Thema: Bund: Poststationen 2.0 für Automatenmarken
Stefan Am: 28.02.2024 19:48:19 Gelesen: 2690# 360@  
Ich finde recht interessant, was im Entwurf zum neuen Postgesetz [1] geplant ist, welches aktuell zur Diskussion zwischen Bundestag und Bundesrat pendelt.

In Paragraph 10 - "Filialen und automatisierte Stationen" werden Vorgaben zur Meldung der Standorte gemacht:

(1) Betreiben Anbieter Filialen oder automatisierte Stationen, so haben sie der Bundesnetzagentur jeweils zum 1. Januar und zum 1. Juli eines Jahres die folgenden Informationen zu diesen Einrichtungen elektronisch zu übermitteln:

1. die Anschrift der Einrichtung bestehend aus Straße, Hausnummer, Postleitzahl, Ort,
2. den Betreiber der Einrichtung [...]
3. die Art der Einrichtung.

Betreiben Anbieter Filialen oder automatisierte Stationen im Auftrag eines anderen Anbieters, so sind die Informationen nach Satz 1 ausschließlich durch den Anbieter zu übermitteln, in dessen Auftrag die Filiale oder die automatisierte Station betrieben wird.

[...]


Damit kann der Betrieb von Filialen oder automatisierten Einrichtungen ausgelagert und fremdvergeben werden.



Interessant wird Paragraph 17 - "Infrastrukturvorgaben" (Fettdruck als eigene Hervorhebung). Der Absatz (1) ist der Vollständigkeit wiedergegeben und dürfte meinem Eindruck nach eines der wesentlichsten Kernelemente des neuen Postgesetzes gelten:

(1) Bundesweit müssen mindestens 12.000 Universaldienstfilialen vorhanden sein. Sie müssen werktäglich nachfragegerecht geöffnet sein. In allen Gemeinden und in allen zusammenhängend bebauten Wohngebieten mit mehr als 2.000 Einwohnern muss ein Universaldienstanbieter mindestens eine Universaldienstfiliale betreiben. Satz 3 gilt in der Regel auch für Gemeinden, die nach landesplanerischen Regelungen zentralörtliche Funktion haben. In zusammenhängend bebauten Wohngebieten mit mehr als 4.000 Einwohnern ist grundsätzlich zu gewährleisten, dass eine Universaldienstfiliale in höchstens 2.000 Metern erreichbar ist. In allen Landkreisen muss ein Universaldienstanbieter mindestens je Fläche von 80 Quadratkilometern eine Universaldienstfiliale betreiben. Alle übrigen Orte müssen durch einen mobilen Postdienst versorgt werden. Bei Veränderungen im Bestand von Universaldienstfilialen hat der Universaldienstanbieter mindestens zehn Wochen vor der Maßnahme, das Benehmen mit der zuständigen kommunalen Gebietskörperschaft herzustellen.

(2) Abweichend von Absatz 1 kann die Bundesnetzagentur im Benehmen mit der jeweils betroffenen Gebietskörperschaft automatisierte Stationen anstelle von Universaldienstfilialen zulassen, wenn diese barrierefrei sind und eine Nutzung ohne eigene technische Geräte ermöglichen. Sie berücksichtigt dabei insbesondere,

1. die örtliche Nachfrage nach Postdienstleistungen,
2. die Möglichkeit, eine Universaldienstfiliale im Sinne des Absatzes 1 einzurichten, und
3. ein angemessenes Verhältnis zwischen automatisierten Stationen und Universaldienstfilialen in der jeweiligen Region.

Durch Allgemeinverfügung kann die Bundesnetzagentur die näheren Voraussetzungen festlegen, unter denen sie automatisierte Stationen nach Satz 1 zulässt. Sie kann insbesondere die Vorgaben der Sätze 1 und 2 konkretisieren.

[...]

(5) Im Einvernehmen mit der betroffenen kommunalen Gebietskörperschaft kann im Einzelfall von den Vorgaben des Absatzes 1 Satz 3 bis 5 und des Absatzes 3 Satz 1 abgewichen werden, wenn dies den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer vor Ort entspricht.




Seitens des Gesetzgebers macht man sich auch Gedanken, zukünftige postalische Experimente rechtlich zu legitimieren. Dazu heißt es in Paragraph 23 mit dem Thema "Erprobung neuer Modelle der Postversorgung" wie folgt:

(1) Die Bundesnetzagentur soll zur Erprobung neuer - insbesondere barrierefreier, nachhaltiger, digitaler, automatisierter oder mobiler - Modelle der Versorgung mit Postdienstleistungen Abweichungen von den Vorgaben dieses Abschnitts sowie des Abschnitts 1 zulassen, soweit diese mit den Zielen des § 2 Absatz 2 vereinbar sind und keine anderen öffentlichen Interessen entgegenstehen. Die erstmalige Erprobung soll auf einen Zeitraum von bis zu drei Jahren beschränkt werden. Bestehen die ursprünglichen Zulassungsbedingungen fort und haben sich Modelle in der Erprobung bewährt, kann die Bundesnetzagentur unter den Voraussetzungen des § 17 Absatz 5 deren Beibehaltung für einen Zeitraum von weiteren zwei Jahren zulassen.

