrankaturen als Notbehelf bei Wiederaufnahme des Postverkehrs 1945
Knorkes Am: 06.01.2011 10:37:39 Gelesen: 109842# 1@  
Mit der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches am 8. Mai 1945 und dem damit einhergehenden totalen wirtschaftlichen Zusammenbruch kam auch der Betrieb der Deutschen Reichspost weitgehend zum Erliegen.

Doch noch in der ersten Mai-Hälfte nahmen bereits einzelne Postanstalten auf lokaler Ebene den Briefpostverkehr wieder auf. Weitere folgten nach und nach, so dass schon nach relativ kurzer Zeit die Arbeitsfähigkeit innerhalb der einzelnen Besatzungszonen fast flächendeckend wiederhergestellt war.

Die Barfrankaturen dominierten dabei monatelang das Erscheinungsbild der Briefpost, denn sie waren bis zur Herausgabe der einzelnen Zonenausgaben der alleinige sanktionierte Freimarken-Ersatz und damit die typische Notfrankatur jener Zeit. Notganzsachen und Lokalausgaben folgten überwiegend erst in größerem zeitlichen Abstand. Außerdem kann hier, besonders bei denjenigen mit umfangreichen- und vielfältigen Emissionen eine philatelistische- (und) oder kommerzielle Beeinflussung nicht ganz ausgeschlossen werden.

Das schlichte Erscheinungsbild der Barfrankaturen als Notbehelf hat dazu geführt, dass die „markenlosen“ Belege nur von wenigen Sammlern aufbewahrt wurden. Allenfalls dienten sie ihnen zur vorübergehenden Aufbewahrung von losem Briefmarkenmaterial. Die enorme Papierknappheit sorgte überdies dafür, dass Briefumschläge gewendet und wieder benutzt oder zu Notizzetteln wurden.

Der größte Teil der Belege landete letztendlich im damals volkswirtschaftlich wertvollen Altpapier.

Der größte Teil der Belege landete letztendlich im damals volkswirtschaftlich wertvollen Altpapier. Das ist insofern bedauerlich, da durch die massenweise Vernichtung dieser Briefumschläge und Karten neben den Barfrankaturen auch Zeugnisse von menschlichen- und wirtschaftlichen Notsituationen der unmittelbaren Nachkriegszeit unwiederbringlich verloren gingen.

Vielfach offenbaren die Belege, selbst schon in Absenderangaben, Anschriften und postalischen Vermerken: Kriegseinwirkungen, Suche nach vermissten Angehörigen, Brennstoffprobleme sowie unterbrochene Geschäftsverbindungen. Manche Inhalte von Postkarten spiegeln ergreifende Familien- oder Einzelschicksale wider.

Leider haben viele Philatelisten, die sich mit dem Zeitraum der Wiederaufnahme des Postverkehrs befassen, den besonderen Stellenwert der Barfrankierungen als Notmaßnahme noch immer nicht erkannt. Das ist um so weniger verständlich, als die auf diesen Belegen „direkt“ aufgebrachten Stempel (einschließlich der Aufgabestempel) mit denjenigen, die sich später oftmals auf Not-Ganzsachen oder Lokalausgaben wiederfinden, weitgehend identisch sind. Sie waren bisher für einen Großteil der Sammler nur auf einer Postkarte (Ganzsache) oder auf Trägerpapier (Lokalausgabe), selbst als „Mache“ philatelistisch relevant und sammelwürdig. Auch die verbreitete, landläufige Bezeichnung „Gebühr bezahlt-Belege“ bekräftigt diese Auffassung, da sie unterschwellig diese postalischen Notmaßnahmen mit „Gebühr bezahlt“-Stempeln und -Eindrucken gleichstellt, die zu fast allen Zeiten in großer Zahl auf Massensendungen zu finden waren und es noch sind. Selbst in einigen Auktions-Katalogen und Händler-Listen werden sie noch unter dieser abwertenden Bezeichnung offeriert.

Dass die notmaßnahmlichen Barfrankaturen der Nachkriegszeit völlig zu Recht eine große Aufmerksamkeit verdienen, haben jahrzehntelange Forschungsarbeiten belegt. Demnach muss man davon ausgehen, dass insgesamt schätzungsweise maximal noch 100.000 sammelnswerte Belege verfügbar sind.

Viele von ihnen bieten hochinteressante Aussagen, und ein großer Teil davon – besonders bei der Betrachtung der einzelnen Postorte – darf zu den Raritäten der Nachkriegs-Briefpost gezählt werden.

Günter M.H.Kopiak
 
Quelle: www.philaseiten.de
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