Thema: Moderne Postgeschichte: Deutsche Post AG "Einkauf Aktuell"
Stefan Am: 29.03.2011 19:01:58 Gelesen: 32887# 2@  
@ DL8AAM [#1]

Mit diesem Thema rennst du bei mir eine besondere Tür ein, auch wenn ich diese Blätter nicht sammle sondern seit Jahren lediglich zur Kenntnis nehme. *g*

Aber der an moderner Postgeschichte interessierte Philatelist betrachtet seinen Posteingang mit ganz anderen Augen, als der Rest der Welt, inklusive wohl auch 90% der sonstigen Philatelisten. ;-)

Moderne Postgeschichte ja, wenn auch hier im Ruhrgebiet durch "Einkauf Aktuell" etwas anders gestrickt als bundesweit in anderen Ballungsräumen. Doch alles der Reihe nach. ;-)

Die Mehrheit (alle?) Philaseiten-Mitglieder aus dem Ruhrgebiet dürften dieses Werbeblättchen seit mehreren Jahren kennen, welches 1x pro Woche (i.d.R. samstags) im Briefkasten bzw. im Hausflur landet. Grundsätzlich könnte man sagen, dass der Postbote seine Briefzustelltour an dem Tag an der eigenen Wohnung/ Haus durchgeführt hat, sobald man "Einkauf Aktuell" als Empfänger vorfindet. Wenn man in bestimmten Städten des Ruhrgebietes (Bsp. Essen und Mülheim) die Augen offen hält, wird man feststellen, dass nicht der Postbote seit 3 Jahren "Einkauf Aktuell" verteilt sondern Leute in Privatkleidung mit einem Wägelchen unterwegs sind, ähnlich dem für Prospekte und regionale Anzeigenblätter.

Es sollte erwähnt werden, dass dieses Werbeblatt der Deutschen Post AG zumindest bis vor wenigen Jahren auf großes Unverständnis und Verärgerung bei den regionalen Zeitungsverlagen stieß, die auch mit Anzeige- bzw. Werbeblättern einen guten Teil ihres Umsatzes und Gewinns machen. Eine Tageszeitung finanziert sich nicht ausschließlich durch deren Verkauf im Abonnement oder am Kiosk. Ohne Werbung und Anzeigen geht nichts (mehr) in der Branche, so dass die DPAG in diesem Geschäftszweig zunehmend als Konkurrent zu den Verlagen auftrat.

Die Lage spitzte sich meinem Eindruck nach vor allem im Jahr 2007 zu - in dem Jahr, in dem viele Tageszeitungsverlage Partner bzw. Gesellschafter der seinerzeit aufstrebenden PIN Group wurden und eigene, regional tätige Briefdienstleister als Niederlassung(en) in den neuen Konkurrenten der Deutschen Post AG einbrachten. Es erschienen Artikel über "Einkauf Aktuell" in Tageszeitungen bzw. der Onlineausgabe von Verlagen bzw. Verbänden (nachfolgend Beispiele):

http://www.derwesten.de/nrz/wirtschaft/Prospektflut-der-Post-sorgt-fuer-Aerger-id2039564.html

http://www.wvo.de/aktuell/hl-sonntagsjournal-holt-real-zurueck-von-einkauf-aktuell_39.html

http://www.derwesten.de/nachrichten/im-westen/Samstags-kommt-die-Post-in-Plastik-id2048263.html

http://www.bvda.de/index.php?id=124&doc=850&jahr=2007

Mitte Dezember 2007 hieß es noch in der Fachpresse, dass man im Ruhrgebiet "Einkauf Aktuell" angreifen wolle:

http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=fl&dig=2007/12/17/a0127&cHash=4225ef507e/

