Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 11.01.2011 00:32:34 Gelesen: 1359837# 600@  
@ philast [#598]

Zu dem Brief ab Wien kann ich nur sagen, daß es fraglich ist, ob Teschin selbst der Landzustellbezirk war, auch die zu bezahlende Rohrpost 'auf Verlangen' geht aus dem Brief und seiner Behandlung nicht hervor, sondern lediglich die unentgeltliche Rohrpost für Eilsendungen 'von Amts wegen', und da komme ich auf 40 Pf Eilboten plus maximal 24 Pf Doppelbrief. Ansonsten sind es schöne Bogenränder eines Pärchens 50 Pf Hindenburg, die auf Brief sicherlich nicht häufig sind.

Zudem stammt der Brief ja nicht mehr aus den ersten Monaten der Okkupationszeit Österreichs, als noch Schillinge in Reichsmark umgerechnet werden mußten, und dies nun auch noch teilweise auf der Grundlage der alten österreichischen Gebühren: also 30 Groschen Eilbotengebühren oder eben 20 Rpf anstelle von 40 Rpf respektive 60 Groschen wie im sonstigen Reichsgebiet, oder 40 Groschen respektive 34 Rpf Einschreibgebühr. Und wenn dann die bis 31. Oktober 1938 gültigen Groschen und Schilinge so gleich nach der Portoanpassung am 31. Juli 1938 mit den Pfennigen verwechselt werden, dann kommen abenteuerliche Überfrankaturen heraus. Dies ist aber nur in den ersten Monaten der sogenannten Ostmark sogar amtlicherseits der Fall, nicht aber im Jahre 1940. So einen Portostufenrohrkrepierer aus dem deutsch-österreichischen Bedarf von 1938 nachfolgend:



Wunderschön: Rohrpost in Wien durch zwei Stempel am 4. August 1938 verewigt und dann am nächsten Tag noch drei mal Stempel der Rohrpost Frankfurt/Main, zudem vorderseitig abgeschlagen. Sammlerherz, was willst du mehr? Klar will das Sammlerherz mehr, nämlich portorichtige Belege, denn da stimmt nix: 60 Rpf plus 3 Groschen, also 2 Rpf, ergo 62 Rpf kleben auf der Karte. Doch rechnen wir: 6 Rpf Postkartenporto, 40 Rpf Eilbotenzuschlag und nun denken wir uns noch virtuelle 10 Rpf Rohrpost für Rohrpost Wien dazu und noch luftig-volatile 5 Rpf Luftpost, dann kommen wir auf maximal erforderliche 61 Rpf. Aber halt: Postgeschichte ist kein Wunschkonzert und nicht portorichtig ist eben nicht portorichtig.

Ein Basis-Rohrpostbeleg zur Okkupationszeit aus Wien sieht etwa so aus:





12 Rpf Fernbrief plus 10 Rpf Rohrpost, freundlicherweise auch noch in Prag vom Telegraphenamt bearbeitet.
62 Rpf kostete ein Rohrpost-Eilbotenbrief in die Ferne, hier von Wien nach München am 6. Jänner 1943





Zur Wiener Rohrpost-Kür - jetzt als 'Rohrpost von Amts wegen' auf Luftpostbriefen - werden dann die krummen Portostufen der östereichischen Luftpost zur ersten Reichsmarkzeit, als da wären:

91,3 Rpf oder 1,37 Schilling in Mischfrankatur auf Luftpostbrief vom 28.4.1938 ab Wien 50 per Rohrppost über Wien Telegraphenzentralstation (T.Z.St.) und Wien 1 Luftpost nach Sumatra:





Übrigens kostete ein gleicher Luftpostbrief ab Berlin zur selben Zeit nur 80 Rpf. Könnten wir also die Überfrankatur von 11,3 Rpf als eine Art stillschweigender Rohrpostgebühr interpretieren? Wohl eher nicht.

Und Freude bereitet auch folgende 2,50 RM-Frankatur (3,75 Schilling) auf Luftpostbrief ab T.A. 17 Wien XIX (also Telegraphenamt 17 in Wien 19. Bezirk Döbling) vom 29.6.1938, wiederum per Rohrpost 'von Amts wegen' durch Wien und dann ab nach Buenos Aires:





Der gleiche Brief kostete zur gleichen Zeit ab Berlin nur 1,50 RM.

So, isch haben fertisch für heute Abend.

Allen eine gute Nacht
wünscht
telosgraphein007
 
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