Thema: Bund: Einzelfrankatur oder Mischfrankatur ab 01.07.2010 ?
Pommes Am: 13.03.2011 14:13:30 Gelesen: 42327# 38@  
@ gestu [#37]

Ich würde Deine letzte Frage mit ja beantworten, obwohl man hier verschiedener Auffassung sein kann. Der Michel hat sich seit Jahrzehnten an diesen alt hergebrachten Begriffen festgehalten und wird es wohl auch weiter tun, weil eine Umstellung wohl zeit- und kostenaufwändig wäre.

Wie ich Dir schon privat schrieb, müßte man den Begriff Briefmarke bzw. Postwertzeichen heute wohl neu definieren. Entweder man begreift sämtliche dieser "Wertzeichen" als Briefmarke oder lediglich die von der Bundesrepublik Deutschland (amtlich) ausgegebenen. So war zumindest die bisher geltende Definition in Philatelistenkreisen. Es wurde immer auf ein hoheitlich verausgabtes Wertzeichen abgestellt. Meines erachtens besitzt z. B. das SB-Einschreibe-Label diese Qualität nicht. Es wurde nicht amtlich verausgabt, hat keinen Erstausgabetag im engeren Sinne usw. Meines Erachtens ist es lediglich ein privates Erzeugnis der Deutschen Post AG. Wenn man so etwas fälscht, macht man sich auch nicht der Wertzeichenfälschung (§ 148 StGB) schuldig; es liegt "lediglich" eine Urkundenfälschung (§ 267 StGB) vor.

Wenn man nun die enge Definition bevorzugt, was ich tue, dann ist das Label keine Briefmarke und der Brief aus [#30] ist eine "Einzelfrankatur". Was den Wert dieses Briefes betrifft, muss man die eingeschriebene Form natürlich mit bewerten.

Was eine "Briefmarke" nun genau ist, ist ja an sich schon fraglich. Juristisch hätte ich da einen Ansatz, ob der aber auch für die Philatelie taugt?

Soweit ersichtlich hat sich der Bundesgerichtshof erstmals im Jahre 2005 Az.: XI ZR 395/04 mit dieser Frage beschäftigt.

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=c425d34b9e4dbe0d9299a2a99e7cd28b&nr=34423&pos=0&anz=1

In der Entscheidung stellt das Gericht fest, dass es unter Juristen verschiedene Auffassungen gibt. Die meines Erachtens richtige ist, dass es sich um ein Inhaberpapier im Sinne des § 807 BGB handelt. Danach sind Briefmarken Wertpapiere, die einen Anspruch auf Beförderung einer Postsendung zum im Nominal angegebenen Wert verkörpern.

Die Verpflichtung zur Erbringung der Beförderung der Postsendung ist völlig losgelöst, welche Beförderungart benutzt wird. Man muss nur im Besitz der Marke sein und diese entsprechend des jeweiligen Beförderungsentgeltes verkleben. Die Post erbringt dann mit schuldbefreiender Wirkung die entsprechende Beförderungsleistung. Es wird nicht geprüft, ob der jeweilige Inhaber auch der Berechtigte ist. Das heißt, woher und zu welchem Preis ich die Marke bekommen habe, ist egal.

SB-Einschreibe-Labels dagegen scheinen mir eher zu einer ganz individuell bestimmbaren Postsendung zu gehören. Hier wird für eine ganz spezielle Dienstleistung gegen Entgelt eine Versendung angeboten, die einen höheren Beweiswert als andere Versendungsformen hat, besonders behandelt wird und versichert ist etc. Das Label ist also zum einen für die postalische Beförderung und die Behandlung der Sendung im Postlauf selbst bestimmt, die Quittung, die man erhält beweist zudem, dass die Sendung aufgegeben wurde und dass Versicherungsschutz für den Inhalt der Sendung in bestimmter Höhe besteht.

Im Unterschied zu früher handelt es sich aber um eine private Dienstleistung, während zu Zeiten der staatlichen Post eine hoheitliche Sonderbeziehung entstand.

Im eigentlichen Sinne handelt es sich hier also auch um "Privatpost".

Das Landgericht Heidelberg hat das für Freistempel der Deutschen Post AG in einem Urteil vom 19.07.2004 (mein 30. Geburtstag ;-) ) Az.: 1 KLs 31 Js 10514/04 so beschrieben:

Unabhängig hiervon stellt sich das gesamte System der Postbeförderung in Deutschland einschließlich des Vertriebs von Postwertzeichen sowie der Übertragung von Freistemplern nach der Postreform nicht mehr als hoheitliche, sondern als privatrechtliche Tätigkeit dar." Es verurteilte die Angeklagten daher auch wegen Betruges und Urkundenfälschung, nicht jedoch wegen Wertzeichenfälschung. Es führt aus: "Amtliche Wertzeichen im Sinne von § 148 StGB sind vom Staat, einer Gebietskörperschaft, oder einer sonstigen Körperschaft oder Anstalt öffentlichen Rechts ausgegebene Marken oder Zeichen, die Zahlungen gleicher Art vereinfachen oder sicherstellen und nachweisen sollen. Unter Beachtung dieser Grundsätze ließen sich Briefmarken und Freistempel schon deshalb aus dem Anwendungsbereich des § 148 StGB ausscheiden, weil es sich bei der Deutschen Post AG seit der Neuordnung des Post- und Telekommunikationswesens um ein privatwirtschaftliches Unternehmen handelt.

Mit den besten Sammlergrüßen
THOMAS
 
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