Thema: Erarbeitung einer Strategie zur Zukunft der Philaseiten in den nächsten 20 Jahren
drmoeller_neuss Am: 30.03.2024 13:27:38 Gelesen: 2377# 339@  
TeeKay spricht mir aus der Seele. Wir sollten in der Philatelie nicht die Realität aus den Augen verlieren. Die Philaseiten haben einen sehr guten Ruf, aber kein Alleinstellungsmerkmal. Es gibt auch andere kostenlose, gut moderierte Foren im deutschen Sprachraum. Auch die Stempeldatenbank hat Konkurrenz, und wer verkaufen will, muss seit einem Jahr auf ebay keine Gebühren mehr bezahlen.

Die geforderten 60.000 Euro pro Jahr werden in der philatelistischen Gemeinschaft nicht auftreibbar sein. Welcher Betrag wäre realistisch?

Ich bin frischbackener Geschäftsführer einer der aktivsten Arbeitsgemeinschaften im BDPh. Auf der letzten Jahreshauptversammlung der ArGe Jugoslawien waren über 40 Philatelisten vertreten, aus allen Schichten, angefangen vom "Groschensammler" über Verbandsprüfer bis hin zu internationalen Auktionshäusern. Der Jahresbeitrag wird meistens grosszügig aufgerundet. Pro Jahr werden 2-3 Schriften verschickt. Wir kommen auf einen Jahresumsatz irgendwo bei 5000 Euro. Die meisten Briefmarkenvereine kommen auf weniger.

Ich gehe bei den Philaseiten von etwa 150 Aktiven aus, die einen Jahresbeitrag von etwa 60 Euro zahlen würden. Bei einem höheren Betrag dürfte der Zuspruch geringer ausfallen. Zusammen mit dem erfolgreichen Konzept der Bannerwerbung wären pro Jahr auf Einnahmen im unteren fünfstelligen Euro-Bereich denkbar. Das wäre doppelt soviel wie die ArGe Jugoslawien. Damit wären aber noch nicht einmal ein Viertel der geforderten Ausgaben der Philaseiten abgedeckt.

Die von den Philaseiten verlangten 60.000 Euro entsprechen etwa der Hälfte der Einnahmen des BDPhs aus allen Mitgliedsbeiträgen. Nicht alle zahlen freiwillig, ich erinnere mich an viele Diskussionen in den letzten Jahren, wo über 50 Cent Beitragserhöhung gestritten wurde. Das Geld liegt in der Philatelie nicht auf der Strasse und auch der Handel hat angesichts zurückgehender Umsätze nicht mehr das Werbevolumen wie früher.

Was lässt sich mit 10.000 Euro pro Jahr machen? TeeKay hat alles schon geschrieben. Fast alle Foren, in denen ich angemeldet bin, arbeiten mit einer ehrenamtlichen Redaktion und mit Standardsoftware. Die Kosten für den Server werden durch Spenden bestritten. Bei einem Jahresetat von 10.000 Euro könnte noch ein Redaktionsessen mit Workshop herausspringen.

Die Datenbanken haben einen wichtigen Stellenwert für die philatelistische Forschung. Hier halte ich eine Förderung durch die "Stiftung Philatelie" für möglich und sinnvoll. Die Stempeldatenbank könnte auch unter der Federführung der Poststempelgilde weitergeführt werden.

Für die Philaseiten-Auktion wäre ein Gebührenmodell möglich, am besten eine Kombination von Einstell- und Verkaufsgebühren. Bei einem Auktionsvolumen von 20.000 bis 30.000 Euro wäre ein Gebührenaufkommen von 1000 bis 2000 Euro denkbar. Die Buchhaltung müsste von einem ehrenamtlichen "Auktionswart" gemacht werden, für die Auswertung und Rechnungsstellung reicht ein einfacher Excel-Export, die Software müsste dafür nicht umprogrammiert werden. Ich befürchte, dass die Gebühren die Kosten der Philaseiten-Auktion langfristig nicht decken können. Dann müsste die Philaseiten-Auktion mit einer entsprechenden Ankündigungsfrist abgeschaltet werden. Das Thema Gebühren und deren Eintreibung ist ein Minenfeld, wie wir es zur Zeit am Beispiel Delcampe sehen. Auf der anderen Seite kann man nicht verlangen, dass eine reine Handelsplattform bezuschusst wird.

Ich weiss ehrlich gesagt nicht, was ich in Richards Umfrage schreiben soll. Die Philaseiten-Software ist jetzt schon ein Fass ohne Boden, und jede weitere Zeile Code ist versenktes Geld. Einen Goldesel, der Euros kackt, kann man nicht programmieren. Das hatte ich irgendwann in "Theoretischer Informatik" gelernt. Bleibt nur noch eine Lotterie. Da das in Europa nicht erlaubt ist, müsste der Firmensitz der Philaseiten nach Grenada verlagert werden. Ich hatte von den Philaseiten-Machern schon einmal eine Postkarte aus diesem mittelamerikanischen Land bekommen. Spass beiseite, ich weiss nicht, wie man hier noch mehr herausholen kann.

Die Einführung von Bezahlschranken hat nur die Mitglieder verunsichert und ist inzwischen wieder eingestampft worden. Die Werbebanner sorgen für Einnahmen, aber auch das ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein.

Die Philaseiten müssen auf den Boden der Realität zurück. Ich kann auch nicht von einem Mercedes träumen, wenn ich mir nur einen Golf leisten kann.

Ein prominentes Opfer von mangelndem Realitätsbewusstsein war der ehemalige Chefredakteur der Philatelie, Wolfgang Maassen. Er hatte die Zeichen der Zeit nicht erkannt, dass die alte "Philatelie"-Redaktion nicht mehr finanzierbar war. Aufräumen mussten unbequeme Menschen und Wolfgang Maassen musste gehen. Der Verbandspräsident Decker hatte die "Philatelie" ausgeschrieben, und ein schlankes Redaktionskonzept vorangetrieben. Wie wir alle sehen, war das eine gute und richtige Entscheidung. Den gleichen Weg müssen die Philaseiten gehen.
 
Quelle: www.philaseiten.de
https://www.philaseiten.de/thema/17355
https://www.philaseiten.de/beitrag/339274