Bereits 2 Monate später, Ende Februar 2008 folgte dann Kehrtwende im Ruhrgebiet. Die PIN Group und damit die eigene bundesweit agierende Briefzustellung waren dabei auseinander zu brechen, nachdem sich der Hauptaktionär, der Axel-Springer-Verlag Ende Dezember 2007 aus der Briefdienstsparte zurückgezogen hatte. Mehrere Dutzend Niederlassungen von PIN Mail (= operativ tätige Tochtergesellschaften der PIN Group) befanden sich zusammen mit dem Mutterkonzern selbst in der Insolvenz. Die ersten Schließungen und damit Entlassungen von Arbeitnehmern in größerem Ausmaß folgten einige Tage später. Die WAZ Mediengruppe mit Hauptsitz in Essen, gleichzeitig Minderheitsaktionär der PIN Group, schloss laut nachfolgender Pressemeldung Ende Februar 2008 mit der DAPG eine Vereinbarung über ein zunächst auf 2 Monate befristetes und bis dahin bundesweit einmaliges Pilotprojekt, welches die Zustellung von "Einkauf Aktuell" und Postwurfsendungen durch Mitarbeiter der WAZ Mediengruppe beinhaltete:

http://www.dnvnews.de/services/detail.php?rubric=Logistik+%26+Technik&nr=20327

Wenn man darauf achtet, wird man seither feststellen, dass z.B. in Essen "Einkauf Aktuell" samstags normalerweise zu einem anderen Zeitpunkt als die Tagespost (DPAG) im Briefkasten landet. Zu "Einkauf Aktuell" liegt eher zusätzlich ein weiteres Anzeigenblatt dabei, welches zusammen mit "Einkauf Aktuell" der Deutschen Post ausgetragen wird. Durch dieses Anzeigenblatt (diverse orts- oder stadtteilbezogene "Stadtspiegel"- und "Anzeiger"-Ausgaben) offenbart sich die WAZ Mediengruppe, zuständig für die Verteilung von "Einkauf Aktuell". Am Rande bemerkt, kooperiert die WAZ Mediengruppe nicht nur im Bereich "Einkauf Aktuell" mit der DPAG: Seit Anfang 2010 hat die Posttochter First Mail aus Düsseldorf die Briefzustellung des Postkonkurrenten und WAZ-Tochter "WAZ Post Service" (bis April 2008 unter dem Namen PIN Mail Essen fírmierend) im Ruhrgebiet übernommen.

Nach Angabe in der Produnktbroschüre [2] erreicht die Ausgabe "Kassel/Göttingen" wöchentlich bis zu 460.000 Haushalte. Mal schauen, wie viele "Belege" in 100 Jahren noch davon in Sammlerhänden erhalten geblieben sind. ;-)

Ich nehme einfach mal an, dass 99,999999 % aller "Einkauf Aktuell"-Ausgaben früher oder später im Papierkorb landen und die im Sammlerbesitz befindlichen Exemplare quasi an einer Hand abzuzählen sind. *g*

Hierzu eine kleine Frage, an die Spezialisten, in welcher Form werden/sollten diese Belege gesammelt werden. Gesamte Hefte mit sämtlichen Beilagen ja wohl eher weniger, oder? Hier sollten abgetrennte Deckblätter - mit dem "Frankiervermerk" (?) und Zustellhinweisen - doch ausreichen? Man will ja nicht gleich in die Ecke von Messies gestellt werden, die ihre Wohnungen bekanntlich auch mit alten Zeitungen zumüllen? ;-))

Bei einzelnen Belegexemplaren kann man diese gern vollständig aufheben - inklusive original verschlossener Folie und beigelegter Werbung. ;-)

Wenn du allerdings vorhast, regelmäßig dieses Werbeblatt zu sammeln, dürfte die Vorder- und Rückseite des Heftchens selbst ausreichen = 2 Seiten Papier im A4-Format pro Ausgabe. Bei einem Sammlerkollegen sah ich ausgeschnittene Teile dieser 2 Seiten als Belegexemplar.

Wenn du sehr ins Details gehen möchtest, schaue dir bei Gelegenheit einmal die Werbung von "Einkauf Aktuell"-Ausgaben der gleichen Kalenderwoche aus verschiedenen Stadtteilen von Göttingen an. Eventuell variiert die eingelegte Werbung. "Einkauf Aktuell" aus Essen und Duisburg müssen in punkto Werbung nicht zwingend inhaltlich gleich sein, abhängig z.B. vom werbenden Supermarkt und dessen Verbreitung in den Erscheinungsorten von "Einkauf Aktuell".

Gruß
Pete
 
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