(2) Die Erprobung eines neuen Modells ist durch einen Universaldienstanbieter bei der Bundesnetzagentur zu beantragen. Die Bundesnetzagentur legt nach pflichtgemäßem Ermessen und bezogen auf den konkreten Einzelfall fest, welche Informationen und Unterlagen der Universaldienstanbieter beizubringen hat, um eine Entscheidung nach Absatz 1 zu ermöglichen.

(3) Der Universaldienstanbieter hat der Bundesnetzagentur in regelmäßigen Abständen über den Stand und die Erfahrungen sowie die Erreichung der Ziele der Erprobung zu berichten. Unbeschadet des § 24 übersendet die Bundesnetzagentur dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in regelmäßigen Abständen einen Bericht über die wesentlichen Ergebnisse der Erprobungen, insbesondere auch mit Blick auf möglichen Anpassungsbedarf dieses Gesetzes mit dem Ziel der angemessenen Berücksichtigung und Nutzbarmachung neuer Modelle der Postversorgung.

(4) Von den Vorgaben des § 18 Absatz 1 kann im Rahmen der Erprobung neuer Modelle nach Absatz 1 nicht abgewichen werden. Die Möglichkeit, nach § 17 Absatz 5 von den Vorgaben des § 17 Absatz 1 Satz 3 bis 5 sowie des § 17 Absatz 3 Satz 1 abzuweichen, bleibt unberührt.


Der erwähnte Paragraph 18 bezieht sich auf Laufzeitvorgaben von Sendungen (Brief und Paket) im Inland. Paragraph 17, Absatz 3 befasst sich mit der Verbreitung von Briefkästen der DPAG. Insbesondere der Absatz (1) macht deutlich, dass zukünftig seitens der Deutschen Post bzw. DHL weiterhin einige Neuentwicklungen in der Praxis getestet werden könn(t)en bzw. zu erwarten sind.



In der Begründung des neuen Gesetzes heißt es auf Seite 90 (Fettdruck als eigene Hervorhebung):

Die Infrastrukturvorgaben bleiben unverändert. Auch in Zukunft müssen mindestens 12.000 Universaldienstfilialen betrieben werden. Um der fortschreitenden Digitalisierung Rechnung zu tragen, können in Zukunft auch automatisierte Stationen die Funktion einer Universaldienstfiliale übernehmen, solang ein angemessenes Verhältnis von personenbetriebenen und automatisierten Stationen sichergestellt ist. Dabei wird es in Zukunft möglich sein, von den starren Standortvorgaben abzuweichen, falls die betroffene kommunale Gebietskörperschaft dem zustimmt. Damit soll den örtlichen Verhältnissen Rechnung getragen und verhindert werden, dass die gesetzlichen Vorgaben am tatsächlichen Bedarf vorbeigehen



Dito auf Seite 102:

Zu § 3 (Begriffsbestimmungen)

Zu Nummer 3:

Insbesondere im Paketbereich kommt automatisierten Stationen eine wachsende Bedeutung zu. Um entsprechende Stationen spezifischen Vorgaben im Postgesetz unterwerfen zu können, werden sie in Nummer 3 definiert. Wesentliche Elemente der automatisierten Stationen sind, dass sie stationär sind, zur Abholung oder Einlieferung von Postsendungen dienen und - anders als Filialen nach Nummer 10 - ohne Personal betrieben werden.


Spätestens an dieser Stelle wird deutlich, dass mit den automatisierten Stationen nicht nur der Paketbereich gemeint ist.



Dito auf Seite 122 (Fettdruck als eigene Hervorhebung):

Zu § 17 (Infrastrukturvorgaben)

Zu Absatz 2

Das neue Postgesetz trägt auch im Bereich des Universaldienstes dem technischen und gesellschaftlichen Fortschritt Rechnung. Automatisierte Stationen dienen bereits heute vielerorts der Versorgung mit Postdienstleistungen. Dies soll in Zukunft auch im Bereich des Universaldienstes Berücksichtigung finden. Daher könnten in Zukunft unter bestimmten Voraussetzungen und nach Zulassung durch die Bundesnetzagentur Universaldienstfilialen durch automatisierte Stationen ersetzt werden. Die Stationen müssen barrierefrei sein; dies ist der Fall, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig. Zudem müssen die Stationen ohne eigene technische Geräte benutzbar sein.


Rein rechtlich hätte die Deutsche Post zukünftig mit diesem neuen Postgesetz die Möglichkeit, Automaten (auch die 2021/2022 in NRW an 20 Standorten getesteten Poststationen) als Ersatz personell betriebener Filialen aufzustellen und in Betrieb zu nehmen. Dies gilt für Brief und Paket gleichermaßen.

Es ist davon auszugehen, dass der bisherige Entwurf des neuen Postgesetzes in weiten Teilen Bundestag und Bundesrat passieren und vermutlich Anfang 2025 in Kraft treten wird. Eine diesbezügliche Entscheidung dürfte in wenigen Wochen seitens des Gesetzgebers fallen.

Gruß
Stefan

[1] https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/E/entwurf-eines-gesetzes-zur-modernisierung-des-postrechts.pdf?__blob=publicationFile&v=2
 
Quelle: www.philaseiten.de
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