Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 27.05.2011 20:03:24 Gelesen: 1332180# 655@  
Bahnpost im Ortsverkehr als Ersatz für fehlende Rohrpost von und nach Berlin-Spandau

Bekanntermaßen wurden die Rohrpostverbindungen mit Berlin-Spandau erst nach dem 2. Weltkrieg errichtet. Wer früher schnelle Post nach Berlin oder nach Spandau zu senden hatte, mußte die Möglichkeit der Eilzustellung nutzen. Dies garantierte auch damals schon eine vergleichsweise beschleunigte Beförderung der Sendungen zwischen Berlin und Spandau oder nach Berlin-Spandau (ab 1920), aber war eben kostspielig und nicht so schnell wie die Rohrpost. Was tun, wenn man in rohrpostloser Zeit preiswert schnelle Post von Berlin-Spandau nach, sagen wir Berlin-Charlottenburg zu befördern hatte?

Ein Beispiel: Am 11. April 1939 hatte Familie Westphal aus Berlin-Spandau, wohnhaft An der Kappe 74c, traurige Nachrichten oder, was noch wahrscheinlicher ist, ein Kondolenzschreiben an Frau Adam und ihre Kinder in der Charlottenburger Sophie-Charlottestraße 78 zu übermitteln. Es galt wohl das Dahinscheiden von Herrn Adam zu beklagen. Da man nicht in allzugroßer Entfernung vom Spandauer Hauptbahnhof wohnte und der Weg zur Spandauer Hauptpost in der Breiten Straße etwa gleichweit wie der zum Bahnhof war, wurde die Trauerpost einfach in den Spandauer Bahnhofsbriefkasten geworfen:



Da zudem die Bahnhöfe Berlin-Spandau Hauptbahnhof und Spandau-West die wichtigsten Infrastrukturverbindungen für die Spandauer waren, dürfte der Bahnhofsbriefkasten eine willkommene Einrichtung für schnellen Posttransport gewesen sein. Immer wenn ein Zug der Strecke Hamburg-Berlin mit Postkurs durchkam, wurde die per Bahnhofsbriefkasten aufgelieferte Post dem Postwagen übergeben, dort umgearbeitet und am nächsten Bahnhof, d.h. gegebenenfalls auch in Berlin-Charlottenburg wieder dem dortigen Postarbeiter übergeben. So gelang es der Familie Westphal, ihre schlechten Nachrichten für nur 8 Rpf und per Bahnhofsbriefkasten innerhalb weniger Stunden von Spandau nach Charlottenburg befördern zu lassen. Recht hatten sie: es gab ja keine Rohrpost zwischen Spandau und, wie die Spandauer sagten, Berlin bei Spandau. Alles sieht also nach ermäßigtem Ortsverkehr aus, der per Bahnpost abgewickelt wurde.
 
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