Thema: Philatelie in der Presse
Richard Am: 18.02.2008 16:18:37 Gelesen: 1330284# 63@  
Achten Sie auf die Marke!

Von Raimund Locicnik

OÖNachrichten (16.02.08) - Die gute alte Briefpost wird von E-Mail und SMS verdrängt. Mit ihnen verliert auch die Briefmarke an Bedeutung. Bevor sie ganz verblasst, sehen wir uns an, wie dieses kleine Kunstwerk geschaffen wird.

Einer, der das ganz genau weiß, ist Robert Trsek aus Himmelberg in Kärnten. Der diplomierte Künstler und gebürtige Steyrer ist einer von fünf Stecher/Innen, die es in Österreich noch gibt.

Seine Ausbildung hat er an der HTL Steyr erhalten, die gemeinsam mit der HTL in Ferlach seit genau 130 Jahren zu den weltweit besten dieses Faches zählt. Meister wie Michael Blümelhuber, Hans Gerstmayr und Hans Köttenstorfer waren dabei seine Vorbilder.

In diesem Sinn feilt er an seiner Universalität: Er ist Markenstecher, Medailleur, Schmuckdesigner, Grafiker, Maler, Autor, Lehrer und Philosoph. Darüber hinaus ist er ähnlich wie Blümelhuber ein Gesamtheitsdenker und Systemiker, der in allen Lebensbereichen den Zusammenhang und nicht das Trennende sucht. Auch das gestalterische Pendeln zwischen dem ganz Kleinen und dem Großen pflegt er.

„Extrem war der Kontrast im Jahr 2005, als ich für das Steyrer Alten- und Pflegeheim Münichholz ein 2 mal 4 Meter großes Wandbild zum Thema ‚Lebenszyklus‘ malte und anschließend eine Marke mit dem heiligen Florian stechen musste“, erinnert sich der Künstler.

Zur Zeit arbeitet Trsek wieder an der Serie über die neun Landespatrone. Durchschnittlich 250 Stunden sitzt der 49-Jährige vor der mikroskopartigen Doppellupe mit 15-facher Vergrößerung und gräbt, kratzt, schneidet das Motiv mit dem Stichel in die Edelstahlplatte.

Einfühlungsvermögen

„Am Stecher liegt es, wie lebendig und plastisch die Marke wird“, erklärt Trsek. Das maßgebliche Kriterium ist die Schnittführung mit dem Stichel. Wer sich einmal auf der Platte verschneidet, oder einen „Unterschnitt“ erzeugt, kann seinen Fehler kaum mehr korrigieren.

In den meisten Fällen ist der Stecher nicht der Entwerfer des Motives. Das erfordert viel Einfühlungsvermögen. Fast immer stehen am untersten Rand der Marke zwei Namen, links derjenige des Motivgestalters, rechts derjenige des Stechers.

Ist der Entwurf fertig und von der Post genehmigt, wird eine Schablonen-Zeichnung angefertigt. In der Staatsdruckerei wird abermals eine Schablone, allerdings seitenverkehrt, für den Stich vorbereitet. Mittels eines „Pantografen“ wird das bis dahin siebenfach vergrößerte Markenmotiv auf das Originalformat geschrumpft und dem Stecher zur Verfügung gestellt.

Mit seinem nunmehr etwa 40 x 30 mm großen Liniengerüst ausgestattet, beginnt die monatelange Arbeit vor dem Vergrößerungsglas.

Als einer der besten Graveure seines Jahrganges wurde Robert Trsek nach der Matura mit dem ebenfalls aus Steyr stammenden Banknoten- und Markenstecher Alfred Nefe bekannt gemacht. Per Handschlag wurde für den Herbst 1979 die Aufnahme von Trsek in die österreichische Nationalbank vereinbart, und der angehende Stecher stieg Ende August frohen Mutes in eine Chartermaschine in Richtung Griechenland, um mit seinen Klassenkameraden die längst fällige Maturareise zu zelebrieren.

Abgebrannt

In Athen angekommen, fiel der Blick des Steyrers auf einen Zeitungsständer. Dort stand in großen Lettern: „Österreichische Nationalbank abgebrannt“. Ein Antritt des Jobs war mit dieser Hiobsbotschaft wohl in weite Ferne gerückt. „Ich begriff sehr schnell, dass nun Spontaneität vonnöten war und entschloss mich, sofort nach meiner Heimkehr den Wehrdienst anzutreten“, erinnert sich Trsek an den Ernst seiner Lage.

Schon ein Jahr später hatte er ein neues, viel höher gestecktes Ziel vor Augen: Er wollte akademischer Maler werden und schaffte die Aufnahmeprüfung dazu an der Linzer Kunsthochschule mit Bravour.

Gottes Mühlen

Weil er allerdings schon während seiner Zeit an der HTL viele Künstler kennen lernte, die mehr oder weniger am Hungertuch nagten, versuchte er diesem Schicksal vorzubeugen, indem er mit der Postdirektion Kontakt aufnahm. 1985 sandte er mehrere gestichelte Probeplatten ein, 1995 bekam er dann seinen ersten Auftrag. „Gottes Mühlen malen eben langsam“, tröstete ihn sein Mentor Alfred Nefe und meinte damit den österreichischen Amtsschimmel.

Heute lebt Robert Trsek auf 900 Metern Seehöhe hoch über dem Ossiachersee in einem uralten Bauernhaus. Auch dort ist er mit „zeitgeistigen“ Problemen konfrontiert.

„Auch bei der Post wird immer wieder gemunkelt, dass das Briefmarkenstechen zu teuer sei und man doch besser ganz auf die billigeren, computergenerierten Druckverfahren umsteigen solle. Dabei sprechen alle nur von Rentabilität und Gewinnoptimierung, ohne zu erkennen, welch unglaubliche Qualität dabei verloren geht.“ An diesem Punkt kommt Robert Trsek immer mehr in Fahrt.

„Achten Sie auf die Marke“, lautet sein Credo. „Die gestochene Briefmarke ist eine Marke, die in Österreich zu höchster Vollendung geführt wurde. Sie repräsentiert unser Land und baut auf der 40.000 Jahre alten geistesgeschichtlichen Entwicklung der bildenden Kunst auf. Da kann kein Computerprogramm der Welt dagegenhalten. Die Kunst lebt von Intuition und Kreativität. Der Computer lebt von seinem Programm. Der sinnliche Verlust, der uns durch die digitale Vernetzung der Welt entsteht, wird uns erst bewusst werden, wenn es kein Zurück mehr gibt“, sagt Trsek warnend.

(Quelle: http://www.nachrichten.at/magazin/wochenende/646112?PHPSESSID=2a0dec3ce8dba0b920fa40d71f7e7565)
 


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