Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 05.03.2011 19:15:39 Gelesen: 1348534# 621@  
Zu den Seltenheiten - nicht nur der Berliner, sondern auch der Pariser und der Wiener - Rohrpost gehören alle Belege, die mit Zusatzfrankaturen nach außerhalb des Rohrpostbezirks adressiert waren oder, was noch seltener ist, von außerhalb des Rohrpostbezirks in den Rohrpostbezirk gerichtet waren. In Frankreich wurde diese Möglichkeit gegen 1900 unterbunden, in Wien und Berlin konnte davon weiterhin Gebrauch gemacht werden.
So kommen nicht häufig, aber regelmäßig immer wieder, Rohrpostganzsachen oder mit Rohrpostporti frankierte Sendungen vor, die entweder mit 5 Pf für Postkarten oder 10 Pf für Briefe nach außerhalb des Rohrpostbezirks zusätzlich freigemacht sind. Die Rohrposttarife waren ja einheitliche Gebühren, welche die Beförderung der Sendung innerhalb des Rohrpostbezirks per Rohrpost udn die anschließende Zustellung beinhalteten. Eine Sendung nach außerhalb des Rohrpostbezirks mußte also überhaupt erst einmal zu den üblichen Gebührensätzen freigemacht werden, um die Grenzen des Rohrpostbezirks ohne Strafporto verlassen zu können.

Heute geht es um 2 Rohrpostkarten, die während der Zeit des auf 2 Pf. ermäßigten Ortsportos für Postkarten aufgegeben wurden. Das Ergebnis sind durchweg seltene Rohrpostportostufen von 27 Pf, die von der Auflösung der Privatpostanstalten bis zur Abschaffung des ermäßigten Ortsportos für Postkarten vorkommen können.

Im ersten Fall geht es um eine Rohrpostkarte, die nach Berlin-Grunewald aufgegeben wurde. Da Grunewald zu diesem Zeitpunkt außerhalb des Rohrpostbezirks, aber innerhalb des Ortszustellbezirks von Berlin lag, mußte das übliche ermäßigte Ortsporto von 2 Pf. zufrankiert werden, damit die Karte straffrei den Rohrpostbezirk verlassen konnte.



Umgekehrt ging es der nachfolgenden Karte von Steglitz nach Charlottenburg 3. Sie war vermutlich als mit 2 Pf zufrankierte Fragekarte von Charlottenburg nach Steglitz außerhalb des Rohrpost- aber innerhalb des Ortsbezirks aufgegeben worden. Diue Retournierung dieser Karte machte nun gleichfalls 2 Pf Zusatzfrankatur erforderlich, damit die Karte den Rohrpostbezirk überhaupt erreichen konnte. Sobald die jedoch diesen erreicht hatte, wurde sie offziell nicht als Rohrpostkarte, sondern als Ortspostkarte mit der Zusatzgebühr von 25 Pf für die Eilzustellung behandelt. Dementsprechend wurde auch die übliche Markierung mit dem liegenden roten Andreaskreuz angebracht. Faktisch wurde sie aber dennoch wie eine Rohrpostkarte behandelt, denn natürlich wurden alle technischen Mittel genutzt, um diese Karte schnellstmöglich dem Empfänger zuzustellen.



Die Karten zu 27 Pf sind eine nette und wegen der Seltenheit auch schwer zu dokumentierende Episode aus der Geschichte der sukzessiven Erweiterung des Berliner Rohrpostbezirks, bis dieser schließlich weitgehend deckungsgleich mit dem Ortszustellbezirk wurde.
 
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