Thema: Altdeutschland Bayern Eingehende Briefe
bayern klassisch Am: 10.04.2024 09:09:30 Gelesen: 2994# 762@  
Liebe Freunde, verehrte Taxler,

heute zeige ich 2 Taxisbriefe mit unterschiedlicher Handhabung des Bestellgeldes. Beiden gemein ist die spätere Weiterleitung nach Bayern, sonst wären sie nicht in meinem Besitz und das sind sie schon über 30 Jahre lang, ohne dass ich dergleichen nochmals zu Gesicht bekommen hätte.



Ein Brief aus Marburg vom 16.8.1859 war unfrei für die Strecke bis HIldburghausen (145 km = 19 Meilen) aufgegeben worden. Das Porto wurde einst da notiert, wo heute die 3 Kr. Marke prangt mit 6 Kr., dazu im Nenner das Bestellgeld von 1 Kr.. Ausweislich der Siegelseite lief er über Kassel am 16.8., Eisenach am 17.8. und traf am selben Tag in Hildburghausen ein, wo er für total 7 Kr., hinten in blauer Tinte, ausgeliefert wurde.

Nach Zahlung des Portos gab man ihn am Folgetag, dem 18.8. jedoch als Frankobrief an Frau Rosalie Scheller mit geänderter Anschrift, jetzt bei Glasermeister Weimer in Kissingen/Bayern, erneut auf, wobei man nun einen Postvereinsbrief bis 10 Meilen vor sich hatte. Den alten Aufgabestempel von Marburg strich man mehrfach mit roter Tinte, ehe er am Folgetag in Bad Kissingen eintraf. Es ist äußert selten, einen unfrankierten Brief mit markenfrankierter Weiterleitung (nach Bayern) zu erhaschen und mit dem damaligen (Mond-)Preis habe ich aus heutiger Sicht gar keine Probleme mehr, ganz im Gegenteil (man hatte damals glatt 200 DM gefordert und alle Umstehenden haben mich damals ausgelacht, warum ich so viel Geld für einen simplen 3 Kr. Brief aus Taxis ausgegeben habe, da die doch Massenware seien). Nun ja, ich wußte es damals und heute wohl besser.



Ein Brief vom 5.7.1859 aus Alzei (heute: Alzey) war mit 2 Kr. für die Beföderung des Briefes und mit 1 Kr. Bestellgeld = 3 Kr. frankiert nach Worms auf die kurze Reise gegangen, wo er natürlich noch am selben Tag eintraf (Entfernung nur 18 km). Doch der Emfänger, Holzhändler Beker aus Freinsheim in der Pfalz, der wohl noch vor kurzem in Worms weilte, war wieder in seine nordpfälzische Heimat zurück gekehrt, so dass das Franko von 2 Kr. und das Bestellgeld von 1 Kr. eigentlich verloren waren (der Distributionsstempel hinten vom 5.7. belegt die Übergabe des Briefes an den Stadtboten in Worms), denn bei einem Postvereinsbrief bis 10 Meilen nach Bayern gab es weder eine 2 Kreuzer Frankostufe, noch ein 1 Kreuzer Bestellgeld. Die in Alzei in roter Tinte notierten 2/1 waren also durch die Nachsendung nach Freinsheim so nicht abrechenbar. Aber man war clever in Worms und flexibel obendrein. Die blaue NULL-Paraphe oben rechts wurde gestrichen und aus dem Bruch 2/1 wurde jetzt nur eine rote 3. Damit war er optisch als einfacher Postvereinsbrief mit 3 Kr. Postvereinsfranko voll bezahlt und einer Leitung über Frankenthal (6.7.) nach Freinsheim (7.7.) stand nichts mehr im Wege.

Interssieren würde mich in diesem Zusammenhang, ob der Bote in Worms seinen Kreuzer bekam, oder ob er ihn auf Grund dieser besonderen Umstände an den Fürsten abtreten musste. Jedenfalls habe ich diese Oberrosine mal vor gut 30 Jahren beim philatelistischen Arbeitskreis Pfalz sehen und kaufen dürfen und gottlob orientierte sich der Preis eher an Marke und Nummernstempel, als an der postgeschichtlichen Entstehung seiner selbst. Glück muss man haben!

Liebe Grüsse von bayern klassisch
 
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