Thema: Rohrpostbelege
cartaphilos Am: 02.09.2011 22:57:22 Gelesen: 1313189# 683@  
Rohrpoststempel "Berlin-Pankow 110"

Weitgehend unbekannt wie die Ost-Berliner Rohrpost in den späten 1960er und 1970er Jahren sind auch ihre Stempel. Wie es so aussieht, gab es in Ost-Berlin einen einzigen Stempel mit dreistelliger PLZ im oberen Stempelsegment und Minutenangabe. Er stammt aus Berlin-Pankow, trägt den Unterscheidungsbuchstaben L und war etwa zwischen 1968 und 1984 im Einsatz.

Der Stempel lag bisher abgeschlagen auf einem Rückschein einer Eilbotensendung per Einschreiben vor, die am 28.9.1984 in 1084 Berlin aufgegeben wurde:




Der Rückschein ist auf der Vorderseite am 3.10.1984, um 13 oder 18 Uhr gestempelt, auf der Rückseite finden wir den Rohrpoststempel von 110 Berlin-Pankow, abgeschlagen am 4. Oktober 1984 um 13.10 Uhr:



Es handelt sich zwar bei dem zugehörigen Brief, der nicht erhalen ist, um eine Eilbotensendung. Jedoch der Rückschein, da er nicht als Eilbotensendung vorausfrankiert ist, ist jedoch keine Eilbotensendung - was ja den Einsatz der Rohrpost erklären würde - und erst recht keine Rohrpostsendung. So kann hier nicht entschieden werden, ob der Stempel im Jahre 1984 überhaupt noch rohrpostmäßig zum Einsatz kam.

Einen Hinweis auf seine Verwendung bei der Rohrpost gibt uns jedoch ein aus Ludwigsburg nach Berlin-Pankow gerichteter und auch entsprechend vorausfrankieter Fernbrief mit Vorausverfügung "per Rohrpost" [in Ostberlin] vom 28.12.1969:



Es war der Jahreswechsel 1969/70, was erklärt, daß der Brief erst am 4.1.1970 in Berlin zugestellt wurde. Er zeigt auf der Rückseite erfreulicherweise unseren Rohrpost-Minutenstempel von Berlin-Pankow 110, was ja - der Post und den interessierten Sammlern - in der Regel recht selten bei für Rohrpost vorausfrankierten Briefen gelungen ist:



Im Jahre 1970 also war dieser Stempel also ganz zweifelsfrei bei der Rohrpost im Einsatz.

Es kommt jetzt etwas früher ein Telegramm aus Frankfurt/Main nach Berlin-Pankow vom 27.11.1969 hinzu, das gleichfalls diesen Stempel aufweist:



Nach Ausfertigung des Telegramms beim Haupttelegraphenamt "Groß-Berlin" wurde es mit der Beförderungsanweisung "Pk" vorderseitig beschriftet und der Rohrpost überanwortet, nicht ohne daß zuvor nicht der bekannte Rohrpost-Automatenstempel des HTA in Ost-Berlin rückseitig abgeschlagen wurde:



Dieser Stempel wird als Rohrpoststempel interpretiert, weil er, wie es alte Tradition bei der Gestaltung von Automatenstempeln ist, ein "R" im Stempelbild aufweist, das als "Rohrpost" gelesen werden müßte. In Pankow angelangt wurde dort von den Eilzustellern unser Minuten-Stempel vorderseitig rechts auf dem Telegramm abgeschlagen, so wie es seit den Anfängen der Berliner Rohrpost in der Rohrpostbetriebsordnung vorgesehen ist:



Kehren wir zurück zu dem Rückschein aus dem Jahre 1984. Was ist das Rohrpostmäßige an diesem Beleg? Der Einschreibebrief wurde ordnungsgemäß abgeliefert und der Rückschein kehrte von der Zustellung unterschrieben ins Amt zurück. Dort wurde er am 3.10.1984, 13 oder 18 Uhr vorderseitig mit einem gewöhnlichen - ungewöhnlich schwach abgeschlagenen [siehe die schon mächtig manipulierte Abbildung] - Stempel des PA Berlin-Pankow 110 versehen:



oder aber so:



und der Rohrpost zugeleitet, wo er am 4.10.1969 um 13.10 Uhr einen weiteren Stempelabdruck erhielt und dann dem zuständigen Postamt des Absenders zugeführt wurde. Es ist gerade dieser späte Abschlag vom 4. Oktober 1984 der nahelegt, daß dieser Rückschein tatsächlich noch im Jahre 1984 per Rohrpost befördert wurde, dieser Stempel also bei der Rohrpost im Einsatz war.
 
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