Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 04.06.2011 08:29:20 Gelesen: 1329888# 656@  
Rohrpost-Zusatzfrankaturen in den USA

Obgleich in den USA geradezu massenhaft Rohrposteinrichtungen existierten, sind die Belege mehr als rar. Jeder neue Belege wirft mehr Fragen auf als er Erkenntnis bringt, wie der folgende:

Gerade ging bei ebay eine Auktion mit einer seltenen privaten Rohrpost-Marke als Zusatzfrankatur für die American Pneumatic Service zuende:



Gemäß Angaben auf der Marke konnte diese auf eine Päckchenadresse geklebt werden, was dann zur Folge hatte, daß sich die wahrscheinlich nur in New York operierende Firma American Pneumatic Service mit der pneumatischen Beförderung des Päckchen befaßte.



Dazu ist zu sagen: in den USA wurden schon Ende des 19. Jahrhunderts öffentliche Aufgaben, die in Europa als hoheitliche Aufgaben des Staates verstanden wurden, von Privatfirmen abgewickelt, denen besonders günstige Konditionen zugestanden wurden. (Das ist dort heute nicht anders und hat wohl den ökonomischen Neoliberalismus ins Leben gerufen). Die Firma benannte sich später in New York Mail & Newspaper Transportation Company um, was darauf hindeutet, daß sie ihre Aktivitäten auf New York beschränkte, wo 56 Meilen Rohrpostleitungen bedient wurden. Diese wurden auch von den Telegraphengesellschaften genutzt.

Daß in den USA auch Päckchen per Rohrpost transportiert wurden, hat damit zu tun, daß die Rohrposten dort in der Regel gleich als große unterirdische Anlagen gebaut wurden, mit denen zunächst sogar Menschen transportiert werden konnten. Die Grenze zwischen Rohrpost und U-Bahn war hier in den Anfängen niemals ganz klar. Später reduzierte sich das auf Päckchen- und Brieftransport. Nachfolgend eine Station der Rohrpost von Boston.



Auf der nachfolgenden hundsmiserabel schlechten Karte kann man erahnen, wie beispielsweise die Rohrpost in New York auf der westlichen und der östlichen Seite der Halbinsel verlief.



Stündlich wurden auf beiden Seiten New Yorks 200.000 Briefe per Rohrpost befördert. Gewöhnliche Sendungen erreichten das Zustellpostamt nach drei Stunden, Eilsendungen nach einer Stunde.

Üblicherweise kann man angesichts der Tatsache, daß praktisch alle Post, wo vorhanden, per Rohrpost transportiert wurde, keine Beförderungsmerkmale erkennen. US-amerikanische Rohrpost ist meistens sogenannte 'stille Rohrpost.' Nur in den seltensten Fällen kommen Abschläge postalischer Stempel vor, die auf den Transport per Rohrpost hinweisen, wie hier die Weiterleitung einer Postsendung von Chicago aus. Es handelt sich um eine Postkarte aus Baton Rouge nach Chicaco, dort am 8. Oktober 1910 durch die Western Tube in Chicago wegen Nachsendung nach Charlotte in North Carolina zum Abgangspostamt befördert. Der entsprechende Stempel aus Chicago dokumentiert diese Behandlung der Sendung:



Wie wir sehen ist es der Ausnahmefall, wie hier die Weiterleitung, die zum Abdruck von Rohrpoststempeln auf einer Sendung führen kann. Noch seltener dürfte es geschehen sein, daß eine Sendung erst in der Rohrpoststation gestempelt wurde, wie die nachfolgende Postkarte aus Chicago nach Arizona:



Und jetzt warten wir auf eine amerikanische Päckchenadresse mit der privaten Rohrpostmarke und es stellt sich die Frage: Welche Firma hat Marken für die Zusatzfrankatur der Rohrpostbeförderung herausgegeben, welche Sorten gibt es etc. etc. Es wird wohl noch lange dauern, bis wir auch hier Licht am Ende der Röhre erblicken.
 
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