Thema: Moderne Privatpost in Deutschland
Stefan Am: 25.03.2024 18:02:32 Gelesen: 11647# 1407@  
Das Jahrestreffen der Forschungsgemeinschaft Post- und Absenderfreistempel e.V. in Hosenfeld bei Fulda vom vergangenen Wochenende war meinem Empfinden nach in diesem Jahr in Bezug auf Belegen der modernen Privatpost besonders ergiebig gewesen. Nichtsahnend eine Kiste mit Belegen (DPAG) durchgeschaut, hob sich das nachfolgende Exemplar bereits aufgrund der gelben Farbe von den übrigen Briefumschlägen (weiße Papierfarbe) ab.



Postzustellungsauftrag (PZA) vom 15.01.2024, zugestellt durch die PIN AG in Berlin

Der PZA wäre an sich bereits ganz nett und in jedem Fall aufhebenswert, doch die eigentliche Überraschung lag gleich dahinter in der Kiste:



Postzustellungsurkunde (PZU)

Der Zusteller hatte vergessen, die Zustellurkunde auszufüllen und wieder mitzunehmen. Stattdessen gelangte diese in den Einflussbereich des Empfängers (bspw. per Einwurf = in diesem Fall die Niederlegung in einem Briefkasten).

Ein Abgleich der Nummern auf dem geteilten Aufkleber ergab, dass beide Stücke zusammengehören. In beiden Fällen ist die Sendungsnummer identisch. Beide Aufkleber wieder zusammengefügt ergibt sich das Bild wie folgt:



Mich würde es nicht überraschen, wenn es sich hier um in einer Druckerei zentral vorgefertigte (bedruckte) Aufkleber handelt (analog den fertigen Aufklebern zur Sendungsverfolgung aus den früheren PIN-Shops bis ca. 2008), welche von einer größeren Rolle abgezogen und auf die zuzustellende Sendung geklebt werden.

Dies lässt folgenden Rückschluss zu, welcher zumindest praktikabel wäre:

Bei dem obigen Aufkleber handelt es sich um ein sog. "Sandwichlabel" - ein Aufkleber ähnlich einem doppelseitigen Klebeband, bestehend aus drei Schichten Papier bzw. Folie. Allerdings ist das Teil in der Mitte lediglich an einer Seite mit einem Kleber versehen, während die andere Seite als Trägerfolie agiert. Im Briefzentrum von PIN Berlin wird ein solcher Aufkleber auf die Sendung geklebt und der Brief in der Software CodX für die zukünftige Sendungsverfolgung auf der Kundennummer vom Absender erfasst. In der Zustellung zieht der Zusteller die untere Hälfte vom zweiteiligen Aufkleber ab und klebt die untere Hälfte auf die Postzustellungsurkunde. Der Postzustellungsauftrag wird beim Empfänger zugestellt (niedergelegt) und die PZU geht eidesstattlich ausgefüllt und unterschrieben an das Briefzentrum von PIN Berlin zurück. Dort wird der Rücklauf der PZU anhand der unteren Hälfte in CodX erfasst (gescannt) und die PZU an den Absender zurückgeschickt.

In der Belegekiste befand sich noch ein zweiter PZA von 2022 aus Berlin:



Postzustellungsauftrag (PZA) vom 29.06.2022, zugestellt durch die PIN AG in Berlin

Dieser Umschlag weist die Besonderheit auf, dass PIN Berlin zumindest eine zeitlang Postzustellungsaufträge maschinell sortiert hat, siehe maschinelle (kopfstehende) Angabe "16 17-10 1# 156#" unterhalb vom Sichtfenster. Auf der Rückseite findet sich an passender Stelle eine orangefarbene, fluoreszierende Codierung der Briefsortieranlage (Modell Criterion von BBH). Ich habe bisher bei keinem Postmitbewerber gesehen, dass PZA maschinell bearbeitet wurden. Soweit ersichtlich, erfolgte dies generell manuell inkl. einer manuellen Sortierung nach Zustelldepot und Transport in separaten (verschlossenen) Kisten (als sog. Mehrwertdienstleistung eines Postmitbewerbers im Vergleich zur Deutschen Post AG). Größere Mitbewerber können durchaus eine vierstellige Anzahl von PZA pro Nacht zur Bearbeitung vorliegen haben. Wenn man neben Stadtverwaltungen auch noch Gerichte oder ein oder mehrere Oberlandesgerichtsbezirke (OLG) als Kunden hat, kann die Anzahl auch schnell fünfstellig pro Nacht werden.

Gruß
Stefan
 
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